Die deutsche Regierung will in Zukunft keine Gasdeals mehr mit Russland tätigen. Wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und wegen der dort begangenen Menschenrechtsverletzungen. So weit, so gut; doch mitten in der Weltmeisterschaft bei dem sich Deutschland so tolerant positioniert, wurde ein Gasdeal über 15 Jahre geschlossen, mit eben dem Emirat, welches wir ebenfalls wegen der dort begangenen Menschenrechtsverletzungen kritisieren.

Ein Kommentar von: Jan Assenkamp

Falsche Signale der Tugend

Während der Weltmeisterschaft nutzten viele Politiker die Chance, ihr hochmoralisches Gemüt zu kühlen. Man wollte unter anderem mit der „One-Love“- Binde ein Zeichen gegen Intoleranz und Menschenrechtsverletzungen in Katar setzen. Frei nach dem Motto: „Hauptsache man zeigt allen Menschen wie tolerant man doch ist“- perfektes Virtue Signalling. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, welcher im Frühjahr noch nach Katar gereist war um sich für einen Gasdeal zu verbeugen, spuckte im ZDF bei Markus Lanz noch große Töne. Er würde es ja darauf ankommen lassen und die „One-Love“-Kapitänsbinde trotz des Verbots der Fifa tragen. Kurz später preist Habeck dann den Gasdeal mit dem Emirat als „super“. Es ist alles andere als „super“ Staaten scheinheilig die Füße zu küssen, welche genauso wie Russland Menschenrechtsverletzungen begehen.

Das kleinere Übel

15 Jahre lang sollen 2 Millionen Tonnen Flüssiggas an den deutschen Gasterminals ankommen. Das entspricht 2,8 Milliarden Kubikmeter Gas – die Nord-Stream- Pipeline brachte 59,2 Milliarden Kubikmeter. Mit dem Gasdeal können allerdings nur drei Prozent des Gasbedarfs bedeckt werden, also deutlich weniger als die bis zu 55% Gas aus Russland. In der Gasfrage scheint Katar im Vergleich zu Russland aktuell das kleinere Übel, begehen die Russen ja auch die scheinbar „größeren“ Verbrechen. Schwierige Thematik. Moral lässt sich schwer gegeneinander ausspielen. Es wäre vielleicht ratsam, wenn einige Politiker und auch Bürger eventuell etwas weniger laut ihre Moral durch scheinheilige Toleranzbekundungen bereinigen wollen. Im Endeffekt lässt es diejenigen wie beispielweise Habeck in ein schlechtes Licht rücken und es dient lediglich zur eigenen seelischen Beweihräucherung. Am Ende bleibt der fade Beigeschmack, doch vielleicht kriegen wir ja alle eine tolle „One-Love“-Binde gratis zum Gasdeal dazu.