• Michael ist mit 25 Jahren ein junger Vater von zwei Kindern (Alex, 6 & Lisa, 7)
  • Er lebt mit seinen Kindern und seiner Mutter zusammen und hat täglich 2 Jobs zu bewältigen, um ihnen ein vernünftiges Leben zu ermöglichen
  • Doch wie sieht ein normaler Tag bei ihm aus und welche Schwierigkeiten gibt es zu bewältigen?

Ein penetrantes Geräusch schneidet durch die Stille. – Beep, Beep, Beep, Beep… immer wieder und wieder tönt es… bis eine Hand auf den Wecker haut und den Lärm beendet. Der Wecker zeigt 04:30 an. Michael steht langsam auf und startet in seinen Tag. Während er sich Tee und Müsli vorbereitet bemerkt er einen Notizzettel auf dem Kühlschrank. – Erinnerung: Bereite am Freitag für die Kinder das Frühstück schon mal vor. Mama -.

Es ist Freitag. Also nimmt er mehrere Toastscheiben, dazu Nutella, Erdbeer- und Pfirsichmarmelade aus dem Kühlschrank und fängt an, die Scheiben zu bestreichen. Für Lisa gibt es eine Kombination aus Erdbeermarmelade und Nutella. Alex bekommt Pfirsichmarmelade. Nachdem das Frühstück für die Kinder vorbereitet ist, verschlingt der junge Vater sein Müsli in Windeseile und verlässt die kleine Wohnung. Die Kälte schneidet durch die Knochen, während Michael müde zum Auto geht.

Vater in jungen Jahren

Michael ist 2012 mit 18 Jahren überraschend Vater eines kleinen Mädchens namens Lisa geworden. Ein Jahr später folgte die Geburt seines Sohnes Alex.

Zwei Jahre später trennte sich das junge Elternpaar und Michael bekam das Sorgerecht. Seitdem lebt die dreiköpfige Familie mit Michaels Mutter zusammen in einer kleinen Wohnung in Gladbeck.

Michael sagt, dass die Verantwortung für zwei Kinder eine große Herausforderung sei.

Zeit für die Kinder finden

Gegen 14 Uhr beendet er den ersten Teil seines Arbeitstages. Doch Zeit zum durchatmen und ausruhen bleibt ihm keine, denn seine Kinder müssen von der Schule abgeholt werden.

Die Kinder holt Michael sehr gerne ab. Das ist auch ein Grund, wieso er so früh arbeiten geht, denn dadurch kann er den Nachmittag mit seinen Kindern verbringen. Kaum steht er am Schultor, kommen Lisa und Alex in Höchstgeschwindigkeit und mit riesigem Lächeln angelaufen. Sie umarmen ihren Vater und steigen ins Auto ein.

Geschwisterkampf

Ein typischer Wettbewerb zwischen den Geschwistern beginnt. Wer kann zuerst und vor allem am schnellsten von seinem Schultag erzählen. Dies artet, wie erwartet, dann schnell in eine Streiterei aus. „Lass mich zuerst erzählen. Ich bin die Ältere“ sagt Lisa. „Aber ich will auch mal zuerst reden“, erwidert Alex trotzig.

Bevor die Situation wirklich ausarten kann, greift Michael mit bestimmter, aber ruhiger Stimme ein und fordert die Kinder auf, ihm erst am Essenstisch von ihrem Tag zu erzählen. Die Reihenfolge könnten sie ganz einfach durch Schere-Stein-Papier entscheiden. Daraufhin beruhigen sich beide wieder und beginnen den zweiten Wettbewerb: „Schere-Stein-Papier“, schreien beide mehrere Male, bis einer triumphiert. Lisa gewinnt.

Ein ganz normales Familienessen

Am Essenstisch erzählt Lisa voller Enthusiasmus von ihrem Schultag. Sie habe heute auf dem Schulhof im Seilspringen gewonnen, wurde von der Lehrerin für ihre schöne Schrift gelobt und stellte nochmal fest wie blöd Jungs doch seien. Alex erzählt, wie er derzeit das Alphabet zu schreiben lernt und demonstriert seine Lernfortschritte stolz, indem er einige Buchstaben mit seinem Finger in die Luft zeichnet.

