• Jetzt, wo die Temperaturen wieder gefallen sind, können Schlittenhunde in Deutschland wieder trainieren
  • Kerstin und Daniel Löschner wohnen mit ihrer Familie direkt am Waldrand in Burscheid – dazu gehören, neben zwei Kindern, sieben trainierte Schlittenhunde
  • Als Training geht es mit ca. 25 km/h vier Kilometer durch den Herbstwald

Leichter Wind lässt goldbraune Blätter über den Waldboden schweben. Sonnenstrahlen suchen sich ihren Weg durch hohe, knochige Bäume. Alles scheint für einen Moment still zu sein, dann ertönt eine deutliche Stimme: „Los!“. Auf den Befehl hin schießt der Trainingswagen nach vorne, drei Hunde voran. Pfoten donnern über den Erdboden. Fell wird vom Fahrtwind glatt gedrückt, Laub und Erde aufgewirbelt. Die Hunde scheinen gar nicht zu beschleunigen, haben mit dem ersten Sprung nach vorne ihre Geschwindigkeit erreicht. Sie hängen sich in ihr Geschirr und ziehen. „Links!“, ruft die Stimme und die Tiere gehorchen und rennen um eine Kurve, der Wagen gleitet hinterher.

Kerstin und Daniel Löschner wohnen mit sieben Hunden und zwei Kleinkindern in Burscheid, direkt am Waldrand.  Das junge Ehepaar hat sich vor 13 Jahren die ersten Hunde angeschafft und den Schlittenhunde-Sport für sich entdeckt. Eine andere Rasse als Siberian Huskys käme nie infrage. „Wenn man schon so einen Sport macht, dann richtig“, meint Daniel Löschner.  Die Motivation zum Sport liege nicht im Wettkampf, sondern im Erlebnis. „Die Hunde gehören zur Familie und wir geben sie nicht ab“, sagt Kerstin Löschner, bevor sie eine Tür öffnet. Ihr Ehemann stimmt ihr zu: „Bei uns kommen und bleiben sie bis zum Tod.“


Von links: Jack, Daniel Löschner, Spike, Ashanti, Kerstin Löschner, Chayenne (Fotos: privat)

Unterkunft für sieben Huskys

Durch die Tür geht es für die beiden in den Garten hinterm Haus. Sobald die Hunde sie erblicken, springen sie auf und laufen hin und her. Einige öffnen das Maul und bellen oder jaulen laut. Mischungen aus weißem, schwarzem und braunem Fell heben sich von der grünen Wiese ab. Matschverschmierte Pfoten hinterlassen braune Abdrücke auf Daniels Jacke, als ein junger Hund ihn anspringt. Bevor er reagieren kann, hat der Husky ihm schon durchs Gesicht geleckt. Tische, Stühle und Bänke verteilen sich durch den ganzen Garten, die Hunde liegen gerne erhöht. So hat man einen besseren Überblick über das Rudel.
Die jungen Hunde, Jack, Spike, Alf und Aron, sind sich in der Rangordnung noch nicht einig. Aber die 2008 geborene Ashanti ist die von allen akzeptierte Leithündin. Von den Älteren ist sie die einzige, die noch als Zughund läuft. Chayenne (11) und Navacho (12) genießen bereits ihren Ruhestand. Das Rudel beschäftigt sie sich viel alleine, dennoch braucht es zur Auslastung regelmäßiges Training. Sieben Hunde und zwei Kinder kosten das Ehepaar Zeit und Arbeit. „Man muss ein bisschen verrückt sein“, lacht Kerstin.

Voraussetzungen für das Training

Das Smartphone zeigt  14 Grad Celsius Außentemperatur. Die wetterbedingte Voraussetzung für das Training ist erfüllt, denn wärmer als 15°C darf es nicht sein. „Die Hunde können überhitzen, dann laufen sie nie wieder“, erklärt Kerstin. Sie steht jetzt auf der Straße vor dem Haus, während Daniel ein großes Auto startet. Sobald der Motor ertönt, schallt Gebelle und Gejaule durch die ganze Straße. „Sie wollen einfach los“, meint Kerstin, „Sie haben das im Blut.“ Die Hunde, die gerade nicht trainieren, kommen in Transportboxen im Auto, damit sie Ruhe geben.

