Aluminium und Stahl an computergesteuerten Fräsmaschinen auf tausendstel Millimeter genau bearbeiten – und nebenbei noch die Auszubildenden unterstützen. Gewöhnlicher Alltag für die 29-jährige Janina Nüsse. Als ausgebildete Zerspanungsmechanikerin mit Ausbilderschein arbeitet sie in einem von Männern dominierten Berufsfeld.
Wie bist du in diesen Beruf gekommen?
Ich habe mit 16 Jahren meinen Realschulabschluss gemacht und habe danach die höhere Handelsschule für Wirtschaft besucht. Ich habe dort aber ziemlich schnell gemerkt, dass Rechnungswesen und Tastaturtippen nicht das Richtige für mich waren.
Mein Vater hat zu der Zeit schon im Maschinenbau gearbeitet. Daher habe ich erstmal dort mein Geld als Hilfskraft verdient. Während dieser Zeit habe ich mich bei Versicherungen und ähnlichem beworben, habe allerdings keine Zusagen bekommen. So bin ich vorerst im Maschinenbau hängen geblieben.
Nach etwa zwei Jahren habe ich mich dann in dem Unternehmen, in dem mein Vater und ich arbeiteten, ebenfalls um eine Ausbildungsstelle beworben, weil ich gefallen an der Arbeit gefunden hatte. Allerdings muss ein Unternehmen Dusch- und Waschräume für Frauen haben, damit es Ausbildungsplätze für Frauen anbieten kann. Diese gab es dort zu dem Zeitpunkt noch nicht. Zudem waren meine Mathe- und Chemienoten nicht gerade die besten. Daher habe ich drei Jahre in Folge auch hier Absagen bekommen. Nach dieser Zeit wurde dann eine neue Halle auf dem Firmengelände gebaut, in der es auch Waschräume für Frauen gab. Schließlich wurde ich dann nach vielen Bewerbungen und Überzeugungsversuchen angenommen.
Was gefällt dir an diesem Beruf?
(lacht) Dass ich mich nicht jeden Tag aufbrezeln muss, bevor ich zur Arbeit fahre, weil ich in meinem Beruf keinen Kundenkontakt habe. Ich muss auch nicht immer zu allen freundlich sein. Zudem verdiene ich in diesem Beruf eindeutig mehr als in einem typischen Frauenberuf – das sehe ich bei vielen meiner Freundinnen.
Fühlst du dich manchmal gegenüber deinen männlichen Kollegen ungerecht behandelt und wenn ja, warum?
Am Anfang habe ich mich oft so gefühlt. Zu Beginn bin ich hier jeden Tag oft angeschrien worden. Ich habe gemerkt, dass viele in meiner Firma einfach keine Frau als „Kollegen“ haben wollten. Oft haben sie gedacht, Frauen seien nicht so belastbar oder unfähig, die Arbeiten gut zu erledigen. Ich hatte schon oft das Gefühl, dass man den Leuten erst einmal beweisen muss, dass man auch als Frau die Anforderungen gut erfüllen und Verantwortung übernehmen kann.
Inzwischen bin ich seit 13 Jahren im gleichen Unternehmen und würde heute sogar eher das Gegenteil behaupten. Nun haben die meisten verstanden, dass ich was kann. Seitdem werde ich zwar weiterhin als Frau angesehen und auch dementsprechend anders behandelt. Ich bin aber für die männlichen Kollegen zum Schätzchen geworden, alle sind nett und freundlich zu mir – das empfinde ich heute eher als Vorteil.
Auf welche Art und Weise wird dein Arbeitsalltag noch davon beeinflusst, dass du eine Frau bist?
