• Line Bøghs Bühnenkonzept mit Christian Grundtoft
  • Live-Visuals
  • Wirkung der Performance

Die Wohngemeinschaft – ein Café, eine Bar, ein Hostel und unter anderen auch ein Raum für Konzerte. Die dänische Art-Pop Musikerin Line Bøgh steht heute auf dem Programm. Mit dabei ihr Freund und Visual Jockey (VJ) Christian Grundtoft, der sie während des Auftritts mit Live-Visuals begleitet.

„Es wirkt wie ein kleiner Kinosaal und das ist das, was wir für die Visuals brauchen.“

Mit Wanderrucksäcken und Taschen bepackt, kommen die beiden um 17:00 Uhr zum Aufbau an. Ein schmaler Raum, der mit altem Parkett ausgelegt ist und circa 50 Sitzplätze auf alten, knatschigen Klappstühlen bietet. Die kleine Bühne gleicht einem Wohnzimmer. Rechts zwei bequeme Sessel und eine Stehlampe aus den 60ern, links ein Klavier. „Wow, der Raum ist wirklich super“, findet Line. „Es wirkt wie ein kleiner Kinosaal und das ist das, was wir für die Visuals brauchen.“ Unnötige Möbel, wie die Sessel werden schnell weggebracht, um mehr Freiraum auf der Bühne zu schaffen, eine größere Leinwand bringen die beiden Künstler zusätzlich an und stellen den Beamer, der vor Ort gestellt wird und bereits an der Decke hängt, ein.

„Wir wollen […] visuelle Mittel nutzen, um Kunst […] in dieser bilderüberfluteten Welt hervorzubringen.“

Line benutzt diverse elektronische Instrumente und Geräte, die zum Beispiel Voice-Loops ermöglichen. „Heutzutage sind Menschen an visuelles Input gewohnt und in gewisser Hinsicht einer visuellen Welt ausgesetzt“, beschreibt Line. „Das ist nicht unbedingt gut, aber wir wollen einen Unterschied machen und visuelle Mittel nutzen, um Kunst, also etwas Positives, in dieser bilderüberfluteten Welt hervorzubringen.“ Für Christian sind es vor allem die Möglichkeiten, die ihn anregen. „Wir leben in einer digitalisierten Welt, was uns mit einfachen Mitteln ermöglicht, verschiedene, also auditive und visuelle Sinne zu verknüpfen und durch Geräte zu erweitern.“ Christian benutzt für die Steuerung und Erstellung der Visuals lediglich einen Apple Pencil und ein Tablet, das mit dem Beamer verbunden ist, daneben eine kleine Tastatur. „Die Möglichkeiten Konzepte auch visuell weiter auszuarbeiten sind da! Dafür braucht man nicht mehr viel Hardware und dementsprechend viel Geld. Es reicht schon ein Programm auf einem Gerät.“ Christian lacht und führt fort „Ich habe mit Line auf einem Smartphone angefangen.“ Nach einer Stunde sorgfältigem Ausrichten, Einstöpseln, Ausstöpseln und Umstöpseln, geht es in den Soundcheck.

Geringe Vorverkaufszahlen

Während des Soundchecks, bekommen die Künstler eine schlechte Nachricht. Weil der Vorverkauf nicht viel versprach, wird den Künstlern angeboten, ihren Auftritt abzusagen. „Ob wir vor kleinem oder großem Publikum auftreten, ist uns nicht wichtig“, erklären Christian und Line und entscheiden sich dagegen, das Konzert abzusagen. Aber was ist den beiden Künstlern bei einem Auftritt oder in ihrem Bühnenkonzept wichtig? „Unser Bühnenkonzept ist sehr minimalistisch und dank der visuellen Inhalte trotzdem unfassbar detailliert“, beschreibt Line. „Die Songs sind mit Christians Ideen mit bei der Produktion förmlich zusammengewachsen.“ „Aber was wir primär erreichen wollen“, fügt Christian hinzu „ist es, das Publikum mit dieser Idee vertraut zu machen und sie mit dieser Idee oder Vision mit uns zu verbinden.“

Neugier im Publikum

Der geplante Einlass um 20:00 Uhr verschiebt sich um 25 Minuten. Einige Besucher holen sich noch ein Getränk an der Bar, andere nutzen die Zeit für eine Zigarette und wieder andere tauschen sich in der lockeren Atmosphäre aus. Dabei fällt auf, dass ein Großteil der Besucherschaft die Künstler noch nicht kennen und dementsprechend noch gespannter darauf sind, was sie erwartet.

Sprachlose Begeisterung

Wie geplant, fängt der Auftritt von Line und Christian um Viertel vor neun an. Christian nimmt in der vordersten Reihe Platz und holt ein sperriges Brett als Unterlage für sein Equipment zu sich. Line stellt sich alleine mitten auf die Bühne und teilt dem Publikum von circa 18 Personen erleichtert die kurzfristige Entscheidung, das Konzert nicht abzusagen, mit. Der Raum verstummt, die Deckenlichter werden langsam gedimmt, bis sie vollständig aus sind. Nur noch durch das Licht des Beamers ist übergeblieben, das wie ein Scheinwerfer Line mit ihrem Synthesizer beleuchtet. Sie beschreibt die triste Atmosphäre des ersten Songs und fängt daraufhin an – The Fireman. Christoph malt langsam und gekonnt weiße Linien in die Szene. Linien, die sich zu Lines Flügeln zu entwickeln scheinen und ihr während dem Song einen Heiligenschein aufsetzen. Lines zarte Stimme und minimalistisches Pianospiel scheinen die Visuals zu führen. Zum Schluss laufen Ihr dramatisch rote Linien über das Gesicht. Ihre Lieder werden immer wieder in neue Szenen getaucht. Das Publikum ist sichtlich gepackt und scheint stumm vor Begeisterung. Im Laufe des Auftritts bewegt sich die Künstlerin bedacht von einer Position zur nächsten, um sich den Visuals anzupassen. Die einstudierte Performance wirkt nichtsdestotrotz natürlich und beinahe so, als wäre sie tatsächlich in der von Christian gemalten Welt. Bis hin zur Zugabe, blieb das Publikum gespannt und begeistert von der Musik, Lines Performance und der visuellen Untermalung.

„…etwas Neues, etwas Anderes“

Nach dem Auftritt kümmern sich die beiden Künstler persönlich um den Verkauf des Merchs, darunter auch handgemalte Originale von Christian. „Das Konzert hat meine Sinne positiv betäubt“, erzählt Rike (37), die das Konzert wie viele andere spontan besuchte. „Die Sängerin und die Bilder wirkten sehr stimmig und plakativ. Einfach toll, diese Projektionen!“, erzählt ein anderer Besucher.

„Wir denken, dass Visuals immer populärer werden und womöglich auch vom Publikum gewollt“, denkt Line und fragt Christian „Das Publikum hat immer mehr Ansprüche und fordert immer wieder etwas Neues, etwas Anderes“, fügt Christian hinzu. „Aber auch wir wollen die Lieder und unser Konzept immer wieder neu gestalten und erweitern. Daran arbeiten wir nahezu tagtäglich.“