Nach dem Abbruch der Sondierungsgespräche am vergangenen Sonntag heizt sich die Debatte rund um die Liberalen immer weiter auf. Der Vorwurf: fehlende Kompromissbereitschaft und die etwaige Selbstdarstellung des Parteichefs Christian Lindner. Schon im Wahlkampf kam es immer wieder zu Kritik rund um die Strategie und Positionierung des 38-jährigen auf Plakaten, in Talkshows und bei weiteren Auftritten.
Doch ist die klare Linie Lindners nicht der Mut, den die aktuelle Politik derzeit braucht?

Eine Partei, die dafür abgestraft wird, zu ihren klaren parteilichen Linien zu stehen ist doch genau das, was in Zeiten von Populismus das Vertrauen der Wähler erschüttert. Beschämend und enttäuschend wäre es vielmehr geworden, wenn die FDP wieder eine Koalition eingegangen wäre, in der sie die Interessen und Forderungen ihrer Wähler nicht hätte durchsetzen können.
Koalition heißt zwar „Kompromiss“, doch in Punkten der Zuwanderung und Finanzen kann man diesen nicht schließen, ohne gegen seine Überzeugungen zu agieren. Daher ist die Entscheidung nicht nur mutig, sondern ebenso richtig.

Rückgrat, für die eigenen Überzeugungen einzustehen

Der genaue Blick auf die Situation der vergangenen Wochen zeigt liberale Weitsicht, Mut und Verantwortung. Ein anderes Resultat als der Abbruch der Verhandlungen wäre bei dem letzten Stand weder akzeptabel, noch verantwortungsvoll gewesen. Zu differenziert sind die Parteiprogramme der vier Sondierungspartner.
Ein Beispiel: Das Auto ist eine lang ersparte Investition, die viel Zeit und Arbeit mit sich trägt. Wenn ich weiß, dass ich den Wagen vier Jahre fahren muss und schon nach wenigen Wochen merke, dass so viel Sand im Getriebe ist, dass es schon jetzt hörbar knirscht, ist die Lösung denkbar einfach.

Verantwortung zu zeigen ist nicht beliebt, populär oder einfach – weder bei der Rückgabe eines Autos, noch bei dem Rückzug aus Sondierungsgesprächen. Doch der verantwortungslose Gebrauch der Freiheit ist Egoismus auf Kosten Dritter.