Von Celine Gouveia Pereira
Ira (20) und Jonas (24) sind in Gelsenkirchen geboren und hier zur Schule gegangen. Auch nach ihrem Schulabschluss 2021 haben sich die beiden dafür entschieden, in Gelsenkirchen zu bleiben und hier an der Westfälischen Hochschule (WH) in Buer zu studieren. Wie viele andere Gelsenkirchener jedoch kannten die beiden die Hochschule zu Schulzeiten noch gar nicht.
So nah und doch so fern
Jonas wohnt nur knapp zehn Fußminuten von der Westfälischen Hochschule entfernt. Als der Bueraner 2021 sein Fachabitur macht, weiß er jedoch noch gar nicht, dass das große graue Gebäude wenige Straßen weiter eine Hochschule ist.
Vor vier Jahren ist er sogar regelmäßig zum Basketballspielen hergekommen. „Ich dachte, das wäre ein Gebäudeteil vom Berufskolleg nebenan“, erklärt er. „In der Schule war die WH nie Gesprächsthema. Es wurden eher Berufsfelder wie die Polizei oder die Feuerwehr vorgestellt“. Nach dem Abitur entdeckt Jonas ein Plakat der WH und beginnt, sich zu informieren. Der Studiengang Journalismus und PR (JPR) überzeugt ihn schließlich von der unscheinbaren Hochschule nebenan.
Jonas ist einer von rund 4450 Studierenden, die im Wintersemester 21/22 an der WH in Gelsenkirchen eingeschrieben sind. Eine offizielle Statistik, wie viele der Studierende tatsächlich aus Gelsenkirchen kommen, hat die Pressestelle der Hochschule nicht. Jonas fällt auf: aus seinem Semester sind die meisten erst für das Studium nach Gelsenkirchen gezogen oder wohnen in umliegenden Städten. Auch im vierten Semester des Studiengangs JPR treffen auf ca. 85 Studierende aus anderen Städten nur eine Hand voll gebürtiger Gelsenkirchener. Wie sieht es mit den Abiturienten und ihren Studienplänen in diesem Jahr aus?
Ira von Kiedrowski und Jonas Sasse an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.
Kein „Studentenfeeling“ in Buer
Lisann ist 19 Jahre alt und hat in diesem Jahr ihr Abitur gemacht. Die Gelsenkirchenerin ist schon fest entschlossen, wie es in diesem Jahr für sie weiter geht. „Ich bin aktuell auf Wohungssuche in Bochum. Wenn alles gut geht, studiere ich ab Oktober dann Psychologie.“ Dass es nach dem Abitur an die Ruhruniversität geht, war für sie von vornerein klar. „Ich möchte zwar ausziehen, aber so nah wie möglich an meiner Familie bleiben. Da kam dann eigentlich nur Bochum infrage“. Die Westfälische Hochschule in Gelsenkirchen, die von Lisanns bisherigem Wohnort in Bismarck nur rund 12km entfernt ist, ist für sie keine Option. „Die Hochschule in Buer ist ja eher klein und ich glaube, da hat man dann nicht dieses typische Studentenfeeling, mit großen Hörsälen und einer großen Mensa.“
Etwas anders sieht es bei Albian aus. Der Achtzehnjährige aus Essen-Katernberg verbringt durch seinen Freundeskreis viel Zeit in Gelsenkirchen. Bei der Frage, ob die Westfälische Hochschule für ihn als Studienort infrage kommt, wirkt er verblüfft: „Wie? In Gelsenkirchen gibt es doch gar keine Uni!“ Nach dem Abitur möchte er ohnehin erst einmal die neugewonnene Freiheit genießen und nebenbei etwas Geld verdienen.
Miriam aus Ückendorf hat für ihre Zukunft auch andere Pläne, als in der Heimat zu bleiben. „Ich ziehe zum August nach Berlin und studiere dann da, wahrscheinlich Soziale Arbeit. Das Ruhrgebiet hat zwar seinen Charme, aber als Studentenstadt sehe ich Gelsenkirchen jetzt eher nicht.“ Immerhin kennt die Abiturientin die Westfälische Hochschule durch eine Freundin, die dort studiert. Die Hauptstadt entspricht jedoch eher ihren Vorstellungen eines Studenten-Hotspots als der Stadtteil Buer.
WH wirbt über verschiedene Kanäle
Natürlich ist auch der Hochschule selbst aufgefallen, dass bezüglich ihres Bekanntheits- und Beliebtheitsgrades innerhalb der Stadt noch Luft nach oben ist. Was tut sie also, um sich bekannter bei den Menschen zu machen?
Barbara Laaser von der Pressestelle der Westfälischen Hochschule erklärt, dass es schon einige Projekte gibt, die darauf abzielen, die Bekanntheit der WH zu steigern. „Wir sind auf vielen Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok vorhanden. Außerdem werben wir auf Bussen und haben klassische Infobroschüren.“ Auch die Zusammenarbeit mit Berufsberatern der Arbeitsämter und Schulen soll künftig noch intensiviert werden.
„Buer war die richtige Entscheidung“
Für Ira aus Beckhausen hat die Hochschule in der eigenen Stadt ganz klar das Rennen gemacht. Erst wollte sie auch wegziehen, vielleicht nach Hannover. Heute freut sie sich, in der Heimat geblieben zu sein. Allerdings: Auch Ira hat nur durch Eigeninitiative von der Westfälischen Hochschule und ihren Angeboten und Möglichkeiten erfahren, eine Studien- und Berufsberaterin hat sie dabei unterstützt. Heute ist die Zwanzigjährige genau wie Jonas froh darüber, in Gelsenkirchen zu studieren. Und beide finden: Buer war die richtige Entscheidung. Die Hochschule müsste in den Schulen viel bekannter gemacht werden.
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