Dirk Oberschulte-Beckmann ist seit 1994 Stadionsprecher beim FC Schalke 04 und mittlerweile für seine witzigen Sprüche bundesweit bekannt. Im Interview erzählt er von seinem Spitznamen, Kuriosem aus dem Alltag und Momenten, in denen er zu weit gegangen ist.

 

Dirk, als Stadionsprecher von Schalke 04 gibst du vor über 60000 Zuschauern deine mittlerweile kultigen Sprüche zum Besten. Kommen die spontan oder denkst du vorher nach, was du sagen willst?
Gleichzeitig zu denken und zu sprechen ist einerseits eine Stärke, andererseits auch eine Schwäche von mir. Das kann ganz nett sein, aber auch danebengehen. Meine Sprüche kommen schon spontan. Zum Beispiel habe ich zuletzt etwas über einen Autofahrer, dessen Wagen während des Spiels lief, gesagt („Hömma Kollege, ich weiß nicht, wat mit Dir los ist…“, Anm. d. A.). Was wäre gewesen, wenn das ein medizinischer Notfall wäre und auf der Beifahrerseite beispielsweise eine hochschwangere Frau gesessen hätte? Die Situation ist aber für mich glattgegangen, da hatte ich schon etwas Glück.

 

Weiß man mittlerweile, wem das Auto gehörte?
Ja, es war ein VIP-Gast, Chef einer Gelsenkirchener IT-Firma. Ich lerne heute noch Mitarbeiter aus dieser Firma kennen, die mir auf die Schulter klopfen und sagen, dass das einer meiner besten Sprüche überhaupt war. Es ist innerhalb der IT-Firma nett aufgenommen worden und auch der Chef trägt es mit Humor.

 

Du bist unter dem Spitznamen „Quatscher“ bekannt. Wie kam das?
Ich habe einfach einen komplizierten Namen. In meinem Ausweis steht „Oberschulte genannt Beckmann“. So hieß schon mein Opa, daran kann ich nichts ändern. (lacht) Deswegen habe ich selbst etwas Einfaches gesucht, man soll sich ja auch selbst nicht immer so ernst nehmen. Da passt der Name Quatscherganz gut.

 

In seinem Büro ist alles blau-weiß: Oberschulte-Beckmann ist eben ein waschechter Schalker.
Foto: Tizian Canizales

 

Oberschulte-Beckmann bekommt Gegenwind und zieht Konsequenzen

 

Du hast mal ein spätes Schalker Tor den Fans gewidmet, die zu diesem Zeitpunkt schon das Stadion verlassen hatten. Was war da genau passiert?
Viele Leute nervt es, dass speziell in der Mitte der Gegengerade einige früher nach Hause fahren. Die hat man natürlich auch schnell auf dem Kieker. Vor ein paar Jahren gab es dann mal ein Tor, dass wirklich 10000 Besucher weniger gesehen haben als zu Beginn des Spiels. Dieses Tor habe ich dann den Leuten auf dem Parkplatz gewidmet. Die Fans im Stadion fanden das klasse, aber diejenigen, die ich damit angesprochen habe, fanden es nicht so lustig.

 

Hatte dieser Spruch für dich Konsequenzen?
Es gab ein paar erboste Zuschriften. Da hieß es, es geht den Quatscher einen Scheißdreck an, wann wir aus dem Stadion gehen. Und das stimmt ja auch. Jeder kann natürlich kommen und gehen, wann er will. Eine ähnliche Bemerkung habe ich neulich beim Heimspiel gegen Bremen gemacht (20. Oktober 2018, Anm. d. A.). Vor dem Spiel begrüße ich immer die einzelnen Tribünen, also „Hallo Südkurve“ oder „Hallo Gegengerade“.  Der Gegengeraden habe ich gesagt, dass sie bitte nicht wieder früher gehen soll und an ihre Unterstützung bis zum Schluss appelliert. Das war eine bessere Formulierung, als ich sie vor ein paar Jahren genutzt habe – ich wollte ja niemanden anklagen. Deshalb gab es  überhaupt keine Probleme, sondern viel Applaus vom Rest des Stadions.

 

Kann man also sagen, dass du deine Lehren aus der Sache gezogen hast?
Die Beschwerden haben damals zwar keine hohen Wellen geschlagen, aber natürlich hat mir die Sache schon zu denken gegeben. Im Nachhinein muss ich den Leuten recht geben: Ich habe da unüberlegt formuliert und im Nachhinein daraus meine Konsequenzen für die Moderation gezogen.

 

Mittlerweile sogar im Fokus der Medien

 

Wirst du wegen deiner Sprüche auch im Alltag angesprochen?
Ja, durchaus. Die meisten Leute finden die Sprüche gut, weil ich sie eben nicht plane. Wir hatten mal ein Tor von Raúl, über das ich gesagt habe: „Das tue ich meinen Enkeln erzählen.“ Das war natürlich in Anlehnung an den Spruch „Dat erzähl ich meine Enkel“. Wenn mich dann Leute getroffen haben, hieß es häufig: „Ah, der Quatscher. Das tue ich auch meinen Enkeln erzählen.“ (lacht)

Die Medien haben meine Sprüche inzwischen schon aufgenommen, sodass ich jetzt eher aufpassen muss, was ich sage. Ich weiß, mittlerweile hört jeder genau hin  und erwartet etwas Besonderes, wenn ich während des Spiels eine Durchsage mache. Das ist natürlich eine falsche Erwartungshaltung, denn es gibt auch Durchsagen, die unbedingt sachlich gehalten werden müssen: Gerade, wenn es um das Thema Sicherheit geht, gibt es keinen Schmackes oder eine humoristische Ader. Darauf achte ich natürlich verstärkt. Vielleicht haue ich beim nächsten Spiel einen lockeren Spruch raus, vielleicht auch nicht – es ist nicht planbar.

Suchst du also einen gesunden Mittelweg?
Nein, es ist eigentlich so, wie es ist. Ich mache viel nach Gefühl, denke und spreche gleichzeitig. Das kommt dann dabei heraus.