- Cosplay („Costume-Play“) bezeichnet das Hobby, bei dem sich Menschen als fiktive Charaktere Verkleiden und sich so benehmen.
- Der Verkleidungstrend stammt ursprünglich aus Japan und wird hierzulande immer populärer.
- In Düsseldorf findet mit der Dokomi jährlich das größte Cosplayer-Event Deutschlands statt – mit über 50.000 Besuchern
Ein ganz normaler Sonntag in Düsseldorf: Die Sonne scheint, unter angenehmen 24 Grad schlendert eine Familie mit Kindern durch den Nordpark, als ihnen plötzlich Freddie Mercury entgegenläuft. Gleich daneben amüsieren sich Sailor Moon und Super Mario über ein Bild auf dem Handy der Heldin und unweit von ihnen blickt man auf eine ganze Wiese voll mit fantastischen Figuren, als hätte sie jemand aus ihrer fiktiven Welt ins Hier und Jetzt befördert. Aber unter all den bunten und häufig auch aufwändig selbst geschneiderten Kostümen stecken Menschen wie Sebastian. Der 27-jährige Anlagenmechaniker steht mit orangefarbener Perücke und blauem Stirnband bei einer Gruppe Freunden und posiert mit ihnen, als ein Mann mit Kamera um ein Foto bittet.
Final Fantasy, so heißt das Videospiel, aus dem er Wakka cosplayt, einen der Helden. In zwei Wochen intensiver Arbeit hat Sebastian sich das Kostüm beziehungsweise „Cosplay“ selbst genäht. Von Kopf bis Fuß, jedes einzelne Detail muss stimmen. Seit 2014, also seit 5 Jahren, ist er schon in der Cosplay Szene dabei. „Ein ganz so alter Hase bin ich nicht.“, scherzt er. Andere Cosplayer seiner Altersklasse wären teilweise schon seit 8 oder 10 Jahren dabei und hätten schon über 100 Cosplays im Kleiderschrank hängen.
Ein Hobby für Bastler, Nerds und Kreative
Was bewegt eigentlich jemanden ein so außergewöhnliches Hobby zu betreiben, während andere Altersgenossen Fußball oder Tennis spielen oder Spielkarten sammeln?
„Hauptsächlich ist es das Herstellen des Kostüms“, verrät mir Sebastian. „Sich einer neuen Herausforderung stellen zu müssen und immer wieder neue Dinge auszuprobieren. Und das Tollste ist dann am Ende, das fertige Cosplay tragen zu können und zu wissen: Das habe ich gut gemacht.“
Das Nähen hat ihm seine Freundin beigebracht, alles andere kam schließlich von selbst. „Meine Kollegen lachen manchmal über mich: Ein Mechaniker, der näht. Dabei ist Nähen nicht nur etwas für die Mädels. Man lernt Fähigkeiten, die man im Alltag gut gebrauchen kann.“ So konnte er erst letztens eine Hose selbst kürzen, erzählt er stolz.
Teuer, aber immer populärer
Wie viel sein aktuelles Cosplay bisher gekostet hat, möchte er nicht beantworten. „Sagen wir es so, ich versuche nicht mehr zu viel fürs Cosplayen auszugeben. Dieses Hobby ist wirklich alles andere als billig.“ Grob erzählt er, dass Cosplays zwischen 200 Euro bis über Tausend kosten können. Je nach Charakter, Material und wie viel man selbst basteln kann oder sich anfertigen lässt.
Trotz der hohen Kosten steht er mit seinem Hobby nicht allein, der ganze Düsseldorfer Nordpark ist voll mit Cosplayer, aber nicht nur hier. Ich begleite Sebastian zu den Messehallen in denen die Dokomi stattfindet. Eine „Convention“ oder auch Messe, die einmal im Jahr stattfindet und mittlerweile über 50 Tausend Besucher anlockt. In den Hallen stehen dicht an dicht die Messestände mit Kuscheltieren, Mangas und japanischen Kleinigkeiten. Man könnte meinen, man geht durch einen Krimskramsmarkt des Szenenviertels Harajuku.
Community und Spaß ist alles
Dabei interessiert Sebastian das Ganze drum herum nicht wirklich. Seitdem er cosplayt, besucht er jedes Jahr die Dokomi – aber nicht wegen der Messe selbst. „Die Dokomi ist wie ein Familientreffen. Aus ganz Deutschland kommen Menschen hierher und somit trifft man eben auch die Freunde hier, die man das ganze Jahr über sonst nicht sieht.“
So bleiben wir auch nicht lange in den stickigen und beinahe schon überfüllten Messehallen, sondern laufen zurück in den Japangarten. Der „Inoffiziellen Dokomi“, wie sie genannt wird. Und man könnte meinen, dass sich hier draußen wesentlich mehr Cosplayer tummeln als drinnen. Immer wieder werden wir von Passanten mit und ohne Cosplay angehalten, weil sie Sebastians Charakter erkennen und ein Foto haben möchten. Für jedes Einzelne nimmt er sich Zeit, spricht auch kurz mit den Leuten. Beantwortet Fragen zum Kostüm oder diskutiert über die Entwicklung des Charakters im Spiel.
„Solche Momente erinnern einen daran, warum man dieses Cosplay betreibt.“, schwärmt er, bevor Sebastian mir eben auch verrät, was ihn und immer mehr andere wohl bald zum Ende seines Hobbies bringen wird. Oder zumindest zu einem Wechsel. „Mittlerweile geht es Vielen nur noch um den Fame, wie viele Likes man auf Instagram oder Facebook hat und wie viele Leute deinen Namen kennen. Dabei geht es beim Cosplayen darum nicht. Es geht um den Spaß und nicht um Konkurrenz.“ Er selbst habe nicht einmal eine Social Media Cosplay Seite, wie es nahezu jeder Cosplayer mittlerweile hat. „Es geht leider nach und nach dieses Gemeinschaftsgefühl zugrunde und das ist schade.“, bedauert er.
Definitiv kein Karneval
Auf der Dokomi sieht man diese Entwicklung als außenstehende Person noch nicht, es wirkt eher wie eine große Feier, bei der jeder jeden kennt. Ein bisschen wie Karneval, aber ohne die alkoholischen Eskalationen und mit viel mehr atemberaubenden Kostümen. Aber das darf man nicht laut sagen, denn ich habe auch gelernt, dass ganz egal wie man Cosplay beschreiben will, bei dem Wort „Karneval“ hört der Spaß auf.
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