Erik Leicht, 24, ist Schiedsrichter. Allen Negativ-Schlagzeilen zum Trotz übt er sein Hobby auch gerne jedes Wochenende aufs Neue und das schon seit sechs Jahren. Erik, der es sogar schon auf das Cover eines beliebten Amateur-Fußballmagazins geschafft hat, erklärt uns, warum er die Schiedsrichterei liebt, was sein schlimmstes Erlebnis war und wie er mit kritischen Situationen umgeht.
Erik, jede Woche aufs Neue stehen neue Gewaltausbrüche von den Amateurfußballplätzen in den Zeitungen. Warum tust du dir das an?
Es macht mir Spaß und ich gehe da gerne hin. Wenn man von den ganzen Tumulten auf den anderen Plätzen und in den anderen Verbänden liest, wird einem schon manchmal komisch. Aber ich lasse mich da nicht unterkriegen.
Was war denn das Schlimmste, was du bisher selber erlebt hast?
Bisher ist alles, was mir passiert ist, nur verbal gewesen. Auch extrem unter die Gürtellinie. Aber ich kenne das mittlerweile alles schon. Das geht links rein und rechts wieder raus. Mir kam einmal ein Spieler nach dem Spiel sehr nah und hat mir mit vielen Handbewegungen zu verstehen gegeben, dass er mich nicht mag. Ein Zuschauer und ein Schiedsrichterkollege, der zufällig da war, haben dann dafür gesorgt, dass nichts Schlimmes passiert.
Was ging dir damals durch den Kopf?
An sich ist das schon komisch. Man sieht, wie er da mit rotem Kopf auf einen zugerannt kommt. Man versucht dann den schnellsten Weg aus dieser Situation zu finden, indem man zur gegnerischen Trainerbank geht, wo dann auch Zuschauer dazwischen gehen könnte oder indem man einfach die Beine in die Hand nimmt und Richtung Kabine rennt. Reden bringt in den Extremsituationen meist nichts mehr, weil man im Regelfall die Argumentation verliert und der andere sehr laut wird. Nach außen hin darf man sich jedoch nichts anmerken lassen, weil es sonst heißt, dass ich alles mit mir machen lasse. Das ist schwierig.
Was war denn damals der Auslöser für diese Situation?
Das war ganz banal. Es ging um einen Einwurf, den ich aber der anderen Mannschaft gegeben habe. Da hat er den Ball auf den Boden geschmissen und mich beschimpft. Ich habe ihm daraufhin die Rote Karte gezeigt. Auf dem Weg in Richtung Kabine hatte er mich dann abgefangen.
Wie bist du danach mit den Geschehnissen umgegangen?
Ich habe gelernt, das auszublenden. Wenn ich ins Auto einsteige, ist das meistens schon abgehakt. Ich bin in die Kabine gegangen, habe mich geduscht und dort schon überlegt, was ich in den Spielbericht schreibe. Ein paar Wochen später ging es halt noch einmal zur Spruchkammer, also so etwas wie dem Sportgericht für den Amateurfußball, aber da entschuldigen sich die Spieler meist, weil sie entweder eingesehen haben, dass sie Mist gebaut haben oder der Verein das ihnen eintrichtert, damit die Sperre oder die Geldstrafe nicht so hoch ausfällt. Vor zwei Monaten habe ich diesen Spieler bei einem Freundschaftsspiel gepfiffen, da war alles normal.
Solche Fälle sind auch nicht der Regelfall, oder?
Ich sage mal, in 99 Prozent der Seniorenspiele musst du dir etwas anhören. Da ist eigentlich immer irgendwer dabei, der 30 Jahre Libero in der Kreisliga gespielt hat und deswegen mehr Ahnung hätte. Bei Jugendspielen ist das meist etwas weniger, außer vielleicht in den höheren Spielklassen. Aber wie gesagt, körperliche Gewalt oder solche Situationen sind mir noch nicht so oft passiert.
Wie bist du überhaupt zur Schiedsrichterei gekommen?
Ganz ehrlich? Als Schüler habe ich das gemacht wegen des Geldes. Da sind etwa 20 Euro pro Spiel auch viel. Und irgendwie fand ich Schiedsrichter bei den Spielen schon immer cool. Mittlerweile ist das anders. Das ist einfach eine tolle Gemeinschaft mit vielen netten Kollegen. Wir machen auch gerne mal außerhalb des Platzes etwas miteinander und ich habe dort auch ein paar Freunde gefunden. Ansonsten kommt man ja auch viel herum, trifft viele Leute und man hält sich fit.
Wie oft passiert es, dass du auf der Straße von Spielern, die du mal gepfiffen hast angesprochen wirst?
Ich mache das jetzt seit sechs Jahren und da kam das noch nicht so oft vor. Meistens sprechen sie mich dann mit „Herr Schiedsrichter“ an und erzählen, wie ich sie da und da gepfiffen hätte. Wenn ich sie erkenne, dann meist aus einem schlechten Grund, dann verneine ich das. Mit Leuten, die mir gut in Erinnerung geblieben sind, plaudere ich dann auch gerne mal.
Wie viel Aufwand ist mit diesem Hobby verbunden?
Das kommt drauf an, wie viel man macht. Es gibt durchaus die Möglichkeit unter der Woche einige Spiele zu pfeifen oder aber auch samstags oder sonntags zwei. Es sollte einem nur bewusst sein, dass man dann vom Sonntag außer ausschlafen nichts mehr hat. Vorbereitung, Spielzeit, An- und Abfahrt – da kommt schon etwas zusammen. Bei Landesliga-Spielen treffen wir uns mit dem Gespann meist um zwölf und sind dann so um 19 Uhr erst wieder zuhause.
Wie lange willst du das noch machen?
Stand jetzt: Bis ich umfalle.
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