Ab Februar sollen in Dänemark nahezu alle Corona-Maßnahmen aufgehoben werden, obwohl das Land noch immer hohe Inzidenzen zu verzeichnen hat. Dieser Schritt der Politik ist eindeutig nicht angebracht, sendet falsche Signale und könnte auch für Deutschland unangenehme Folgen haben.
Kommentar von Pia Böckendorf
„Wir sagen ‚Auf Wiedersehen‘ zu Einschränkungen und ‚Hallo‘ zu dem Leben, das wir vor Corona kannten“. Mit diesem Satz verkündete die dänische Ministerpräsidentin Mette Fredriksen am Mittwoch den Freedom Day: Die Aufhebung fast aller Corona-Maßnahmen. Für viele Menschen heißt das: Durchatmen, und zwar mal wieder ohne Maske. Mit Blick auf die Inzidenz wird jedoch klar, dass manchem immer noch die Luft ausgeht. Die Inzidenz lag noch am Freitag bei 5.327,2. Bleiben sollen vorerst eine Testpflicht für einige Einreisende sowie nicht verpflichtende Empfehlungen zu Tests und anderen Vorsichtsmaßnahmen. Das ist absolut zu wenig. Zudem soll Corona ab dem 5. Februar nicht mehr als gesellschaftlich kritische Krankheit eingestuft werden. In Anbetracht der Todesfälle mehr als fragwürdig.
Dieses Vorhaben ist in einer solchen Zeit einfach nicht richtig. Es stimmt, dass Dänemark, auch im Vergleich zu Deutschland eine hohe Impfquote nachzuweisen hat. Mehr als 80 Prozent der Bürger sind bereits einmal geimpft, mehr als 60 sogar geboostert. Jedoch belegen gerade die hohen Inzidenzen, dass die Gefahr der Pandemie noch nicht gebannt ist. Als einen weiteren Grund, den Freedom Day zu vollziehen, nannte die dänische Regierung, den im Schnitt eher milden Verlauf der Omikron-Variante, die sich gerade in Dänemark früh und schnell durchsetzte. Das mag zwar richtig sein, allerdings darf nicht vergessen werden, dass auch andere Mutationen des Virus noch im Umlauf sind. Und wie wir uns alle erinnern, war erst Delta das Problem, dann Omikron usw.. Wer kann garantieren, dass die nächste Variante nicht schon in den Startlöchern steht?
Außerdem: Was ist mit Menschen, die sich nicht impfen lassen können? Für diese besteht durch den Covid-Virus eine generelle große Gefährdung. Diese wird dadurch, dass im ganzen Land die Masken fallen, Clubs öffnen und oben ohne gefeiert wird, sicherlich noch größer. Impfgegner und Corona-Leugner auszuschließen, die selbst wählten, sich nicht impfen zu lassen, ist die eine Sache. Bürger, die darüber keine Entscheidungsmacht haben, sogar willentlich zu gefährden – das ist geradezu moralisch verwerflich. Und auch wenn jedem klar ist, dass es „irgendwann ja mal weitergehen muss“, ist das sicherlich noch nicht jetzt. Omikron existiert und auch wenn es bei der breiten Masse eher mildere Verläufe sind, fallen infizierte Menschen aus, können nicht arbeiten. Wichtige Berufe müssen warten, zum Leid der gesamten Bevölkerung.
Richtig ist auch, dass die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen in Dänemark auf einem niedrigen Niveau ist. Doch ein großer Grund dafür sind die bisher vorgeschriebenen Maßnahmen. Wenn das ganze Land wieder in großen Gruppen zusammenkommt, wird es hier und da mit Sicherheit schwere Verläufe geben, die auf den Intensivstationen behandelt werden müssen. Und schon ist das Problem wieder da.
In Deutschland lehnte die Bundesregierung einen solchen Freedom Day bislang ab. Doch trotzdem werden wir als Nachbarn Dänemarks radikale Folgen dieser Entscheidung merken. Sobald die Maßnahmen in anderen Ländern gelockert werden, werden auch hier Stimmen von Querdenkern, Impfgegnern lauter. Mit einem Freedom Day spielt die Regierung in Dänemark ihnen voll und ganz in die Hände. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt, durch den Freedom Day haben Corona-Leugner hier jedoch ein Argument mehr. Insgesamt ist die dänische Regierung mit diesem Vorhaben einfach zu früh, zu positiv, letztlich zu naiv. Die Impfquote mag hoch sein, die Verläufe milder, trotzdem: Corona ist noch nicht besiegt. Immer noch sterben Menschen und immer noch sollte man sich um Solidarität bemühen. Also: Masken wieder auf und noch ein paar Monate warten, wenn die Impfquote noch besser ist.
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