Wenn ich irgendwas benötige und die Kollegen nett und freundlich um Hilfe frage, dann helfen sie mir auch eher als beispielsweise einem männlichen Azubi, der die gleiche Bitte hätte. Männer gehen mit Frauen einfach anders um als mit anderen Männern. Das kann natürlich auch anstrengend sein, wenn ich auf der firmeninternen Weihnachtsfeier bin und viele Kollegen betrunken meinen, sie könnten mich angrabbeln (lacht sarkastisch).
Aber so im Arbeitsalltag hat diese Unterscheidung für mich inzwischen viele Vorteile.
Welche Eigenschaften muss man als Frau mitbringen, um unter Männern zu arbeiten?
Ich glaube, dass man als Frau nicht zart besaitet sein darf. Unter Männern herrscht einfach ein rauerer Arbeitston. Hier darfst du als Frau nicht gleich anfangen zu heulen, wenn du mal Anschiss bekommst oder dem Vorgesetzten beichten musst, dass du eine Arbeit versaut hast.
Natürlich reagieren die Kollegen verständnisvoller, wenn du auf die Tränendrüse drückst. Aber am Ende resultiert daraus einfach nur, dass die Leute dich deshalb anders behandeln. Das war etwas, was ich nie herausfordern wollte. Ich wollte nicht dafür anerkannt werden, dass ich eine Frau bin, sondern für das, was ich kann und mache. Am Ende verlierst du mit solchem Verhalten meiner Meinung nach nur den Respekt der anderen. Du musst es einfach abkönnen, wenn dir jemand die Meinung sagt. Das machen Männer nämlich – hier wird nicht hinterm Rücken gelästert, sondern direkt gesagt, was Sache ist.
Darüber hinaus musst du auch ein wenig belastbarer sein, denn hier müssen die Angestellten öfters mal Überstunden machen oder am Wochenende arbeiten. Als Frau muss ich mich im Privatleben größtenteils auch um den Haushalt kümmern – das Problem haben viele Männer nicht. Das bedeutet im Endeffekt, dass ich nicht wahnsinnig viel Freizeit habe. Aber dafür macht mir meine Arbeit viel Spaß und ich gehe gerne jeden Tag zur Arbeit.
Wie reagieren andere Leute, wenn du ihnen von deinem Beruf erzählst?
Die meisten anderen Frauen wissen überhaupt nicht, was das eigentlich ist. Wenn ich versuche, meinen Freundinnen zu erklären, was ich mache, dann kommen oft solche Aussagen: „Wie, Metall schneiden??“ Die wissen also echt gar nichts darüber. Das Erste, was die Leute anscheinend denken, ist, dass ich lesbisch oder ein „Mannsweib“ sei. Dieses gängige Vorurteil ist mir schon öfters begegnet.
Würdest du anderen Frauen raten, ebenfalls in diesem Berufsfeld zu arbeiten?
Ja – aber nicht in meiner Nähe (lacht).
Als Frau im Maschinenbau zu arbeiten ist einfach etwas Besonderes. Also ist es auch etwas, mit dem man sich in gewisser Weise profiliert. Ich mag meinen Job, gebe mir dort viel Mühe, habe da schon einiges erreicht. Das ist etwas Tolles. Etwas, das nicht jeder von sich behaupten kann. Etwas, das mich ausmacht.
Wenn du als Frau lange in diesem Beruf arbeitest, dann lernst du, dich durchzusetzen. Diese Arbeit formt deinen Charakter auf eine besondere Weise.
Viele Betriebe mit männertypischen Berufsangeboten wollen nicht viele Frauen einstellen, weil die meisten Frauen früher oder später Kinder kriegen. Dann läuft die Produktion nicht weiter oder es müssen Ersatzkräfte her. Daher ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du als Frau etwas Besonderes bleibst, wenn du es in so ein Unternehmen geschafft hast. Und ich habe ja selbst gemerkt, dass man es schaffen kann, wenn man es wirklich will.
Daher würde ich Frauen auf jeden Fall dazu raten, in einem männertypischen Beruf zu arbeiten. Es hat einfach viele Vorteile.
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