Französische Bulldoggen, englische Bulldoggen, Möpse und mehr. Gerade Hunde mit verkürzten Nasen gelten mittlerweile fast immer als sogenannte Qualzucht. Doch wann Qualzucht anfängt und was alles darunterfällt, ist nicht genau definiert. Generell gilt, wenn aus wirtschaftlichen Gründen die Gesundheit des Tieres in den Hintergrund rückt, handelt es sich in der Regel um Qualzucht.
Von Jana Theus
Gitta Remy und ihre Familie aus dem Kreis Mettmann haben sich vor vielen Jahren für eine der beliebtesten Hunderassen der deutschen entschieden: Die französische Bulldogge. 2009 kauften sie ihre erste Hündin Ella. Zwei Jahre später folgte ein Rüde namens Lenny. Beide Tiere mussten über die Jahre häufig zum Tierarzt.
Die gesundheitlichen Probleme
Gitta Remy ließ ihre Hunde mit ungefähr zwei Jahren am Gaumensegel operieren. Da französische Bulldoggen durch gezielte Zucht eine stark verkürzte Nase haben, ist diese Operation eine der häufigsten Eingriffe für eine bessere Atmung. „Bei Ella wäre es nicht nötig gewesen, aber weil sie gerade an den Mandeln operiert wurde, haben wir den Gaumensegel direkt mit operieren lassen“, so Remy. Gaumensegel sind bei Hunden mit gezüchteter Kurzköpfigkeit (Brachycephalie) häufig zu dick. Da die Luftröhre verhältnismäßig klein ist, kommt es so zur Atemnot und „dem typischen Schnarchen“, wie Tierärztin Nane Schomburg aus Erfurt erklärt. Sie habe täglich mehrfach französische Bulldoggen in der Praxis.
Zucht ist nicht gleich Qualzucht
Diana Obermüller aus Mettmann hat knapp sechs Jahre lang die Hunderasse gezüchtet. Für sie fängt die Qualzucht da an, wenn der Hund beeinträchtigt ist und nicht atmen kann. Bei ihren Welpen habe sie immer auf eine längere Nase geachtet. „Über die Jahre mussten nur zwei der Welpen am Gaumensegel operiert werden“, so die Züchterin.
Bereits bei ihrem ersten Züchterseminar im Jahre 2008, das sie bei dem VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) machte, kamen ihr die Untersuchungen von Seiten des Verbandes zu kurz. Die damaligen Auflagen beinhalteten lediglich eine Untersuchung an der Kniescheibe und an den Augen. Für Diana Obermüller „völliger Schwachsinn“. Bulldoggen müssten an viel mehr Körperstellen untersucht werden.
Mehr als nur Atemprobleme
Auch Tierärztin Nane Schomburg hatte schon mit mehr zu tun als reinen Atemwegserweiterungen. Ihre Patienten seien oft anfällig für Allergien, Bandscheibenvorfälle und Kniescheibenproblemen.
Der Grund für diese Krankheiten ist der Mensch. Die Hunde wurden für das optisch süßere Aussehen über viele Jahre hinweg so gezüchtet, wie die Bundestierärztekammer mitteilt. Der Leidtragende ist hier der Hund.
„Im Optimalfall werden die Rassen irgendwann verboten. Das wird aber noch eine ganze Weile dauern, falls es überhaupt irgendwann mal dazu kommt“, so Schomburg. Bis dahin möchte sie für Aufklärung sorgen, damit die Nachfrage an den Hunden abnimmt.
Rasseverbesserung muss her
Für Züchterin Diana Obermüller ist ein Verbot nicht möglich: „Die Tierärzte sagen auch immer, brachycephale Hunderassen (Hunde mit verkürzter Nase) müssen verboten werden, aber man kann nicht einfach irgendetwas ausrotten“, sagt Obermüller „warum setzt man sich nicht mal mit den großen Vereinen und auch Tierärzten zusammen und bespricht, wie man eine Rasseverbesserung zustande bekommen würde?“
Auch für Gitta Remy steht fest, dass französische Bulldoggen nicht immer nur auf das negative herunterzubrechen sind: „Ich würde mir immer eine französische Bulldogge zulegen, denn der Charakter ist so besonders.“
Doch auch Bulldoggen-Besitzerin Remy sind die Schattenseiten der Zucht bekannt und sie begrüßt es, dass aktuell die Hunde wieder auf ihren Ursprung zurückgezüchtet werden sollen. Früher hatten die Hunde keine eingedrückte Nase und Gelenkprobleme. Für sie hört die Zucht da auf, wo die Qual beginnt.
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