• Ich habe drei Tage ohne Ausnahme auf Internet verzichtet
  • Social-Media-Nutzung ist größtenteils Gewöhnungssache
  • Auf Internetzugang allgemein, ist man auf Dauer im Alltag und in der Uni angewiesen

Der Abend davor: Ungewissheit

Drei Tage komplett ohne Internet. Ich sitze in meinem Bett und frage mich, was ich mir da eingebrockt habe. Ob ich überhaupt einschätzen kann, was das bedeutet? Eigentlich freue ich mich darauf, dem Druck ständig erreichbar zu sein zu entkommen, mache mir aber Sorgen, meine Pflichten vernachlässigen zu müssen.
Na gut, dann wollen wir die frohe Botschaft mal verkünden, damit mein Umfeld nicht denkt, ich sei verschollen. Ich rufe meine Eltern an, damit sie sich keine Sorgen machen. Danach mache ich eine Instagram-Story und lösche die App direkt danach, um nichts erklären zu müssen. Jetzt noch den WhatsApp Status ändern und den engsten Freunden Bescheid sagen. Reaktionen wie „Uff ok, leb wohl!“ lassen mich schlucken. „Na so abgeschottet werde ich ja wohl nicht sein!“ sage ich laut, eher zu mir selbst, anstatt als Antwort. Irgendwie ist es schwer loszukommen. Immer wieder kommen neue Nachrichten und auch ältere unbeantwortete Chats sind noch offen. Ein „Ich antworte morgen.“ gibt es heute nicht. Irgendwann setze ich ein Ende. Wenn wirklich etwas ist, bin ich per SMS und Anruf erreichbar. Ich atme durch und schotte mich, mit einem Klick auf das WLAN-Symbol und einem auf die mobilen Daten, von der virtuellen Welt ab. Ruhe!

Meine Instagram-Story am Abend davor

Tag 1: Umgewöhnen

Nachdem ich morgens den Handywecker ausstelle, beantworte ich normalerweise erstmal Nachrichten. Heute ist das anders, denn da sind keine. Na gut, dann stehe ich eben direkt auf. Irgendwie entspannt und tatsächlich habe ich spürbar mehr Zeit.
Als ich duschen gehen will, bemerke ich: Kein Spotify! Ich fasse mir etwas verzweifelt an die Stirn, während ich nachschaue, welche Playlists runtergeladen sind. Okay, da ist was dabei.

Vor meinem Schrank stehend schaue ich nach draußen. Das Wetter ist irgendwie undefinierbar und außerdem ändert es sich bestimmt im Laufe des Tages noch. Da ich nicht in meine Wetter-App schauen kann, gehe ich erstmal frühstücken und warte bis im Radio der Wetterbericht kommt.

In der Uni angekommen suche ich aktiv nach Leuten, mit denen ich noch etwas besprechen wollte, anstatt ihnen bei WhatsApp zu schreiben. Auf diesem Wege bekomme ich meine Antwort direkt und wir quatschen noch kurz – es ist viel schöner sich dabei gegenüber zu stehen.
Aus Gewohnheit schaue ich immer und immer wieder auf mein Handy und lese dann doch nur die Uhrzeit. Manchmal klicke ich sogar wie ferngesteuert auf WhatsApp, merke dann, dass nichts kommt und stecke das Handy, genervt von mir selber, tief in die Tasche.

Am Nachmittag liegt eine Stunde Bahnfahrt vor mir. Statt die Stunde wie sonst mit unnötigem Handygespiele totzuschlagen, nutze ich sie für Unikram. Dass „unnötiges Geschreibe“ wegfällt entlastet mich total. Ein paar Mal telefoniere ich kurz, aber zielführend.
Am Abend lese ich noch ein paar Seiten, statt am Handy zu sein. Das habe ich schon Monate nicht mehr gemacht und kann viel besser einschlafen. Meine Augen fallen von ganz alleine zu.

