Ein Krankenhaus ist kein Spa, niemand lässt sich gerne dorthin überweisen. Die Gründe für diesen Widerwillen sind sehr vielfältig, angefangen bei der Befürchtung, sich Krankenhauskeime aufzuhalsen, bis hin zur Angst vor Kunstfehlern. Aber sind die Bedenken berechtigt? Wir haben einen Insider gefragt. Die OP-Schwester möchte verständlicherweise anonym bleiben, weil sie hier auch einiges offenbart, was ihre Kollegen vielleicht nicht so gerne lesen.
Warum müssen Patienten häufig stundenlang in der Notaufnahme warten?
Wenn Patienten in der Notaufnahme ankommen werden sie erstens gefragt, was ihre Beschwerden sind, zweitens wie lange sie die schon haben, und drittens, wie groß ihre Schmerzen sind. Im Zweifel hilft ihnen bei der Einschätzung eine Krankenschwester. Diese Infos werden dann in ein Computersystem eingegeben und in Dringlichkeitskategorien sortiert. Lebensgefahr hat grundsätzlich Priorität, auch wenn andere Patienten schon drei Stunden mit umgeknicktem Fuß im Warteraum sitzen. Es hilft auch nicht mit dem Rettungswagen zu kommen oder lange zu meckern.
Tipp: Wer mithilft und sich gut vorbereitet, kann trotzdem schneller drankommen. Zunächst: Nur in die Notaufnahme kommen, wenn es ein Notfall ist und nicht, weil man nur Sonntag Zeit hat. Wenn man nicht gerade vor Schmerz halb ohnmächtig ist, überlegt man sich am besten auf der Fahrt zum Krankenhaus genau, welche Beschwerden man hat und was genau passiert ist. Das sorgt für einen flüssigen Arbeitsablauf und spart Zeit und Nerven. In der Notaufnahme gilt die Regel: pro Patient nur ein Angehöriger – also nicht die ganze Familie mitnehmen.
Wie viele Leute haben wirklich Zugang zu meiner Krankenakte?
Die Krankenakte ist mindestens für das Personal zugänglich, mit dem der Patient im Krankenhaus Kontakt hat. Bei komplizierteren Fällen oder auch, wenn der behandelnde Arzt noch wenig Erfahrung hat, wird die Akte oft weitergereicht, um bei anderen Ärzten Rat einzuholen. Davon profitiert der Patient aber letztlich, weil sich somit mehrere erfahrene Ärzte mit dem Fall beschäftigen und der Patient dementsprechend die beste Behandlung bekommt – auch wenn er den Arzt, der ihm wirklich hilft, vielleicht nie sehen wird. Wenn die Akte weitergegeben wird, dann passiert das aber immer anonym. Alle Krankenakten lagern normalerweise im Schwesternzimmer – das ist meist gesichert wie ein Bunker. Um ihre Daten müssen sich die Patienten also keine Sorgen machen.
Tipp: Es kann nie schaden zu wissen, welche Informationen in der eigenen Krankenhausakte dokumentiert sind. Jeder Patient hat das Recht auf eine Einsicht in seine Akte.

„Die eigene Krankenhausakte ist für jeden Patienten einsehbar.“ © Pexels
Gibt es Tricks um als Kassenpatient ein Einzelzimmer zu bekommen?
Als Kassenpatient bekommt man ein Einzelzimmer meistens rein zufällig oder bei Isolationspflicht, wie zum Beispiel einer Norovirus-Infektion. Manche Patienten versuchen es aber mit allen Mittel: Wir hatten schon mal einen Fall, bei dem ein Patient nur vorgegeben hat starke Albträume zu haben. Er ist mehrmals in der Nacht laut schreiend aufgewacht, in der Hoffnung seine Zimmernachbarn würden sich beschweren und er würde ein Einzelzimmer bekommen. Am nächsten Morgen gab es für ihn dann aber kein Einzelzimmer, sondern er wurde auf ein Zimmer verlegt in dem bereits Patienten waren, die wirklich Albträume hatten. Da war das Gemecker dann groß.
Tipp: Mit solchen Tricks sollte man wirklich vorsichtig sein. Wenn man Pech hat, geht der Plan nicht auf, und man ist in einer noch unangenehmeren Situation als zuvor.
Warum kommt die Schwester oft erst sehr spät, wenn Patienten nach ihr rufen?
Das liegt ganz klar am Personalmangel. Auf den Stationen klingelt es ständig irgendwo, und die Schwestern und Pfleger rennen den ganzen Tag hin und her. Meist wegen Kleinigkeiten, wie: ein zweiter Kaffee, Hunger, der Fuß juckt – wir hören da so einiges. Nur selten ist wirklich ein Notfall der Grund für den Schwesternruf.
Tipp: Wenn es kein Notfall ist, sollte nicht geklingelt werden! Die Schwestern merken sich, wie Pateinten ticken: Klingeln sie bei jedem Wehwehchen, werden sie weniger berücksichtigt und schlechter „bedient“. Wenn man sich nicht sicher ist, in welchen Fällen man klingeln sollte, ist es sinnvoll das mit dem Pflegepersonal im Voraus zu besprechen.
Was nervt an Patienten am meisten?
Es nervt, wenn Patienten vorher die Krankheiten googlen und dann nur mit Halbwahrheiten zu uns kommen und diskutieren wollen. Vielen fehlt das grundlegende medizinische Verständnis: Meine Oma zum Beispiel weiß noch, dass Wadenwickel bei Fieber helfen. Jüngere Patienten hingegen haben von ihren Körpern keine Ahnung mehr. Ganz schlimm ist es auch, wenn Kinder behandelt werden – da können die Eltern mit ihren vielen Fragen und Bedenken wirklich anstrengend sein.
Tipp: Sich via Google einer Selbstdiagnose zu unterziehen, mag auf den ersten Blick praktisch erscheinen. Letztlich führt es aber meistens zu mehr Problemen und größere Sorgen, als ein Besuch beim Arzt.

