In der Weihnachtszeit bestellen viele Menschen ihre Geschenke online – sehr zum Leidwesen vieler kleiner, lokaler Händler. Aber mancherorts scheint ein Umdenken stattzufinden. In der Buchhandlung Appelt in Gevelsberg, einer kleineren Stadt im südlichen Ruhrgebiet, findet das große Weihnachtsgeschäft bislang vor Ort statt.

von Jule Karthaus

Susanne Schumacher ist seit 2009 die Inhaberin der Buchhandlung Appelt. Auf der kleinen Ladenfläche bietet sie überwiegend Romane und Krimis an. Doch auch eine große Auswahl an Kinderbücher hat sie im Sortiment. Dieses Jahr fing für sie das Weihnachtsgeschäft früher an als je zuvor. „Die Leute haben teilweise schon Anfang November ihre Geschenke hier gekauft. Normalerweise geht es bei uns immer erst gegen Ende des Monats los“, erzählt Schumacher. Es war ein sehr umsatzstarker November. Für den Dezember kann sie jedoch noch keine Prognose abschätzen. „Ich kann noch nicht vorhersagen, wie das Weihnachtsgeschäft insgesamt gelaufen ist, also im Vergleich zu den Vorjahren.“, sagt die 61-Jährige.

Stammkundschaft ist das A und O

Obwohl das Weihnachtsgeschäft bis jetzt gut angelaufen ist, merkt auch Susanne Schumacher, wie der Online-Handel immer mehr dominiert. „Lokal kaufen ist für viele nur noch die letzte Alternative. Erst wird im Internet geschaut, ob man nicht da seine Waren kaufen kann. Falls die Lieferzeiten zu lange sind oder es dort ausverkauft ist, dann kommen die Leute erst in die Läden“, ärgert sie sich.

Zu ihrem Glück hat die Buchhandlung Appelt aber noch eine sehr große Stammkundschaft. Diese kauft entweder die Bücher direkt vor Ort oder lässt sich sie nach Hause bringen. „Ein Ehepaar, bei dem beide schon gut auf die 100 Jahre zugehen, kommt immer noch regelmäßig bei uns einkaufen. Obwohl wir ihnen die Bücher natürlich nach Hause liefern würden“, erzählt die Buchhändlerin. „Die Kunden kommen gerne hierhin. Wir haben einen sehr guten Kontakt zu ihnen und viele kennt man schon über Jahre.“

Appelt gehört zu den Ausnahmen

In vielen Städten sieht die aktuelle Lage dennoch kritisch aus. Durch die neuen Corona-Maßnahmen im Einzelhandel, besuchen weniger Menschen die Innenstädte. „Die Kundenfrequenz ist in den meisten Orten niedriger als noch vor zwei Jahren“, so der Handelsverband NRW. „Die neueren Restriktionen dämpfen die Shoppinglust der Kunden“. Das betrifft nicht nur den gesamten Einzelhandel, sondern auch die Gastronomie oder andere örtliche Geschäfte. Der Handelsverband schätzt die Umsatzverluste, im besonders betroffenen Einzelhandel, auf mehrere Milliarden Euro – allein im Dezember.

In Nordrhein-Westfalen zählen Buchhandlungen zu den Geschäften des täglichen Bedarfs. Demnach entfällt die 2G-Regelung. Das vierköpfige Team um Susanne Schumacher muss so nicht die Impf- oder Genesenenzertifikate kontrollieren. „Das erleichtert uns die Arbeit deutlich. Sonst hätte ich extra noch eine Person anstellen müssen, die nur dafür zuständig ist“, so die 61-Jährige. Viele Menschen wissen von dieser Regelung noch nicht und sind offenbar verunsichert. „Manche bleiben vor der Tür stehen und warten mit ihrem Zertifikat in der Hand, bis wir sie hereinbitten“, erzählt sie. Von der Kasse aus ist der Eingangsbereich allerdings schlecht einsehbar. Die Leute warten teilweise sehr lange vor der Tür. Zwar gibt es Hinweisschilder an den Schaufensterscheiben, doch nur die wenigsten bemerken sie.

„Meine Buchhandlung ist ein Privileg“

Appelt hat in Gevelsberg eine bessere Position als ein Buchhandel in einer größeren Stadt. „Die Menschen hier sind sehr verbunden und unterstützen uns enorm“, so Schumacher. „Größere Händler werden auch ihre Profite machen, haben aber oft nicht so viele Stammkunden. Die Leute kommen nur für die Bücher, nicht wegen der Leute, die sie ihnen verkaufen. Und das ist bei uns anders“. Sorge vor den nächsten Monaten hat sie nicht, denn ihre Stadt ist sehr heimatverbunden und kauft lokal. Auch in vergangenen Monaten der Pandemie zeigte sich die Treue ihrer Kunden. 

„Appelt ist der einzige Buchhandel hier und schon seit über 40 Jahren an dem gleichen Standort zu finden. Auch wenn ich irgendwann in Rente gehe und jemand anderes ihn übernimmt, glaube ich nicht, dass der Laden pleitegeht“, überlegt Susanne Schumacher. In einer anderen Stadt würde sie aber nicht gerne einen Laden betreiben. Sie weiß, dass ihr Geschäft zu den absoluten Ausnahmen gehört. „Ich kenne viele, die um ihr Geschäft bangen müssen. Nicht nur jetzt, zur Vorweihnachtszeit, sondern ganzjährig. Der Online-Handel wird immer stärker und die Menschen fauler.“