Tag 2: Es macht Klick

Im Laufe des zweiten Tages habe ich die Umstellung in meinem Kopf gemerkt. Am Vormittag lag mein Handy in den Vorlesungen ganz selbstverständlich neben meinem Block, Gewohnheit. Am Abend habe ich stundenlang nicht draufgeschaut und als ich unterwegs war, ist mir erst im Nachhinein aufgefallen, dass mein Handy die ganze Zeit zu Hause auf meinem Bett lag.
Bei einem Gruppenprojekt schränkt mich der Internetverzicht das erste Mal wirklich ein. Es ist schwer Aufgaben zu finden, die ich übernehmen kann und mir ist es jedes Mal unangenehmer „Sorry, das kann ich leider nicht machen“ zu sagen. Zusammen suchen wir Aufgaben, die, zumindest erstmal, ohne Internet funktionieren und mein Gewissen erleichtern.

Als ich abends ins Bett gehe, fehlt mir der regelmäßige Kontakt zu meinen Liebsten. Ich habe ein paar SMS geschrieben, aber da eine Antwort den meisten Leuten Geld kostet, bekomme ich kaum eine. Teils entlastet von unnötigen Nachrichten, teils ein bisschen sehnsüchtig schlafe ich ein.

Tag 3: Zuschauen statt Mitmachen

Die Einschränkungen zwischendurch werden immer spürbarer. Ich habe vergessen, eine Datei auf einen USB-Stick zu ziehen und kann deswegen nicht daran weiterarbeiten. In einer Vorlesung wird der Internetzugriff vorausgesetzt, um mitarbeiten zu können. Ich kann nur zuschauen und ergänze meine „Wenn ich wieder Internet habe“-Liste um „Vorlesung nachholen“.
Bei Telefonaten beschränke ich mich wirklich auf das Wesentliche, da ich die Übersicht über meine Freieinheiten verloren habe und online nicht nachschauen darf. Der Kontakt zur Außenwelt nimmt ab.
Am Abend bin ich zum Seriengucken verabredet. Kurz davor fällt mir auf, dass Netflix tabu ist! Wir sind beide enttäuscht und suchen in meiner mickrigen DVD Sammlung nach einer Alternative. Halbherzig schauen wir einen Film.

Der Morgen danach:

Mit gemischten Gefühlen schaue ich auf mein Handy, mein Daumen schwebt über dem WLAN Zeichen. Es tat gut einfach mal „weg“ zu sein.
Ich drücke auf WLAN „ein“, die WhatsApp Nachrichten rasen in die Höhe und bleiben schließlich bei 199 stehen, hauptsächlich Gruppennachrichten. Ehrlich gesagt habe ich mit mehr gerechnet.

Für das Telefonieren zahle ich diesen Monat 2,67€ drauf.

Blitzschnell ist wieder eine halbe Stunde vor dem Handy verflogen.

Fazit

So lange man sich vorbereiten und seinem Umfeld Bescheid sagen kann, hält man ein paar Tage ohne Internet fast problemlos aus. Auf Dauer bekommt man Schwierigkeiten, weil ein Internetzugang im Alltag und in der Uni vorausgesetzt wird. Sich alles auf Umwegen zu beschaffen, ist beinahe unmöglich.
Nur auf Social Media zu verzichten ist etwas anderes, da kann man sich dran gewöhnen und für mich war es sogar eine Art Urlaub. Ich habe gemerkt, dass ich mehr Zeit ich in verschiedenen Situationen hatte, in denen ich mich sonst in Social Media verloren hätte. Besonders Instagram hat mich in seinen Bann gezogen. Der Klick auf die App ist schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich es gar nicht mehr merke und mich jedes Mal über die verflogene Zeit ärgern könnte. Ich habe die App bewusst nicht wieder heruntergeladen und habe mir vorgenommen, mein Handy nicht immer an meiner Hand kleben zu haben. Ein paar Mal am Tag drauf schauen reicht mir ab jetzt völlig aus und entlastet.

Fun Fact: In diesen drei Tagen bin ich mit einer einzigen Akkuladung ausgekommen, sonst lade ich mindestens einmal täglich.