„Symptome googlen ist nicht immer die beste Lösung.“ © Pixabay
Wie ernst wird die Hygiene genommen?
Den Begriff multiresistente Keime hat heutzutage ja jeder schon einmal gehört. Doch davor sollte man grundsätzlich keine Panik haben. Wo viele Leute zusammenkommen, verteilen sich natürlich auch viele Keime – aber nicht alle sind multiresistent und lebensbedrohlich. Das gesamte Krankenhauspersonal nimmt das Thema Hygiene sehr ernst. Alle versuchen, sich strikt an sämtliche Empfehlungen zu halten. Besonders im OP-Saal ist das der Fall, denn hier ist das Infektionsrisiko für den Patienten besonders hoch. Allerdings muss ich zugeben: Wenn wir uns bei jedem Patienten für eine kurze Visite 30 Sekunden die Hände desinfizieren würden, wären wir mehrere Stunden am Tag nur damit beschäftigt. Das können wir nicht einhalten. Dafür bräuchten wir auf jeder Station ein bis zwei Schwestern mehr, um uns komplett an den empfohlenen Plan zu halten.
Tipp: Wenn man Angst hat, sich Keime einzufangen, sollte man vor einem Check die Schwester bitten sich im Zweifelsfall nochmal die Hände zu desinfizieren. Sie reagiert vielleicht genervt, aber das ist besser als sich nicht von ihr anfassen lassen zu wollen. Um sich zu schützen, kann man sich auch einfach selber ab und zu die Hände desinfizieren.
Wer hat bei OPs das Skalpell in der Hand?
Was viele nicht wissen: Nicht immer der, der einem die Hand geschüttelt hat, operiert dann auch. Denn das macht der Arzt, der es am besten kann. Manchmal ist der, mit dem man anfangs gesprochen hat nur der, der es am besten erklären kann. Wer die Operation beim Chefarzt anfordert bekommt trotzdem nicht immer den Boss als Operateur. Manchmal steht der Chefarzt nur daneben und begutachtet das Ganze. Das hat zwei Gründe: Chefarzt werden einerseits die Ärzte, die gut operieren können – andererseits aber auch, wer besonders gute Führungsqualitäten besitzt. Dann operiert er weniger. Chefärzte sind aber nie auf jedes Fachgebiet spezialisiert und geben deswegen auch mal das Skalpell ab. Einige Chefärzte packen aber auch von der Desinfektion bis zur Naht mit an.
Tipp: Wenn man sichergehen will, dass der Chefarzt wirklich selbst operiert, fragt man vor der OP am besten wiederholt nach. Andernfalls kann man sich auch immer den operierenden Arzt vorstellen lassen, um Vertrauen aufzubauen. Übrigens: In jedem OP-Bericht muss genau vermerkt sein, wer anwesend war.

© Jodel
Stimmt es, dass Krankenhäuser unnötige Operationen durchführen um ihre Statistiken voll zu bekommen?
Nein das stimmt so nicht. Klar, es gibt Grenzfälle, bei denen man operieren oder eben warten kann. Hier liegt es am Arzt, was er daraus macht. Er muss einschätzen, was für den Patienten am besten ist, und ihn dahingehend beraten. Denkt er, dass eine OP Beschwerden schneller heilen kann, wird er es sagen. Wenn er die OP für wenig erfolgsversprechend hält, wird er mehr über Risiken aufklären. Letztlich liegt aber die Entscheidung, ob operiert wird, beim Patienten selbst.
Tipp: Wenn man sich unsicher ist, ob man wirklich operiert werden muss, sollte man sich eine zweite Meinung einholen. Widerspricht diese der Diagnose des behandelnden Arztes, ist vielleicht eine dritte Meinung ratsam. Im Zweifel kann es helfen den Arzt zu wechseln und sich erstmal nicht operieren zu lassen, sofern es Beschwerden sind, die auch ohne OP behandelt werden können.
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