Statt Zeitschriften oder Kaugummis erhalten Patienten an diesem Kiosk medizinische Beratung und Vermittlungen zu Fachärzten. Das ist das Konzept des neuen Gesundheitskiosks in Essen – ein umstrittenes Angebot.

Statt Zeitschriften oder Kaugummis erhalten Patienten an diesem Kiosk medizinische Beratung und Vermittlungen zu Fachärzten. Das ist das Konzept des neuen Gesundheitskiosks in Essen – ein umstrittenes Angebot.

Wer bei diesem Kiosk in der Schlange steht will wohl keine Zeitung kaufen. Stattdessen möchte er vielleicht wissen, an welchen Facharzt er sich mit seinen Leiden wenden kann. Oder er braucht einen Tipp zu seiner Ernährung. Vielleicht hat er aber auch eine allgemeine Frage zu unserem Gesundheitssystem.
Seit Mitte April stehen die Türen des Gesundheitskiosks in der Alten Badeanstalt Altenessen offen. Er soll eine Anlaufstelle in allen Gesundheitsfragen sein. Medizinisch geschultes Personal steht Bürgern als „Gesundheitslotsen“ zur Seite und begleitet sie auf ihrem Weg zu einer geeigneten Behandlung. Unter Essens Bürgern stößt der Kiosk jedoch auch auf viel Kritik.

Gesundheitskiosk als Reaktion auf Krankenhausschließungen

Ende 2020 wurden sowohl das Marienhospital in Altenessen, sowie auch das St. Vincenz Krankenhaus in Stoppenberg geschlossen. Um die Gesundheitsversorgung im Essener Norden trotzdem sicherzustellen, eröffnete die Trägergesellschaft für Gesundheit Essen nun den ersten von zwei Gesundheitskiosken. Was das ist? Im Gesundheitswesen ausgebildete Mitarbeiter unterstützen Patienten in allen Fragen zur Gesundheitsförderung und Prävention. Die Leistungen umfassen außerdem psychosoziale Beratung, Pflege- und Angehörigenberatung und Familiengesundheit wie zum Beispiel Schwangerschaftsberatung oder Vorsorgekontrollen. Zusätzlich vermitteln die Mitarbeiter des Gesundheitskiosks Patienten an Fachärzte, Selbsthilfegruppen oder Hilfseinrichtungen. Die Mitarbeiter können dabei auch auf Arabisch, Polnisch, Russisch, Englisch oder Französisch durch das teilweise verwirrende Gesundheitssystem helfen. Eine Behandlung vor Ort erfolgt allerdings nicht.

Wenn man keinen Strom hat, braucht man keine Energiesparberatung

„Das ist, als würde man Leuten die Stromzufuhr abklemmen und ihnen stattdessen eine Energiesparberatung anbieten“, sagt Hans Peter Leymann-Kurtz zum Gesundheitskiosk von der Bürgerinitiative Krankenhausentscheid Essen. Die Bürgerinitiative kritisiert den Gesundheitskiosk. Sie sieht die Notfallversorgung im Norden von Essen durch die geschlossenen Krankenhäuser in Frage gestellt. Ein Gesundheitskiosk sei zwar ein gutes zusätzliches Angebot, jedoch als Ersatz für die geschlossenen Krankenhäuser nicht genug. Außerdem würde die strukturelle Benachteiligung der nördlichen Bezirke, wo viele Menschen leben, die zu den ärmeren Menschen in Essen zählen, noch verschärft, so Leymann-Kurtz. Deshalb haben sie das Bürgerbegehren „Krankenhausentscheid Essen“ initiiert und fordern eine neue Klinik in öffentlicher Hand.

Ein Kiosk mit Brückenfunktion

Ein Ersatz für die geschlossenen Krankenhäuser kann und soll der Gesundheitskiosk aber auch nicht sein, sagen die Initiatoren. Sie wollen zu einer besseren Gesundheitsversorgung von Menschen beitragen, die mit dem Gesundheitssystem nicht vertraut sind oder sprachliche Verständigungsschwierigkeiten haben, erklärt Tanja Rutkowski von der Caritas SKF Essen: „Der Gesundheitskiosk hat eine Brückenfunktion, die rein medizinische Einrichtungen nicht übernehmen können: Neben der medizinischen Beratung ist er auch mit sozialen Einrichtungen vernetzt und bildet so eine Schnittstelle zwischen medizinischen und sozialen Themen“.

Notwendigkeit zeigt sich bereits

Nach dem Soft Opening Mitte April haben laut Tanja Rutkowski bereits erste Beratungen stattgefunden, bei denen sich die Notwendigkeit der Unterstützung deutlich gezeigt hätte. Nun ist der Kiosk auch offiziell eröffnet. Tanja Rutkowski hofft, dass Essener Bürger nun vermehrt auf das Angebot aufmerksam werden.

Von Finja Greiving

Fotos: Eigene (Finja Greiving)