Wer bisher Lebensmittel durch Containern „gerettet“ hat, hat sich damit strafbar gemacht. Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir fordern, dass das Mitnehmen von Lebensmitteln aus dem Abfall von Supermärkten legal werden soll.
Von Demet Sürmeli
„Containern“ – so nennt sich das Mitnehmen aussortierter Lebensmittel aus Supermarkt Mülltonnen. In der deutschen Politik kommt erneut die Diskussion auf, ob das bald legalisiert werden soll. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) werben für einen Vorschlag des Hamburger Senats aus dem Jahre 2021. Dieser verfolgt das Ziel, das Straf- und Bußgeldverfahren zu ändern. Demnach sollen Menschen nur noch bestraft werden, wenn sie beim Containern Hausfriedensbruch begehen.
„Hier können auch die Bundesländer einen konkreten Beitrag leisten“, sagte Özdemir und fordert Hilfe bei dem Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Laut Bundeslandwirtschaftsministeriums entstehen sieben Prozent der Lebensmittelabfälle im Handel – meistens, weil die Lebensmittel nicht verkauft werden. Insgesamt sind es rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel, die in Deutschland jährlich im Müll landen.
Entlastung in schweren Zeiten
Diese Forderung hat in den letzten Monaten an Bedeutung gewonnen, da immer mehr Menschen wegen der wirtschaftlichen Situation auf das Containern angewiesen sind.
Darüber hinaus werden immer mehr Lebensmittel weggeworfen, obwohl sie noch verzehrfähig sind. „Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne dabei eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, dann muss das nach meiner Meinung nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden“, so Bundesjustizminister Buschmann. Basti H. aus Bochum geht regelmäßig containern: „Auch wenn ich mir meinen Wocheneinkauf leisten könnte, kann ich nicht mit ansehen, dass so viel verschwendet wird“. Lebensmittel aus Containern zu retten, zählt zurzeit noch als Diebstahl.
Gegen die Entkriminalisierung
Supermärkte und Discounter versuchen, das Containern größtenteils zu unterbinden. Bei aussortierten Lebensmitteln werden die Verpackungen zerstört, der Müll wird durchmischt oder die Container hinter Zäunen und mit Schlössern gesichert.
Zu groß ist das Risiko, dass Personen an verdorbenen Lebensmitteln erkranken – denn dafür werden die Händler verantwortlich gemacht.
Die meisten Händler sind grundsätzlich gegen das Containern. Sie wollen, dass Kunden bei ihnen einkaufen, anstatt die Waren aus dem Müll zu holen, ohne sie zu bezahlen.
Andere machen es vor
Im Nachbarland Frankreich sind Supermärkte ab einer Größe von 400 Quadratmetern seit 2016 dazu verpflichtet, Hilfsorganisationen mit den Lebensmitteln zu unterstützen, die sie nicht verkauft haben. Sind diese nicht mehr essbar, werden sie der Landwirtschaft als Kompost oder zur Tiermittelproduktion weitergegeben.
Auch Tschechien hat eine Lösung für die Lebensmittelverschwendung gefunden: unverkaufte Lebensmittel müssen an Wohltätigkeitsorganisationen gespendet werden.
Wie Deutschland zukünftig mit der Lebensmittelverschwendung und dem Containern umgehen wird, ist noch unklar.
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