Ein gewöhnlicher Hof in einer Wohnsiedlung mit drei Garagen. Die Garage ganz links gehört der 22-Jährigen Yassmin Mustafa aus Wanne-Eickel. Wo andere ihr Auto parken, parkt die 1,65m große junge Frau was ganz anderes: Ihr eigenes Parfüm. Die 22-Jährige produziert mit voller Leidenschaft ihre eigenen Düfte, die sie online an die Frau und den Mann bringt.
Von Jana Theus
Als sich das große, weiße Garagentor öffnet und Yassmin das Licht einschaltet, ist zu spüren, wie viel Liebe in der vorerst unscheinbaren Garage steckt: Sie ist auch Yassmins persönlicher Arbeitsplatz. Dieser ist voll mit Parfümölen, Fläschchen, Verpackungsmaterialien, Aufklebern und Gerüchen. Alle Materialien sind ordentlich in mehreren Regalen sortiert. Die Düfte nach Sorte, die Verpackungsmaterialien nach Größe. Neben den Regalen befindet sich ein Packtisch. Er dient zum Verpacken der einzelnen Parfum-Bestellungen.
Anders als beim Betreten eines Parfümladens, erschlägt der Duft einen nicht. Die Garage ist umhüllt von exotischen, blumigen und holzigen Düften, die angenehm den gesamten Raum einnehmen. Dank einer kleinen Heizung ist die Garage nicht kalt. Auch nicht im Winter. Die Temperatur ist angenehm mild. Die Jacken müssen nicht an bleiben. Für diese ist eine kleine Garderobe in einer Ecke vorhanden.
Kein herkömmliches Parfum
Yassmin hat die Garage, die direkt neben ihrer Wohnung ist, für ihre Arbeit angemietet. In der Garage produziert, verpackt und verschickt sie ihre eigenen Düfte. Die 22-Jährige verkauft nicht nur das herkömmliche Sprühparfum, was in jeder Drogerie zu erhalten ist. Sie hat sich auf etwas ganz Spezielles fokussiert: Parfümöle. Parfümöle machen in Parfümen die Haltbarkeit und den Duft aus. Das heißt, sie sind intensiver und langanhaltender: „Somit ist Parfümöl die beste Methode für die, die den ganzen Tag intensiv nach ihren Lieblingsduft riechen wollen“, erklärt die 22-Jährige. Sie holt ein kleines Fläschchen aus einem der Regale, nimmt den Deckel ab und rollt die kleine Kugel, die an der Spitze des Fläschchens ist, über ihr Handgelenk. Yassmin führt ihre Hand zu ihrer Nase, schließt die Augen und riecht: „Ich liebe die verschiedenen Duftkombinationen und was man alles damit machen kann.“
Unterstützung der Familie
Ihre Leidenschaft hat Yassmin schon früh entdeckt: „Ich war schon immer sehr interessiert an Düften und habe eine Parfümsammlung gehabt“, so die 22-Jährige. Der Grund dafür war ihre Mutter. Durch sie ist Yassmin auf Parfümöle gestoßen. Ihre Familie stammt aus Syrien: „Da es in Syrien und generell im arabischen Raum sehr beliebt ist Parfümöl aufzutragen, hat meine Mama mir das dann so präsentiert. Seitdem ist meine Leidenschaft sehr hoch.“ Wenn sie von ihrer Familie erzählt strahlen ihre braunen Augen.
Die Familie von Yassmin spielte generell eine sehr wichtige Rolle für ihre Selbständigkeit. Um sich ihrem eigenen online-shop, zu bauen und zu lernen, wie man Kunden gewinnt, machte sie ein Coaching mit: „Dafür hatte ich damals 3000 Euro bezahlt, was sehr viel war für eine, die die gerade erst mit ihrem Abitur durch war. Mein Papa unterstützte mich dabei“, so Yassmin.
Aller Anfang ist schwer
Wenn sie in ihrer Garage ist, ist sie in ihrer eigenen Welt. Wenn sie ihre Bestellungen einpackt, ist ihr Stolz zu spüren.
