Peter Hackfort ist Milch und Getreidebauer in der sechsten Generation. Doch an diesem Tag ist er weder wie üblich beim Kühe füttern noch auf dem Feld anzutreffen. Stattdessen demonstriert er heute gegen kürzlich gestrichene Subventionen. Doch tut er dies nicht nur für sich selbst, sondern für uns alle, wie er betont.
Eine Reportage von Diandra Brentrup
Die Sonne steht noch tief. Der Parkplatz an der Anholter Schweiz in Isselburg würde normalerweise noch lange in ruhiger Dunkelheit liegen. Heute ist der beschneite Asphalt aber hell erleuchtet, während ein motorisches Surren die Atmosphäre durchzieht. Mit Bannern und Plakaten geschmückt, warten 150 Traktoren, Autos und Laster mit ihren Besitzern auf den Beginn der Demonstration gegen die Subventionskürzungen der Ampelregierung. Die Besitzer der Fahrzeuge sind in ihren dicken Jacken und Schals eingewickelt um sich vor der Kälte zu schützen.
Inmitten all dieser Fahrzeuge steht Peter Hackfort, ein großer, blonder Mann in schwarzer Jacke und schwarzer Mütze, darunter freundliche blaue Augen. An seinem linken Arm trägt er eine weiße Binde, auf der „Orga“ steht. Orga, das steht für Organisation. Immer wieder kommen neue Fahrzeuge die Straße zum Treffpunkt herunter, ruhig aber bestimmt weist Peter den Fahrern ihren Parkplatz zu. Kleine Gruppen von Menschen stehen zusammen, Neuankömmlinge werden lachend begrüßt, man kennt sich. „Es sind viel mehr als ursprünglich angekündigt“, ruft Peter Hackfort grinsend auf dem Weg zu einer Gruppe Motorradpolizisten, die die Demonstration heute begleiten sollen. Sie reichen sich die Hände, führen ein lockeres Gespräch, tauschen Nummern aus, für den Fall, dass Rücksprache gehalten werden muss.
Symbolik auf Rädern
Geplant ist, dass der Konvoi aus Fahrzeugen sich um neun Uhr in Bewegung setzt und dann durch Bocholt bis nach Rhede fährt. Nach einer kurzen Begrüßung von Peter und den anderen Organisatoren und dem Hinweis auf gesponserte Brötchen und Getränke setzen sich alle in Bewegung.
Peter fädelt sich mit seinem ausrangiertem gelben Postauto in die Karawane ein, vor und hinter sich große Traktoren mit Plakaten, die meisten von ihnen mit einer gemalten Ampel, mit einem dicken roten Strich versehen, als Symbol für die aktuelle Regierung. Die Regierung die Subventionen der Landwirtschaft nun streichen wollen. „Diese Änderungen haben das Fass einfach zum Überlaufen gebracht“, meint Peter Hackfort und schüttelt dabei den Kopf.
„Vertuschen können wir nichts“
Immer wieder fährt Peter aus der Kolonne raus um die Straße zu blockieren, damit keine fremden PKWs sich einreihen. „ Deswegen bin ich auch heute nicht mit dem Trecker unterwegs, so bin ich einfach flexibler“, merkt Peter an.
Immer wieder gibt das in der Mittelkosole liegende Walkie-Talkie Störgeräusche mit einer kurz darauf folgenden Nachricht der anderen Organisatoren von sich.
Kurz vor Bocholt ist der Konvoi aber zu lang, um eine Verbindung herzustellen, und er muss auf das Handy zurückgreifen. „Es müssten jetzt so um die 7 Kilometer sein, wir sind insgesamt ca. 300“, berichtet Peter seiner Lebensgefährtin am Handy und grinst. Man hört den Stolz aus seiner Stimme. „Normalerweise würde ich den Tag jetzt mit Hofarbeit oder Feldpflege verbringen“. Jetzt gerade steht der Betrieb aber still. Auch die Büroarbeit bleibe heute liegen. Und genau die ist einer der Punkte, die Peter Hackfort kritisiert. „Der Bürokratiewahnsinn ist einfach zu viel, ich verbringe fast mehr Zeit im Büro als auf dem Feld. Der Staat kontrolliert einfach alles. Unsere Felder werden per Drohnen und GPS ganz genau beobachtet und gemessen, die schauen ganz genau ob wir auch ja alles richtig machen.“
Auch Vorortkontrollen sind keine Seltenheit, jedes Jahr seien es so um die zwei. „Vertuschen können wir nichts, wollen wir ja auch nicht. Wir müssen das einfach über uns ergehen lassen.“
Solidarität am Straßenrand
„Die deutschen Standards und Anforderungen sind einfach hoch. Viele von uns sind in Millionenhöhe verschuldet, weil wir immer wieder umbauen müssen, wenn die Regierung wieder neue Regelungen für unseren Viehbetrieb rausgibt. Noch so ein Fakt: Keiner spricht über die steigende Suizidrate in der Landwirtschaft, sind ja nur Bauern. Aber hinter uns steht ja eine Geschichte, oft von Generationen, aber sehen möchte da keiner. Und die Regierung macht es uns immer schwerer.
Man hat das Gefühl, dass da die Wertschätzung und das Verständnis total fehlen“ erzählt Peter . Heute aber fährt er mit seinem ausrangiertem Postauto an Menschen vorbei die klatschen oder den Daumen in die Luft recken. Immer wieder hupen die anderen Demonstrationsteilnehmer in ihren Fahrzeugen, manche haben sogar kleine Melodien. „Das alle hier gibt einfach ein gutes Gefühl. Und das ist genau das, was wir mit dieser Sache heute erreichen wollen. Einen Zusammenhalt in der Bevölkerung und im Mittelstand. Natürlich stehen wir auch für unsere Sache auf der Straße, wie mehr Planungssicherheit, aber letztendlich machen wir es doch für alle. Unsere Arbeit muss einfach honoriert werden.“
Kurz vor Rhede verlässt er den Konvoi, er muss schon mal zum Endpunkt der Demonstration, um da alles für den Abschluss der Demo vorzubereiten. „Für alle gibt es nachher noch Würstchen und Brötchen, bei den vielen Teilnehmern gibt es aber wohl für jeden nur ein Würstchen,“ sagt er und lacht.
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