Bildunterschrift: Bereit für den großen Wurf – Julius Pförtner hat in seinem Verein eine eigene Dartabteilung gegründet (Foto: Ben Brossmann)
Früher verpönt, heute voll im Trend: Dart begeistert längst nicht mehr nur Kneipengänger. Julius Pförtner (18) hat den Sport in seinen Verein geholt – und mit über 30 aktiven Mitgliedern einen echten Volltreffer gelandet.
Von Ben Brossmann
Der Pfeil trifft knapp neben die Doppel 10. Julius zuckt mit den Schultern, während sein Teamkollege Nico zielsicher seinen letzten Wurf versenkt. Das Trainingsmatch ist entschieden. Julius nimmt es gelassen, nickt ihm anerkennend zuund schlägt ihn per Handschlag ab. Dann klatscht er in die Hände. „Genug Warm-Up, lasst uns loslegen!“ Seine Mitspieler versammeln sich um ihn – das Training beginnt.
Konzentration und Wettkampffieber
„Schön, dass Ihr alle da seid“, sagt Julius lächelnd und schaut in die Runde. Etwa 20 Leute sind heute beim wöchentlichen Training der SWM Knights in der Marienfelder Turnhalle. In dem großen Raum hängen acht Dartboards, alle perfekt ausgeleuchtet. In der Mitte steht ein Tisch, darauf ein Kasten mit Getränken von Nico – der hatte gestern Geburtstag. Manche trinken Bier, andere Wasser oder Softgetränke. Die Luft ist warm, fast ein wenig stickig, doch das schein hier niemanden zu stören. „Freitag steht Herford an und wir wissen, dass das kein Selbstläufer wird“, fährt Julius fort. Ein paar Spieler nicken – sie kennen die Stärke des Tabellenzweiten ihrer Liga. „Deshalb heute: Viele kurze Matches, hohes Tempo und natürlich voller Fokus. Wir simulieren den Druck vom Spieltag.“ Dann dreht der junge duale Student sich um, nimmt seine Pfeile in die Hand und grinst. „Los geht’s!“
Schnell verteilen sich seine Teamkollegen an die Dartboards. Auch Julius wirft noch einige Male, bevor die ersten Spiele starten. Seine Pfeile fühlen sich angenehm schwer an: Das Metall kühl und griffig, die Spitze scharf wie eine Nadel. Wenn er wirft, sieht das jedes Mal gleich aus. Immer derselbe Stand, immer dieselbe Armbewegung. Die Pfeile fliegen wie an einer Schnur.
Pfeile fliegen seit 2021
Vor gut dreieinhalb Jahren, im Oktober 2021, hat Julius die Dartabteilung ins Leben gerufen – damals mit gerade einmal 16 Jahren. Zu Beginn sei das Training aber noch nicht so gut besucht gewesen. „Knapp 10 Mitglieder hatten wir zu Beginn, die meisten sind bis heute dabei.“ Doch die Abteilung ist gewachsen. Rund 30 Mitglieder spielen mittlerweile regelmäßig mit, erzählt Julius. „Und es kommen immer wieder neue Gesichter dazu!“ Das zeigt sich auch heute. Zwei Jungs kommen durch die Tür, beide etwa Anfang 20. Julius begrüßt sie und drückt ihnen direkt Pfeile in die Hand. „Nur Zuschauen gibt’s bei uns nicht“, erklärt er lachend.
Treffsicher von 18 bis 65
Die ersten Spiele laufen und im Raum herrscht konzentrierte Stille. Nur das dumpfe Klacken der Würfe und die Melodie von Oasis‘ Wonderwall durchbrechen die Ruhe. Ein leichter Geruch von Schweiß mischt sich mit dem herben Duft von Bier und Cola. Julius beobachtet die Partien und spricht leise über sein Team. „Ich finde es einfach stark, wie bunt gemischt wir sind“, sagt er. „Von 16 bis 65 Jahren ist alles dabei, trotzdem ziehen wir alle an einem Strang. Genau das ist es, was Darts für mich ausmacht – dieser Teamgeist, auch wenn es eigentlich ein Einzelsport ist.“
Plötzlich verstummt er mitten im Satz. Am zweiten Board hat Michael nur noch 170 Punkte Rest. Sein erster Dart landet in der Triple 20, der zweite ebenfalls. Jetzt fehlt nur noch das Bullseye in der Mitte für den „Big Fish“, den perfekten Weg das Spiel zu beenden. Michael holt tief Luft, setzt an – und verfehlt um Haaresbreite. Laut fluchend zieht er die Pfeile wieder aus der Scheibe. Julius grinst. „Schade Michi! War nah dran!“ Dann blickt er wieder in den gut gefüllten Raum. „Jedenfalls, was ich sagen wollte: Wir sind einfach eine richtig coole Truppe.“
Dart im Aufwind
Langsam weicht die lockere Trainingsatmosphäre echtem Wettkampffeeling. Immer wieder gibt es auch kleine, spaßhafte Sticheleien zwischen den Spielern. „Klar, wir haben Spaß am Spiel, aber wir wollen uns auch verbessern“, sagt Julius. Mittlerweile stellt der Verein deshalb gleich zwei Teams, die jede Woche in der Liga antreten. Die erste Mannschaft hat in der vergangenen Saison sogar den Aufstieg geschafft und spielt nun in der höchsten Freizeitliga in Ostwestfalen. „Dort weht jetzt aber natürlich ein anderer Wind.“
Dass der Dartsport boomt, ist nicht zu übersehen. „Keine andere Sportart hat in den letzten Jahren so viele neue Spieler dazugewonnen wie der Dartsport“, sagt Julius, während er mittlerweile selbst die Pfeile wirft. Dazu würden große TV-Events wie die Weltmeisterschaft hier ein Millionenpublikum anziehen. Und eben weil so viele Leute interessiert sind und die Einstiegshürden ziemlich niedrig sind, überlege er auch jetzt schon, in der nächsten Saison sogar noch eine dritte Mannschaft an den Start zu bringen.
Die Spannung bleibt
Die letzten Würfe sind gemacht und allmählich verklingt das dumpfe Klacken der Pfeile. Julius zieht seinen letzten Dart aus dem Board, dreht ihn kurz in der Hand und steckt ihn in sein Etui. „Das war stark heute“, sagt er und nickt Nico anerkennend zu. Michael murmelt noch etwas über seinen verpassten Big Fish, doch auch er verlässt die Halle mit einem Grinsen. Die Halle leert sich langsam, doch die Spannung bleibt in er Luft. Dart, das merkt man hier in jeder Sekunde, ist längst mehr als nur ein Kneipensport.
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