Umstrittene Polizeieinsätze, Rassismus und diskriminierende Vorfälle – die Menschen in der Dortmunder Nordstadt haben kein Vertrauen mehr zur Polizei. Wie kann sie das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen?
Von Chimène Goudjinou
Der Tod des sechzehnjährigen Jungen Mouhamed Lamine Dramé löste vielfach Empörung bei der breiten Bevölkerung aus. Zudem haben viele Menschen den Polizeieinsatz – in dem es zu seinem Tod kam – als unverhältnismäßig wahrgenommen. Der Aktivist William Dountio (34) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Antworten auf die Fragen der Bevölkerung zu finden. Dountio ist Mitbegründer des Bündnisses „Solidaritätskreis Mouhamed“.
Das Bündnis organisiert Kundgebungen und Demonstrationen gegen Polizeigewalt. Außerdem halten sie die Menschen auf den sozialen Netzwerken auf den neusten Stand der Entwicklungen des Polizeieinsatzes.
Umstrittene Polizeieinsätze in der Nordstadt
Dountio lebt in der Nordstadt. „Hier fahren sehr viele Polizeiwagen und oft eskalieren hier Situationen schnell“, sagt er. Auch er war schon Zeuge und Opfer bei umstrittenen Polizeieinsätzen. Dountio war bei Situationen dabei, in denen die Polizei ihm oder Freunden nicht zugehört und die Kommunikation nicht zugelassen hat, erzählt er.
„Situationen, wo wir wirklich auf eine sehr brutale Art und Weise – ich und zwei Freunde – auf den Boden gedrückt wurden. Mit sehr lebensgefährlichen Methoden. Mit dem Knie auf dem Nacken, den Händen auf dem Rücken, obwohl man selbst nicht gewalttätig war “, erzählt Dountio. Die Polizei Dortmund möchte sich zu diesem Einsatz nicht äußern. Deswegen können wir an dieser Stelle nicht überprüfen, ob es sich so zugetragen hat.
Die Menschen denken oft, dass tragische Polizeieinsätze wie der vom 8. August 2022 an der Polizei kalt vorbeigehen. Doch herrsche große Betroffenheit in der Behörde, versichert Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange bei einer Podiumsdiskussion am 28. Oktober 2022 zu „Polizeigewalt und Rassismus im System?“.
Ohne institutionelle Reform kein Vertrauen
Die Polizisten nehmen an Fortbildungen zu Alltagsrassismus teil. Dort sollen sie für Rassismus sensibilisiert werden und sich selbst reflektieren. Bei der Bürgersprechstunde „Talk with a cop“ reden die Polizisten bei einer Tasse Tee mit den Menschen. So soll eine Vertrauensbasis aufgebaut werden.
Doch sei es nicht genug. „Ohne eine institutionelle Reform kann man das Vertrauen nicht zurückgewinnen. Nutzen Sie Ihre Macht“, appelliert Rassismusforscher Prof. Dr. Karim Fereidooni. Er verweist auf Dänemark, wo es für objektive Ermittlungen eine unabhängige Polizeibehörde gibt. Darauf stellt Lange die Frage: „Was kann eine örtliche Polizei fundamental verändern?“ Doch wirft er auch ein: „Alles was uns hilft ist gut.“ Außerdem brauche man mehr Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten, die mit geringem Aufwand in Anspruch genommen werden können, sagt Dr. Elizabeth Beloe, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Netzwerke von Migrant:innenorganisationen (NeMO). Doch möchte die Polizei mit „Talk with a cop“ genau das erreichen. Die Polizei soll Ansprechpartner werden, nach dem Motto „Wenn ich ein Problem habe, kann ich zur Polizei gehen.“ Polizeipräsident Lange ist optimistisch: „Wir brauchen das Vertrauen in jedem Teil der Bevölkerung. Wenn es nicht erreicht wird, werden die Anstrengungen gemacht.“
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