Aniela Maria Pacioianu kommt aus Rumänien. Seit einem Jahr lebt sie als Austauschstudentin in
Deutschland. Zeit sie mal nach ihrer Herkunft und ihr Leben hier zu befragen.

Aniela, du kommst aus Rumänien und bist jetzt seit über einem Jahr in Deutschland. Was
unterscheidet die rumänische von der deutschen Kultur?

Rumänen sind sehr spontane Menschen. Sie treffen Entscheidungen sofort, oft auch aus dem Bauch heraus. Sie haben keinen festen Tagesplan, wenn sie nicht arbeiten und schauen was der Tag so bringt. Sie strotzen nur so vor Kreativität und Ideen. Dies spiegelt sich in ihren Charakteren wieder und ist eine typische Eigenschaft für Rumänen. Sie sind eher Herzmenschen, also sentimental, und leben im Hier und Jetzt, sowie etwas durcheinander, aber auf liebenswerte Art. Sie gestalten ihren Tag nach Lust und Laune. Deutsche planen eher, sind besser organisiert und verfolgen bestimmte Ziele. Deutsche sind eher die Hirnmenschen, Planer und Denker. Sie haben einen geregelten Tagesablauf und folgen einer bestimmten Struktur. Sie sind mehr zukunftsorientiert.

Ist das Leben für dich hier generell anders als in deiner Heimat?

Nein, eigentlich nicht. Das rumänische Unileben kann man mit dem deutschen hier gleichsetzen. Sowohl rumänische, als auch deutsche Studenten sind extrem zielstrebig und auch das Wettbewerbsdenken ist gleich. Das alltägliche Leben ist auch nichts Neues für mich. Ich habe schon in Rumänien alleine gelebt. Das ist also keine große Umstellung für mich. Das Leben in Rumänien ist sehr von der lateinischen Kultur geprägt. Dort ist alles sehr lebhaft, hier kann es auch mal was ruhiger sein. Aber gerade das mag ich hier in Deutschland. Mein Lebensmotto ist: „Lebe den Moment“. Man sollte jede Möglichkeit oder Chance die sich einem auftut nutzen und das Beste daraus machen. Egal wo man gerade lebt. Ich bin sehr unabhängig in Deutschland, habe immer mein Ziel vor Augen und treffe meine eigenen Entscheidungen. Ich selbst muss wissen, was das Beste für mich ist.

Woher kommst du genau aus Rumänien und wie kann man sich das alltägliche Leben dort
vorstellen?

Ich komme aus der kleinen Stadt Pitești, nur 1 Autostunde von der Hauptstadt Bukarest entfernt. Es ist eine sehr schöne Stadt, allerdings auch etwas ruhiger als die meisten Großstädte. Es leben dort sehr viele produktive Leute (viele Studenten) und es finden auch oft Stadtfeste statt(z.B. das Blumenfestival). Für mein Studium bin ich nach Bukarest gezogen. Unsere Hauptstadt ist eine Kultur- und Touristenstadt, die niemals schläft. Es ist immer sehr voll, es herrscht ein buntes Treiben auf den Straßen. Ich selbst lebe lieber in einer Großstadt, wo immer etwas los ist, unter vielen verschiedenen Menschen, wo man mehr auffällt und ich zeigen kann, was in mir steckt.

Meinst du es wäre für einen deutschen oder anderen Austauschstudenten ein großer Kulturschock in Rumänien zu leben?

Nein, ich denke nicht dass man einen Kulturschock erleben würde. Eher im Gegenteil. Viele ausländische Reisende oder Studenten, die vorher noch nie in Rumänien waren, sind eher überrascht, wenn sie das erste Mal in Bukarest sind. Die Universitäten hier sind top, gerade gute Leistungen werden hier sehr hoch angerechnet. Ich selbst habe mir mein Studium in Bukarest nur durch ein Stipendium finanziert und musste aufgrund meiner guten Leistungen nie selbst etwas bezahlen. In Bukarest treffen viele Kulturen auseinander, Menschen aus der ganzen Welt kommen hierher um gemeinsam zu studieren. Fast jeder spricht hier Englisch. Die Sprache ist also auch kein Problem. Das Leben ist ähnlich zu dem in Deutschland. Es gibt dort sehr viele Möglichkeiten sich zu entwickeln. Die Lebenskosten sind sehr gering genauso wie die günstigen Mietpreise. Die Bukarester sind sehr herzlich, freundlich, hilfsbereit und optimistisch. Sie haben unglaublich viel Energie und eine unglaubliche Lebensfreude. Hier fühlt sich jeder sofort gut aufgenommen und
Zuhause.

