Karen Jericho hat es sich mit ihrer Tochter Monika zur Lebensaufgabe gemacht, Tiere zu versorgen, die andere aufgeben. Ihr Ziel ist es den Tieren auf dem Gnadenhof das bestmögliche Zuhause zu bieten.

Von Joyce Noll

An diesem Montagmittag scheint die Sonne auf dem Gnadenhof, dazu ist es schwül. Später soll es noch regnen. Das Grundstück befindet sich in Wattenscheid inmitten einer Wohnsiedlung. Er ist sogar etwas versteckt, wenn man nicht weiß, dass es ihn gibt. Denn in dieser Wohnsiedlung in Wattenscheid deutet auf den ersten Blick nichts auf einen Hof für Tiere hin. Doch einmal angekommen, riecht es nach Heu und erweckt den Eindruck eines Bauernhofes. Bevor es zu den Ställen der Tiere geht, erstreckt sich eine idyllische Grünfläche auf dem Grundstück. Mitten in der Stadt fühlt es sich wie Urlaub auf dem Bauernhof an. So als hätte jemand den Alltag kurz auf Pause gedrückt. Doch auf dem Hof sind ehrenamtliche Mitarbeiterinnen bei der Arbeit. Die Idylle existiert nicht von allein. Der Pferdemist muss entsorgt werden und die Tiere gefüttert.

Der Alltag auf dem Gnadenhof
An diesem Tag kümmern sich zwei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen darum und eine Studentin Alina, die Sozialstunden absolvieren muss. Julia, eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, ist gerade dabei Pferdeäpfel mit einem Besen weg zu fegen. Dabei sagt sie: ,,Für mich ist die Arbeit auf dem Gnadenhof eine Abwechslung zu meinem Leben als Mutter.‘‘
Monika die Tochter von Karen Jericho sattelt in Reiterkleidung ein Pferd. Denn es ist wichtig die Pferde in Bewegung zu halten, indem sie regelmäßig geritten werden. Sie selbst hat wie ihre Mutter Karen jahrelange Reiterfahrung. Außerdem hat sie für den Gnadenhof eine Ausbildung als Pferdephysiotherapeutin und Pferde Osteopathin gemacht. Das verhilft ihr zum Beispiel dazu, auf Pferde mit Fehlstellungen richtig einzugehen und sie zu trainieren. Doch heute macht sie dies nicht. Damit die Mähne eines Pferdes nicht verfilzt, flechtet sie einem Pferd Zöpfe mit Alina. Sie haben Spaß dabei und lachen.

,,Auf einmal hatten wir sechs Ziegen‘‘. Diesen Satz sagt die 59-jährige Karen Jericho, als sei es das Normalste auf der Welt. Vor sechs Jahren entschied sie sich dazu Pferde aufzunehmen, die sonst geschlachtet worden wären. Zunächst tat sie dies privat. Inzwischen leben auf dem Hof auch Gänse, Katzen und Ziegen. Der Gnadenhof ist heute ein offiziell eingetragener Verein Karen Jericho schaut danach, dass alles auf dem Hof seine Ordnung hat. Außer ihres Bürojobs am Vormittag widmet Karen Jericho ihre Zeit fast ausschließlich dem Gnadenhof. So auch an diesem Montag im Mai. ,,Es gibt keinen Tag in der Woche, an dem ich nicht da bin‘‘ erzählt sie stolz. Wenn die Tiere versorgt sind, kümmert sie sich abends um organisatorische Arbeiten des Gnadenhofs. Außerdem stellt sie selbst Salben für Tiere her, die sie verkauft, wenn es die Zeit zulässt.

Gnade nicht nur für Tiere
,,Bethel hat abgesagt für heute“, sagt sie. Es soll später noch regnen. Bethel ist eine Stiftung für Behinderte. Von dieser Stiftung aus kommt normalerweise jeden Montag eine Gruppe behinderter Menschen auf den Gnadenhof. Der Umgang mit den Tieren soll ihnen helfen mehr Selbstvertrauen zu entwickeln und Abwechslung bieten. Das bedeutet Karen Jericho und ihre Mitarbeiterinnen müssen Empathie und Feingefühl anwenden. In diesem Fall nicht nur für die Tiere. Gleichzeitig ist dieser wöchentliche Termin auch eine wichtige Einnahmequelle für den Gnadenhof.
Sie selbst sagt es sei nicht einfach den Gnadenhof zu finanzieren trotz dieser Aktionen. Menschen würden eher an große Organisationen spenden wie den Tierschutz oder aktuell in die Ukraine. Ursache dafür ist, dass die Berichterstattung darüber viel größer ist. Aus diesem Grund sind kostenpflichtige Angebot wichtig. Zum Beispiel wird das Reiten der Pferde für Kinder ab 2,5 Jahren angeboten.

Liebe und Geduld sind gefragt
Es ist schon ein Wunder, dass dies problemlos möglich ist. Manche der Tiere auf dem Hof galten am Anfang als unberechenbar, insbesondere die Pferde. Auf dem Gnadenhof sagen gibt es dazu die Meinung folgende Meinung: ,,Durch die Ruhe und den liebevollen Umgang, den sie bei uns erfahren, gelingt es uns oft, diese traumatisierten Seelen so aufzubauen, dass sie wieder Vertrauen zu einem Menschen fassen können.“ Das erfordert vor allem viel Geduld. Als das hellbraune Pony Krümel auf der Weide einen Stuhl umstößt schimpft Karen Jericho liebevoll:,, Ach Krümel, hör auf damit.“
Das war noch harmlos im Vergleich zu anderen Ereignissen. Ein Pferd hat sich gegenüber einem Tierarzt so aggressiv verhalten, dass es nicht mehr behandelt wird. Karen Jericho erzählt davon, dass ihre Tochter Monika nun selbst lernt, wie man den Tieren Spritzen gibt. Ihnen beiden liegen die Tiere sehr am Herzen. Sie sind beide Herzensmenschen. Manche würden sagen sie haben ein Helfersyndrom. Sie können nämlich von der Arbeit auf dem Gnadenhof nicht leben. Sie haben sich dazu entschieden ihr Leben den Tieren zu widmen und hat darin ihren Lebenssinn gefunden.