Ein Husky und ein E-Bike

Ashanti darf als Erste ihrer Kraft freien Lauf lassen. Das „Stake-Out“, zwei Pflöcke im Boden die mit einem Seil verbunden sind, hilft beim Einspannen. Die Leithündin ist daran festgebunden und so kann Kerstin ihr ein Geschirr überziehen. Ashanti ist unruhig, sie zappelt und bellt immer wieder. Als letztendlich alles vorbereitet ist, sitzt Kerstin auf einem E-Bike. Durch eine Leine, die sie an ihrem Bauch befestigt hat, ist sie mit Ashanti verbunden. Die Hündin hängt sich in ihr Geschirr. Ihre Hinterbeine sind geknickt, ihr Körper nahe am Boden. Sobald sie den Befehl hört, stößt sie sich ab und zieht Kerstin auf dem Fahrrad hinter sich her. Innerhalb von wenigen Sekunden ist das kleine Gespann aus Daniels Sichtfeld verschwunden. Er lehnt sich an das Auto mit den jungen Hunden. Als ein leises Winseln ertönt, klopft er beruhigend gegen die Boxenwand.


Leithündin Ashanti am „Stake-Out“


Daniel hilft Kerstin bei den letzten Vorbereitungen. Rechts daneben der Trainingswagen.

Schlittenfahren ohne Schnee?

Als Kerstin zurück ist, ist das junge Vierergespann dran. Jack, Spike und Aron springen am Stake-Out nicht weniger herum als Ashanti und wedeln kräftig mit der Rute. Nur Alf schaut mit aufgerissenen Augen hin und her. Der Einjährige jault und rennt unruhig im Kreis, kneift den Schwanz ein. Deshalb setzt er heute aus. Es habe keinen Sinn, den Hund zum Laufen zu zwingen, erklärt Daniel. Die jungen Hunde seien noch in der Lernphase und wenn sie sich mal unsicher seien, dann ginge es eben nicht.

Schnee ist jedoch weit und breit nicht zu sehen. Den Schlitten ersetzt ein Trainingswagen: ähnlich aufgebaut wie ein Schlitten, Kufen sind durch Rollen ersetzt. Damit kein Hund den Wagen davonzieht, bevor es losgeht, ist er mit einem Sicherheitsseil an einem Schild festgemacht, das den Waldrand markiert.  Alfs Unsicherheit beeinflusst die Anderen nicht. Sobald die Huskys vor den Trainingswagen gespannt sind, wollen sie rennen. Daniel stellt sich hinten auf den Wagen, er übernimmt die Rolle des „Musher“. Das heißt, er steuert die Hunde mit seiner bloßen Stimme. Kerstin setzt sich als Beifahrerin vor ihn. Daniel löst das Sicherheitsseil und ruft laut: „Los!“.
Die Trainingsstrecke geht vier Kilometer durch den Burscheider Wald. Aron, Jack und Spike erreichen dabei durchschnittlich eine Geschwindigkeit von 25 km/h. Vor Kurven bremst Daniel mit einer Fußbremse ab. „Oh!“, macht eine Frau, als sie den Trainingswagen am Ende des Weges erkennt. Sie macht Platz und schaut dem Gespann vom Wegrand aus zu. Die Huskys lassen sich nicht beirren. Sie rennen weiter, den Blick stets geradeaus.

Wettkämpfe in der Umgebung

Als Nächstes steht für die Löschners ein Rennen in Bermuthshain an. Kerstin und Daniel gehören dort zu etwa 50 Startern, die mit Roller, Fahrrad oder Wagen an dem Rennen teilnehmen. Im  Januar geht es in den Schnee nach Tschechien. Im hohen Norden waren Daniel und Kerstin noch nie. Aber sie wollen, wenn die Kinder älter sind, mit der ganzen Familie nach Schweden.

Für heute ist das Training beendet. Jack, Spike und Aron hecheln, während ihre Brustkörbe sich schnell heben und senken. Kerstin und Daniel versorgen die Hunde. Haare sind zerzaust, Wangen leuchten rot, Gesichter glänzen im Sonnenlicht. Auf beiden zeichnet sich ein Lächeln ab.


Daniel mit seinen Hunden im Schnee. (Foto: privat)