Welche Dinge sind für dich „typisch rumänisch?“

Gutes und leckeres Essen auf jeden Fall (lacht). Rumänen haben sehr große Familien. Generell hat das Wort „Familie“ hier einen sehr großen Stellenwert. Alle Rumänen zusammen fühlen sich als eine große Familie. Gerade der Glaube an Gott bringt alle immer wieder zusammen. Gemeinsame Kirchgänge, Beisammensitzen, singen und feiern zeichnen unsere Kultur aus. Rumänen sind generell sehr offen, haben viel Verständnis. Sie interessieren sich für andere Kulturen und obwohl sie ihren eigenen Standpunkt und Art
zu leben haben, akzeptieren sie es auch wenn jemand andere Ansichten hat. Rumänische Frauen kochen außerdem extrem gut und gerne.

Kannst du die rumänische Küche empfehlen? Welches Leibgericht muss man probiert haben? 

Unsere Küche ist richtig gut. Sie ist auf jeden Fall zu empfehlen. Wir haben einige leckere Leibgerichte, die man probiert haben muss. Sermale z.B. sind Weinblätterrolladen mit Hackfleisch. Das wird bei uns sehr gern und häufig gegessen. Sacuske ist ein leckerer Gemüseaufstrich aus Auberginen und Paprika. Sehr typischin allen rumänischen Restaurants ist Cascaval, in Deutschland bekannt als Schafskäse. Was noch sehr oft als Hauptspeise aufgetischt wird und sehr zu empfehlen ist : Ciorba de perisoare. Säuerliche Hackfleischklöschensuppe mit Gemüseeinlage. Sehr lecker!

Was vermisst du am meisten seit dem du in Deutschland lebst?

Da das Leben hier natürlich sehr ähnlich wie in Rumänien ist, vermisse ich kaum etwas. Was mir natürlich fehlt, ist die Zeit mit meiner Familie und den Menschen die mir sehr am Herzen liegen und denen ich sehr nahe stehe.

Welche Sehenswürdigkeiten muss man deiner Meinung nach in Rumänien gesehen haben?

Der Parliament Palast in Bukarest ist sehr pompös und ein Highlight der Hauptstadt. Den sollte jeder der hier ist einmal gesehen haben, egal ob Tourist oder Durchreisender. Außerdem sehr schön hier bei uns sind die Karpaten. Wir haben eine unglaublich schöne Landschaft hier. Die Panoramastraße Transalpina, die auch als „Straße des Königs“ bezeichnet wird, gibt einen unglaublichen Blick auf die Parang Berge frei durch die sie durchführt.

 

 

Wie sieht es mit Musik aus? Sind Rumänen sehr musikalisch? Was machen sie gerne in ihrer Freizeit?

Rumänen sind ein sehr artistisches Volk. Rumänen hören sehr traditionelle Musik, die immer eine Botschaft vermitteln möchte und sich mit dem Sinn des Lebens beschäftigt und was im Leben generell wichtig ist. Ein sehr häufig benutztes rumänisches Instrument ist die Nai, in Deutsch die Panflöte. Auch generelle Instrumente wie Gitarre und Klavier werden oft verwendet. Ansonsten treffen sich Rumänen in ihrer Freizeit gerne untereinander und verbinden die Zeit in großen Gruppen beim Essen und gemeinsamen Gesprächen.

Kannst du dir vorstellen in Deutschland zu bleiben oder ist es für dich unvorstellbar deine Heimat komplett zu verlassen?

Deutschland ist ein sehr schönes Land, allerdings weiß ich noch nicht wo es mich hin verschlagen wird, da ich mir überall auf der Welt vorstellen kann zu leben. Ich liebe die englische Sprache, deswegen könnte ich mir Amerika gut vorstellen. Allerdings höre ich darauf was mein Herz mir sagt und folge Gottes Plan. Mal sehen wo er mich hinführt. Ich würde vielleicht gerne Moderatorin werden. Die Karriere ist mir sehr wichtig, vor allem anderen. Meine Erfüllung im Leben finde ich in der Arbeit, also würde ich für diese auch überall hinziehen.

Danke Aniela für das äußerst interessante Interview!