Der Mindestlohn ist Anfang des Jahres auf 12,41 Euro gestiegen. Trotzdem gehen Menschen mit Behinderung weiter leer aus, der niedrige Lohn hat aber einen berechtigten Grund. Bei der geleisteten Arbeit geht es um Beschäftigung und Teilhabe, nicht um den Lohn. Deswegen ist es falsch, den Berufsalltag mit den in anderen Unternehmen zu vergleichen.
Ein Kommentar von Philippa Baltronat
Rund 310 000 Angestellte arbeiten in Deutschland in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Dabei liegt der durchschnittliche Lohn bei gerade mal 1,35 Euro die Stunde. Bei der Arbeit in Werkstätten geht es vor allem darum, Abwechslung zu schaffen und Menschen mit Behinderung zu fördern.
Lohn ist nicht alles
Richtig ist, dass Angestellte in Werkstätten für behinderte Menschen für ihre meist eher eintönige Arbeit gerade mal einen Monatslohn um die 250 Euro erhalten. Dazu kommt, dass sie keine Betriebsräte und kein Streikrecht haben, bei dem Sie einen höheren Lohn einfordern können.
Aber die Arbeiter müssen nicht von diesem kleinen Lohn allein leben. Neben dem Lohn der Werkstatt erhalten Menschen mit Behinderung Grundsicherung und nach 20 Arbeitsjahren zusätzlich Erwerbsunfähigkeitsrente. Zudem erhalten die Eltern von Kindern mit Behinderungen auch über das 25. Lebensjahr weiterhin Kindergeld.
Jan Rohen aus Hagen zum Beispiel gilt selbst als schwerbehindert und arbeitet schon seit 25 Jahren in einer Werkstatt. Der 61-Jährige ist sehr zufrieden mit seiner Arbeitsstelle: „Ich komme gut mit dem Geld aus. Am liebsten kaufe ich mir davon Knabberzeug.“ In seinem Wohnheim legen seine Pfleger jeden Monat etwas von seinem Geld für Anschaffungen zurück.
Im Mittelpunkt stehen die Förderungen
Es ist klar, dass die Werkstatt mit der Arbeit der Angestellten mit Behinderung Profit macht. Deswegen scheint die vergleichsweise niedrige Entlohnung nicht gerechtfertigt.
Aber Werkstätten sind dazu verpflichtet, 70 Prozent des erwirtschafteten Umsatzes an die Werkstattbeschäftigten auszuzahlen. Das restliche Geld wird als Rücklage zunächst einbehalten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. sagt dazu: „Nicht das wirtschaftliche Ergebnis steht bei der Werkstattleistung im Vordergrund, sondern die berufliche Qualifizierung durch individuell angepasste Arbeit und Beschäftigung sowie arbeitsbegleitende Förder-, Bildungs- und Therapiemaßnahmen.“
Abwechslung für den Alltag
Es ist richtig, dass die Arbeit in Werkstätten oft eher monoton und einseitig ist.
Aber für Jan Rohen bedeutet die Arbeit, unter Freunde zu gehen und sich zu beschäftigen. Sein Vater, der sich mit ihm den Namen Jan Rohen teilt, ist glücklich über die Beschäftigung. „Wenn er nicht zur Arbeit geht, macht er meist nichts und bleibt nur zu Hause. Die Arbeit ist eine gute Abwechslung.“ Werkstätten für behinderte Menschen haben gar nicht den Anspruch, eine volle Arbeitsstelle zu ersetzen. Bei der Arbeit geht es vielmehr darum, Menschen mit Behinderung sinnvoll zu beschäftigen und sie somit zu fördern und einzubeziehen. Für Jan Rohen neigt sich die Arbeit in seiner Werkstatt dem Ende zu. Im Herbst geht er in seine wohlverdiente Rente. Dabei wird seine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Altersrente aufgestockt, damit ist er auch für die Zukunft abgesichert.
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