Michael sitzt lächelnd am Tisch, versucht sich jedoch ein Lachen, aufgrund der wilden Bewegungen seines Sohnes, zu verkneifen und hört seinen Kindern weiterhin aufmerksam zu. Diese Momente scheint er zu genießen.

Hausaufgaben sind auch ein Kampf für Eltern

Nach dem Essen geht es an die Hausaufgaben. Während Lisa sich mit voller Konzentration an die Hausaufgaben macht, hat Alex damit deutlich größere Probleme. Er guckt sich die gegenüberliegende Wand so intensiv an, dass man meinen könnte, er wolle ein Loch in die Wand starren. Michael versucht, Alex Aufmerksamkeit auf die vor ihm liegenden Hausaufgaben zu lenken. Ohne Erfolg.

Michaels Geduld nähert sich langsam dem Ende, die Stimme wird lauter, doch in diesem Moment kommt seine Mutter in den Raum und entgegnet mit ruhiger Stimme: „Ruh dich aus Micha. Ich kümmere mich drum“ Mit einem Seufzen und dankbarer Miene geht Michael auf den Balkon und raucht eine Zigarette. Mit jedem Zug entspannt sich seine Miene etwas mehr, doch die Müdigkeit ist ihm deutlich anzusehen.

Allein erziehen ist schwer

„Es ist nicht einfach, sich für jede Kleinigkeit mit den Kindern auseinanderzusetzen. Es kommt mir komisch vor, autoritär sein zu müssen. Ich fühle mich selbst manchmal noch wie ein Kind“, gibt Michael zu. Ohne seine Mutter könnte er sich nicht vorstellen, wie er die Kinder überhaupt erziehen sollte. Sie unterstützt und beruhigt ihn. Vor allem ihre eigene Erfahrung als Mutter sei in vielen Situationen unbezahlbar.

Nach den Hausaufgaben schauen sich die Kinder eine ihrer Lieblingssendungen auf Netflix an und zu diesem Zeitpunkt ist es so still, dass man eine Nadel fallen hören könnte. „Wer hätte gedacht, dass ich den Fernseher als Vater noch mehr wertschätzen würde, als ich es als Kind getan habe“, scherzt er mit einem Grinsen im Gesicht.

Die nächste Arbeitsschicht beginnt

Um 18 Uhr verabschiedet er sich bei seinen Kindern zum zweiten Mal, denn Michael arbeitet jeden zweiten Tag noch zusätzlich als Pizzalieferant. Anders könne er die Kinder und sich selbst nicht finanzieren. Insbesondere zur Weihnachtszeit, wo Geschenke dazukommen.

Einen weiteren Vorteil hat dieser Job auch. Michael bekommt jedes Mal eine Pizza oder ein Pastagericht geschenkt. Damit hat er sein Abendessen und die Kinder manchmal am nächsten Tag eine leckere Überraschung.

Vater sein ist schwer, aber…

Um 22:30 kommt Michael mit leisen Schritten nach Hause. Im Wohnzimmer sitzt seine Mutter, die ihn lächelnd mit einer warmen Tasse Tee begrüßt. Die Kinder schlafen seelenruhig im anderen Zimmer. Michael sackt erschöpft in den Sessel neben seiner Mutter zusammen und schlürft am Tee. Mit besorgtem Blick fragt sie ihren Sohn nach seinem Wohlbefinden. Michaels langer Tag ist endlich vorbei und es ist ihm anzusehen. Es gehe ihm gut, erwidert er mit einem müden Lächeln. Mutter und Sohn schauen noch etwas Fernsehen zusammen.  

„Vater sein ist verdammt schwer und bringt mich oft an meine Grenzen. Ich habe kein Privatleben mehr und arbeite die meiste Zeit…, aber sobald ich beide lachend und voller Energie rumlaufen sehe, sind all diese schweren Momente vergessen.“

Daraufhin verabschiedet er sich in Richtung Bett. Immerhin ist morgen Samstag und somit kann er den Ton des Weckers ausnahmsweise stumm schalten.