• „Studiere ich eigentlich das Richtige, oder verpasse ich etwas?“ Um das herauszufinden, tausche ich
    mein Journalismus Studium und besuche Veranstaltungen des Studiengangs IT-Sicherheit
  • Einen Tag lang heißt es für mich: riesige Universität, statt gemütliche Fachhochschule
  • IT-Sicherheit ist gar nicht so spießig wie ich dachte

 

Eine blonde Frau drängelt sich hektisch an mir vorbei, bevor sich die Türen der U35 schließen. Als sich die Bahn in Bewegung setzt, greife ich nach einem der roten Haltegriffe, die an der niedrigen Decke der U-Bahn befestigt sind. Die Luft ist knapp und verbraucht. Eine junge Frau macht es sich gerade mit einem Lehrbuch auf einem der wenigen Sitzplätze gemütlich.
„Hast du die Übungsaufgabe noch gelöst?“ Höre ich hinter mir eine tiefe Stimme. Es ist offensichtlich, dass diese Bahn zur Uni fährt.

 

Der Universitäts-Irrgarten und ich

 

Als wir drei Stationen später zum Halten kommen, strömt die Menschenmasse nach draußen. Ich folge dem Fluss, der mich direkt auf das Gelände der Ruhr Universität führt. Die Steinplatten unter meinen Füßen wackeln bei jedem meiner Schritte und lassen den Hohlraum darunter erklingen. Wie Ameisen verteilen sich die Menschen in verschiedene Richtungen, als wir die ersten grau-braunen Gebäude passieren.

 

Hier stehen neue Gebäude, direkt neben den alten Betonhäusern. Foto: Laura Oldag

 

“Man sagt, dass die Ruhr Uni den Hafen des Wissens darstellt. Die einzelnen Gebäude sind quasi die Schiffe, die in diesem Hafen liegen“, erzählt mir Lukas und zeigt auf eine bunte Tafel an der Wand.

„Wir müssen den blauen Pfeilen folgen.“ Lukas studiert IT-Sicherheit bereits im fünften Semester. Ohne zu Überlegen geht er mit schnellen Schritten voraus. Die Mittagssonne scheint auf sein helles Haar, als wir aus dem Schatten des neun stöckigen Gebäudes treten. Einige Wege und verwinkelte Treppen später, komme ich mir bereits vor wie in einem Irrgarten. Vor dem Hörsaal angekommen, fällt mein Blick auf einen kleinen Bildschirm neben der Tür. „Systemtheorie 12:15-13:45” steht darauf. Ich schaue auf die Uhr und betrete den Hörsaal.

 

Hier passt mein gewohnter Hörsaal fünf mal rein: Der Hösaal in einem der neuen IT-Gebäude.
Foto: Laura Oldag

 

Meine erste Vorlesung, und ich verstehe nur Bahnhof

 

 Der Hörsaal erstreckt sich über 25 Bankreihen aus hellem Holz, die den Raum warm erscheinen lassen. Durch vier kleine Fenster gelangt etwas Tageslicht in den sonst geschlossenen Raum. Nur die Hälfte der Sitze ist belegt. Vor den Tafeln hat bereits der Professor seinen Platz gefunden. Hinter ihm werfen drei Beamer die erste Folie an die etwa sechs Meter hohe Wand. Mit einem flüchtigen Blick erhasche ich die Überschrift „Reelle Nullstellen“, und fühle mich direkt in meine Abiturzeit zurückversetzt. 12.15 Uhr: Durch die länglichen Lautsprecher an den Wänden ertönt ein freundliches, leicht schallendes „So dann beginnen wir mal“.

Einige Folien und viele mathematische Formeln später gebe ich den Versuch auf, dem Stoff zu folgen. Auch die Bemühungen des Dozenten, einige Graphen mit den Armen nachzustellen, helfen mir nicht. Ich drehe mich nach hinten und sehe bei den anderen Studenten ebenfalls Falten auf der Stirn. Der Blick in die vorderen Reihen zeigt, dass die aufgeklappten Laptops nicht nur zu Vorlesungszwecken genutzt werden – typisch Studenten, denke ich mir.

 

Auf dem Weg zum nächsten Hörsaal: Die Beschilderung erinnert mich an eine Bahnhofshalle.
Foto: Laura Oldag

 

In diesem Saal könnte ich auf Dauer nicht studieren

 

Die knallorangen Tische und Bänke im fensterlosen Raum sind mit bunten Zeichnungen und Wörtern verziert. Flackernde Neonröhren werfen weißes Licht an die grauen, unverputzten Betonwände. Ein beengendes Gefühl macht sich in mir breit. Rund 100 Studierende verteilen sich hier in kleinen Gruppen. Sie reden wild durcheinander, bevor das quietschende Geräusch von Kreide auf der Tafel sie übertönt. Nach einer halben Stunde der Kryptographie-Vorlesung ist die Hälfte der Tafeln vollgeschrieben – und ich bekomme langsam Rückenschmerzen.

 

Foto: Laura Oldag

 

IT-Sicherheit: gar nicht so nerdig wie ich dachte

 

„Das da vorne ist übrigens der Surfer-Dozent“, Lukas deutet mit dem Kopf in Richtung des Professors. Sein hellblaues Shirt mit schwarzem Palmenaufdruck und die dunkle Lederkette, erinnern mich tatsächlich an einen Surfer. Die schulterlangen Haare hat er zu einem Zopf gebunden. Ist ja doch gar nicht so nerdig hier, stelle ich überrascht fest. Als ich den Saal um 17 Uhr verlasse, bin ich zwar müde und geschafft, aber durchaus zufrieden.

IT-Sicherheit werde ich wohl vorerst nicht studieren, dennoch weiß ich jetzt, dass es gut ist, sich andere Fachrichtungen anzuschauen. Es spricht also nichts gegen einen weiteren Schnuppertag in einem anderen Studiengang.

 

Foto: Laura Oldag