Für sein ausgeprägtes Studentenleben ist Gelsenkirchen deutschlandweit nicht bekannt. Gut 4000 Studierende sind an der Westfälischen Hochschule eingeschrieben. Viele von ihnen kommen mit Vorurteilen in die Stadt. Bei einigen sind diese jedoch so groß, dass sie gar nicht erst nach Gelsenkirchen ziehen. Wir haben mit einer Studentin gesprochen, die es gar in ein anderes Bundesland gezogen hat.
Nicht jeder lernt, Gelsenkirchen zu lieben. Laura Krabsch studiert Journalismus und PR an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Für sie kam es jedoch nie in Frage, in die Stadt zu ziehen und auch ihre erste Wahl war die WH nicht, jedoch blieb ihr quasi nichts anderes übrig: „Ich wollte unbedingt JPR studieren. Meine Entscheidung hat nichts mit der Stadt, sondern nur mit dem Studiengang zu tun. Sonst hätte ich mich niemals für Gelsenkirchen entschieden.“
Die 24-Jährige aus Kreuzberg (Wipperfürth) hat allerlei Vorurteile gegenüber ihrer Hochschulstadt. „Das meiste sind voll die Klischees, aber ich komme vom Dorf und hier wird der Ruhrpott als dreckig und asozial angesehen“, erklärt sie. Außerdem ist sie unter BVB-Fans aufgewachsen, nicht gerade die beste Voraussetzung. Bedarf, den Klischees auf den Grund zu gehen, hat sie nicht: „Dafür interessiert mich die Stadt einfach zu wenig. Außerdem findet mein Leben auch ganz woanders statt.“
Studentin zieht der Freunde wegen nach Trier
Für Laura war schnell klar, dass sie nicht im Ruhrgebiet leben wollte. Statt nach Gelsenkirchen zog sie allerdings ins 250 Kilometer entfernte Trier. Doch wieso gleich so weit weg? Die Studentin erklärt, dass sie gerne von Zuhause ausziehen wollte und in die Stadt an der Mosel zog, da dort viele ihrer guten Freunde wohnen. Auch die Corona-Situation spielte eine große Rolle, da ihr Studium die ersten beiden Semester rein digital stattfand. In Trier fand sie durch ihre Freunde trotz dessen schnell Anschluss, was in Gelsenkirchen wohlmöglich zu Beginn schwierig hätte werden können.
Lieber drei Stunden Fahrt als Gelsenkirchen
Dafür nimmt sie einen weiten Weg zur Hochschule in Kauf. Drei Stunden Fahrt muss Laura pro Strecke einplanen. Doch nicht nur zeitlich, sondern auch finanziell ist die Pendelei mit viel Aufwand verbunden. „Klar, Autofahren ist total teuer. Ich fahre zum Tanken meistens nach Luxemburg, das dauert von mir aus nur 15 Minuten. In Trier ist der Sprit extrem teuer, in Luxemburg teils 20 Cent günstiger“, erklärt die Studentin. Damit sie die Route nicht alltäglich bewältigen muss, hat Laura ihren Stundenplan so geplant, dass sie nur einmal in der Woche vor Ort sein muss. Pro Woche kostet sie dies eine komplette Tankfüllung, das heißt 60-80 Euro. „Ich weiß, dass es viel ist, aber ansonsten fahre ich in Trier kaum Auto.“
An einem Unitag steht Laura um fünf Uhr morgens auf, um kurz vor sechs fährt sie los. „Gegen neuen Uhr bin ich dann in Gelsenkirchen, um zehn Uhr fängt die Vorlesung an. Dienstagmorgens ist zum Glück nicht so viel Stau. Abends sieht das dann ein bisschen anders aus“, sagte sie. Die Fahrt vertreibt sie sich mit lauter Musik und dem Aufregen über andere Autofahrer, auch ein Energydrink darf nicht fehlen.
Auch wenn es eine freiwillige Entscheidung ihrerseits ist, wirkt sich der lange Weg nochmal negativ auf ihre Sicht auf Gelsenkirchen aus: „Da es für mich mit viel Aufwand verbunden ist, bin ich nicht so gerne da. Wenn es nicht so viel Fahrerei wäre, wäre es vielleicht auch ein bisschen angenehmer für mich.“
FreundInnen und KommilitonInnen haben sich mittlerweile dran gewöhnt
Und was sagen Lauras FreundInnen und KommilitonInnen dazu, dass sie so weit weg von ihrer Hochschule wohnt? „Dadurch, dass ich sofort wusste, dass ich nach Trier ziehen werde, habe ich nicht so die krassen Connections an der Hochschule. Ich glaube, die Leute, mit denen ich was zu tun habe, die haben sich damit abgefunden. Die neuen Leute, die ich in Trier kennengelernt habe, finden es ein bisschen witzig und crazy. Aber es kamen nicht so die krassen Reaktionen, einfach weil es von Anfang an so war. Klar kommt oft die Frage, ob ich nicht nach Gelsenkirchen ziehen will, aber dann sage ich „nein“ und dann hat es sich auch erledigt“, erzählt die 24-Jährige.
An ihrer Sicht auf Gelsenkirchen hat sich seit Beginn des Präsenzunterrichts indes nichts geändert. „Die Hochschulumgebung und Buer sind ganz okay und es gibt bestimmt auch schöne Orte, aber vom Durchfahren her hat sich da nichts verändert. Wirklich mögen tue ich die Stadt nicht“, sagt Laura, „Aber ich lebe ja nicht dort, da ist es ein bisschen schwierig zu beurteilen.“
„Ich fühle mich hier einfach wohl“Und was macht Trier jetzt besser als Gelsenkirchen? Laura fällt es leicht, diese Frage zu beantworten: „Trier ist einfach schön. Klar, man muss es mögen, aber ich bin letztens nach der Arbeit an der Mosel und an Weinbergen vorbei und es war einfach schön. Auch die Innenstadt gefällt mir total, die Natur ist wunderschön. Außerdem ist hier immer was los. Klar, es ist nicht Köln, aber ich habe das Gefühl, dass hier immer was geht. Man kann hier echt gut in Ruhe irgendwo chillen, aber auch Highlife haben.“ Auch, dass man super schnell in Luxemburg ist, gefällt Laura. „Ich kann gar nicht genau sagen, das ist die eine Sache, die es besser macht als Gelsenkirchen. Ich fühle mich hier einfach rundum sehr wohl und deswegen kommt es für mich nicht in Frage, nach Gelsenkirchen zu ziehen. Das hängt auch sehr mit den Leuten zusammen, die es hier schön machen.“
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