Gerade der Anfang war für Yassmin schwer, da Parfümöle in Europa noch nicht so bekannt sind wie im arabischen Raum. „Ich musste also einen Kundenstammbaum aufbauen, der überzeugt ist von meinem Produkt“, erklärt Mustafa. Und das war zu Beginn schwer: „Es kamen anfangs gar keine Bestellungen rein, bis die ersten es testeten und total überzeugt waren“. Mittlerweile hat sie sich eine feste Stammkundschaft aufgebaut, die alle von ihren Ölen überzeugt sind.
Und von diesen kommen regelmäßig Bestellungen rein, die die 22-Jährige verpackt und verschickt.
Sie setzt sich an ihren Packtisch, streift sich ihre braunen Haare hinter die Ohren und klappt ihren Laptop auf. Sie schaut sich die neuen Bestellungen an und beginnt zu packen.
Einpacken mit Liebe
Für das Jahr 2023 plant Yassmin eine Vergrößerung ihrer Firma. Aktuell helfen ihr oft Familienmitglieder und Freunde bei Bestellungen.
„Ich arbeite eigentlich komplett allein, kriege aber immer Unterstützung, wenn ich zum Beispiel in der Uni bin. Dann packt mein kleiner Bruder die Pakete und schickt diese auch raus“, erzählt Yassmin. Denn neben ihrer Selbstständigkeit studiert sie noch Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule in Bochum. Darum ist sie umso dankbarer für die Unterstützung ihrer Familie.
Die Pakete, die gepackt werden, haben je nach Bestellung verschiedene Größen. Die kleinen, schlicht-orientalisch designten Duftfläschchen ebenfalls.
Yassmin verpackt am meisten den Duft „Rouge“. Der Duft ist holzig angenehm. Ein Duft für jeden Tag. Die junge Frau setzt sich an ihren Packtisch und faltet einen der Zahlreichen Pappkartons zusammen. Im Karton legt sie das Fläschchen auf graues Papier für eine schönere Optik. Hinzu kommen noch graues Füllmaterial, ein Samt-Säckchen und eine Dankeskarte. Alles griffbereit in der Nähe des Packtisches.
Mehr als 60 Düfte
Neben „Rouge“ hat sie noch gut 60 weitere Düfte. Yassmin erstellt ihre Düfte mithilfe einer Internetseite. Auf dieser Seite werden die verschiedenen Duftnoten angegeben, aus denen Parfüme zusammengesetzt werden. „Dort kannst du alles über jeden Duft herausfinden. Ich arbeite dann mit den gegebenen Noten und habe am Ende nach mehreren Anläufen fast identisch das von mir erwünschte Parfüm“, so Yassmin „das hat mir ein Parfümölhersteller gezeigt. Mittlerweile stelle ich sie nicht mehr selbst her, sondern gebe ihm Aufträge mit Parfümlisten, die er herstellen soll. Da es für mich zeit-technisch nicht mehr passt durch die Uni und alles andere.“
Kaffee befreit die Nase
Nachdem sie das Päckchen verschlossen hat, klebt sie den Versandsticker auf und bringt es zur Post. Auch hier helfen ihr gerne mal Familienmitglieder.
Doch wenn man den ganzen Tag von Düften umgeben ist, hat man schon mal die Nase voll davon. Auch hier weiß Yassmin sich zu helfen Sie holt eine mittelgroße-Dose mit Kaffeepulver aus einem Regal hervor, öffnet den Deckel und riecht mehrfach intensiv an dem braunen Pulver.
„Meine Nase befreie ich immer mit Kaffee, wenn ich zu viel geschnüffelt habe“, erklärt sie „das empfehle ich auch allen, die mal hier hinkommen.“
Auch wenn sich das Garagentor abends schließt, schließt sich nicht Yassmins Leidenschaft: „Ich ´vergesse´ gerne mal meine Jacke in der Garage. Der Duft haftet sich direkt an einen.“ So ist es auch an diesem Tag. Sie verlässt ohne ihre Jacke die Garage und geht nach Hause. Der Weg ist zum Glück nicht weit, ihre Wohnung ist direkt nebenan.
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