Die Ampel-Koalition plant, Cannabis zu entkriminalisieren. Trotzdem sollte dabei nicht vergessen werden, dass Drogenkonsum und -Handel ein wichtiges Thema ist. Denn nicht jeder schafft es, dem Teufelskreis zu entkommen. Ein ehemaliger Dealer erzählt, wie er ins Drogengeschäft rutschte und wie er es wieder herausschaffte.

Von Tabea Hartmann

Den ganzen Podcast mit Philipp gibt es hier zum Nachhören: https://open.spotify.com/episode/3mYL4RwVZY6CSJZAoYWU3j?si=c3afb82a22d4403e 

Philipp ist 22 Jahre alt und kommt aus der Nähe von Dortmund. Philipp heißt eigentlich anders, will mit dem Drogenhandel aber nicht mehr in Verbindung gebracht werden, weshalb wir seinen Namen geändert haben. Er hat den Ausstieg aus dem Drogenmilieu geschafft. Dabei ist er schon früh mit Drogen in Kontakt gekommen. Bereits mit 15 Jahren hat er das erste Mal zum Joint gegriffen: „Wir kannten jemanden, der Gras verkauft hat. Dann haben wir gesagt, komm wir holen uns mal was und probieren es einfach mal aus. Das hat den Stein quasi ins Rollen gebracht.“

Durch einen Bekannten von einem Freund, der Verbindungen zu einer Rockergruppe aus den Niederlanden hatte, rutschte er in den Drogenhandel. Dabei kommt er aus einem relativ guten Elternhaus, hatte nie wirklich Geldsorgen, bekam regelmäßig Taschengeld und arbeitete in den Ferien. Die Drogen verkaufte er zuerst nur an Freunde, mit der Zeit wurde der Käuferkreis größer. Der Verkauf fand über verschiedene Messenger-Dienste statt, meistens über WhatsApp. Mit den Drogen kam das Geld und damit die Leute. „Alle waren deine Freunde. Egal, wo du hingegangen bist. Die Leute waren falsch zu einem“, erzählt Philipp. Heute hat er kaum noch Kontakt zu den Leuten von damals.

„Die Zahlen beim Cannabis sprechen für sich“

Aus dem Jahresbericht der Drogenbeauftragten 2021 geht hervor, dass im Jahr 2018 rund 30 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren angeben, mindestens einmal im Leben eine illegale Droge konsumiert zu haben. Das entspricht 15 Millionen Menschen. Unter den 12- bis 17-Jährigen haben acht Prozent innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens einmal Cannabis konsumiert. Die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung Daniela Ludwig sagte dazu: „Die Zahlen beim Cannabis sprechen für sich. Was wir jetzt dringend tun müssen, ist die Aufklärung, die Prävention zu stärken. Und zwar nicht durch Infomaterial von vorgestern, sondern durch klare Aussagen, welche die Zielgruppe Kinder und Jugendliche auf allen Kanälen erreicht. Die Message muss lauten: Cannabis ist kein harmloses Kraut. Wer früh kifft, kann Depressionen, Schizophrenie oder Psychosen bekommen. Daher, lasst es am besten bleiben.“

Während der Abizeit hat Philipp sich Gedanken über seine Zukunft gemacht: „Ich habe das Elend gesehen. Nicht nur in meinem Kreis, auch da, wo ich geholt habe. Da waren Menschen, die härtere Drogen konsumiert haben. Dann habe ich gedacht, so möchte ich nicht werden, das will ich nicht verkaufen. Und ich habe auch keine Millionen damit gemacht.“ So entschloss er sich, mit dem Dealen aufzuhören und den geraden Weg zu gehen. „Dadurch, dass ich einer der Jüngsten und Vernünftigsten war, hatte man Vertrauen in mich. So war es mir möglich, den Kontakt abzubrechen und zu sagen, ich mache das nicht mehr. Dafür braucht man auch einen starken Willen.“

Cannabis entkriminalisieren

Inzwischen ist es zwei Jahre her, dass Philipp das letzte Mal Cannabis konsumiert hat. „Ich bin reifer geworden. Vielleicht kiffe ich wieder mit Ende 60, wenn ich in meinem Schaukelstuhl sitze. Aber bis dahin mache ich das nicht mehr.“ Eine Legalisierung hält Philipp für richtig: „Im Endeffekt haben wir das Problem, dass der Schwarzmarkt von Gangs und dubiosen Unternehmen geführt wird. Im Untergrund wird den Cannabisblüten synthetisches THC und andere Streckmittel, wie zum Beispiel Haarspray oder Sand, zugemischt, die den Konsumenten schaden.“ Anders als in den Niederlanden sollten dabei auch die Produktionsstätten überwacht werden, findet Philipp: „Ansonsten könnten die Streckmittel nämlich auch dort zugesetzt werden. Wenn wir staatliche Kontrollen haben, können wir dem entgegenwirken.“