Laut Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend lebt jeder fünfte Senior unterhalb der Armutsgrenze. Die Inflation und die damit steigenden Lebensmittelpreise bereiten vielen älteren Menschen große Sorgen. Verzicht und eine sparsame Lebensweise stehen nun auf der Tagesordnung.
Von Jan Assenkamp und Marvin Haas
Einkaufen mit mehr Bewusstsein
Auch die Seniorin Christa Nickel bekommt die teuren Preise zu spüren: „Man bekommt schon manchmal einen Schreck, wie teuer alles geworden ist.“ Vor dem Einkauf macht sie sich immer einen Zettel mit den wichtigsten Lebensmitteln. „Ich überlege, was ich brauche, was ich nicht benötige“. Sie berichtet über ein gesteigertes Bewusstsein während des Wocheneinkaufs.
Anfang 2023 beträgt die Inflationsrate in Deutschland 8,6 Prozent. Eine Entwicklung, die sich auf die Lebensmittelpreise im Supermarkt auswirkt. Zwischen 2000 und 2019 wurde lediglich eine Steigerung von 1,5 Prozent bei den Lebenshaltungskosten festgestellt. Dem gegenüber steht ein Anstieg von 21,1 Prozent im Zeitraum November 2021 bis November 2022.
Containern unter Senioren
Auch, wenn Christa Nickel mehr Geld zu Verfügung steht als manch anderen Senioren, liegt Ihr das Wohl der anderen am Herzen. Denn von Freunden hat die 83-jährige Seniorin aus Siegen erfahren, dass sich der Trend des Containerns auch unter älteren Menschen zeigt. Die Preise sind so gestiegen, dass Senioren sich zu diesem drastischen Schritt gezwungen sehen. Beim Containern plündern Menschen Mülleimer von Supermärkten nach noch essbaren Lebensmitteln. Das ist strafbar! In Deutschland wird aktuell über eine Legalisierung diskutiert.
Sparen ohne Qualitätsverlust
Die Seniorin isst gerne Fleisch und tierische Produkte. An der Qualität möchte die 83-Jährige aber nicht sparen: „Ich esse nicht mehr zweimal die Woche Fleisch, sondern nur noch einmal die Woche.“ Fleisch aus minderwertiger Haltung oder von Tieren, die leiden, lehnt sie ab. „Die artgerechte Haltung spielt eine große Rolle“, so die Seniorin. Stattdessen kommt mehr Gemüse auf den Teller. Für hochwertige tierische Produkte ist nicht genügend Geld da.
Altersarmut nimmt zu
Barbara Eifert von der Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen bestätigt die Tendenz der vielen ökonomisch armen Senioren. Darüber gesprochen wird jedoch nur selten. „Leider lässt sich historisch belegen, dass immer dann, wenn alte Menschen ökonomisch nicht abgesichert waren, Vorstellungen vom Altern negativ waren“, so der Verband.
Fehlendes Interesse der Gesellschaft an den schwächsten Mitgliedern seien ein Grund für diese Wahrnehmung. Auch in der Politik kommen Forderungen nach Unterstützungsmöglichkeiten nicht an: „Bereits vor vielen Jahren haben wir (Landesseniorenvertretung NRW) deutlich auf die Gefahr der wachsenden Altersarmut hingewiesen, leider ohne in der Politik Gehör zu finden.“
Armut kann jeden treffen
Das Problem der Inflation und die damit verbundene Armut liegt jedoch woanders. Ökonomisch schwache Menschen jeden Alters leiden unter der Inflation und steigenden Preisen. Bei Senioren bekommt es die Öffentlichkeit nur seltener mit, wie die Landesseniorenvertretung NRW heraushebt: „Alter ist schon kein beliebtes Thema und die Kombination von Alter und Armut noch weniger.“ Sie fordern eine realitätsnahe Darstellung der finanziellen Situation der Senioren in der Öffentlichkeit.
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