- Die A-Junioren des Fußballklubs TSV Meerbusch trainieren seit knapp zwei Wochen unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen, die der DFB im Rahmen des Leitfadens „Zurück auf den Platz“ festgelegt hat.
- Meerbuschs Co-Trainer Marvin Kütter verrät, welche Probleme einerseits dabei auftauchen und was andererseits schon gut funktioniert.
- Für die Spieler ändert sich im Grunde kaum etwas. Die Trainer hingegen haben in puncto Planung einen erheblichen Mehraufwand.
„Jungs, haltet mal mehr Abstand da!“, schreit Marvin Kütter. Danach dreht er sich um und öffnet ein hellgraues Garagentor. Sein Mund und seine Nase sind von einer schneeweißen Maske bedeckt. Marvin betritt den Raum und läuft schnurstracks auf einen Käfig zu, in dem rund 200 Fußbälle eingesperrt sind. Er schlängelt sich an Hütchen, Trittleitern und knallbunten Leibchen vorbei. „Heute machen wir zwei Torschuss-Übungen und am Ende können die Jungs ein bisschen Fußball-Tennis zocken.“ Marvin Kütter ist Co-Trainer der A-Junioren des TSV Meerbusch. Zusammen mit Frank Bories, ebenfalls Co-Trainer, leitet er heute die Einheit.
Es ist 19:15 Uhr. „Wie geht es eigentlich der Maria?“, fragt Marvin. Noch steht er vor einem rot-weißen Flatterband. „Wie soll et der schon gehen. Die liegt im Krankenhaus“, entgegnet ein älterer Mann. Maria ist die Wirtin des Vereinshauses des TSV Meerbusch. Doch nicht nur das. Seitdem der Verein in Teilen der Jugend wieder das Mannschaftstraining aufgenommen hat, ist die Rentnerin auch die Hygienebeauftragte der Bezirkssportanlage in Bösinghoven. Heute ist sie nicht vor Ort. „Die werden wir in diesem Jahr auch nicht mehr wiedersehen“, sagt der Mann und ergänzt: „Die ist hier letzte Woche über eine Tasche gestolpert und hat sich den Oberschenkelhals gebrochen.“ Marvin zündet sich eine Zigarette an und nimmt einen Zug. Beim Ausatmen sagt er: „Ich wollte sie schon anrufen, aber ich schreib ihr lieber nur eine Nachricht.“
Der Moment der Demaskierung
19:28 Uhr. Die ersten Spieler trudeln ein. Alle tragen sie einen Mund- und Nasenschutz. Grund dafür ist ein Leitfadenkonzept des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) mit dem Titel „Zurück auf den Platz“. In einem 16 Seiten langen PDF-Dokument hat der DFB in Zusammenarbeit mit der Politik Corona-Regeln festgelegt. Diese erlauben den Amateur-Fußballvereinen, das Training unter Einhaltung strikter Hygiene-Auflagen wiederaufzunehmen. Das Tragen einer Mund- und Nasenbedeckung beim Betreten der Sportanlage ist so eine Auflage. Auch Anwesenheitslisten müssen regelmäßig geführt werden.
Auf dem Kunstrasenplatz des TSV Meerbusch stehen am Seitenrand drei Bänke. Die Spieler setzen sich hin, wechseln ihr Schuhwerk und demaskieren ihr Gesicht. Auf dem Fußballplatz ist eine Maske für die Trainer und Spieler nicht mehr notwendig. Um 19:34 Uhr versammeln sich alle am Mittelkreis. Marvin richtet ein paar Worte an seine Jungs: „Ich weiß, es ist schwierig, jetzt gerade die Spannung hochzuhalten. Aber die, die hier sind, sind freiwillig hier. Und wenn ihr hier seid, dann gebt auch Gas im Training und habt Spaß.“
„Wir haben einen extremen Mehraufwand, was die Planung anbelangt“
Später erklärt Marvin, dass er selbst aktuell mehr Bespaßer als ein Trainer sei. „Der Wettkampf bleibt komplett aus. Das erschwert die Sache nochmal.“ Für die Spieler ändere sich im Grunde kaum etwas. „Wir als Trainer haben aber einen extremen Mehraufwand, was die Planung anbelangt“, sagt er. „Das Abschlussspiel bleibt beispielsweise komplett weg. Das sind normalerweise knapp 30 Minuten, die fest eingeplant sind. Die müssen wir jetzt noch mit Inhalten füllen. Wir müssen uns noch mehr Gedanken machen, das Training noch detaillierter planen.“
Und auf viele Kleinigkeiten achten, die für die Einhaltung der Hygiene-Regeln von zentraler Bedeutung sind. Es dürfen beispielsweise nicht mehr als fünf Personen an einer Trainingsstation sein. Darüber hinaus muss der Mindestabstand von 1,5 Metern immer eingehalten werden. Auch deswegen muss Marvin seine Spieler immer mal wieder ermahnen: „Jungs, ich habe doch gesagt, mehr Abstand halten. George, sag denen mal bitte, die sollen darauf achten.“
Alles doch ganz normal…?
19:49 Uhr. Nach dem Warmlaufen steht die erste Torschuss-Übung an. Die Spieler werden in Dreiergruppen aufgeteilt. Je zwei Dreiergruppen schießen auf ein Tor. Dann sieht auf einmal alles ganz normal aus. „Geiler Ball! Gutes Ding. Klasse, Junge!“, Marvin pusht seine Spieler. Er applaudiert, gibt Technik-Tipps – aus der Ferne.
20:10 Uhr. Vor dem Meerbuscher Vereinshaus stehen zwei Bänke und ein Holztisch, auf dem ein Aschenbecher und eine Vase mit Löwenzahn stehen. Auf einer der Bänke sitzt eine alte, dünne Frau. Dauerhaft trägt sie einen Mundschutz. Ihr Gesicht ist davon bedeckt. Sie redet nicht viel. Sogar als sie aufsteht, kann man ihre Schritte auf dem steingepflasterten Boden kaum hören. Ihre Haltung ist gebeugt. Sie schnappt sich eine Gießkanne und bewässert die Blumen. Danach verschwindet sie hinter der Backsteinfassade des Vereinshauses. Ist sie Marias Vertretung als Hygienebeauftragte? „Ja, genau. Das ist die Monika“, verrät Marvin später.
Materialien desinfizieren statt Schweiß abduschen
20:42 Uhr. „Okay, Jungs. Feierabend!“ Die Trainingseinheit ist geschafft. Frank Bories schnappt sich die Bälle, ein paar Spieler tragen die Hütchen in den Geräteraum. Eine große Flasche Desinfektionsmittel steht auf einem Holztisch. Marvin zündet sich eine Zigarette an, Frank beträufelt indes mehrere Einwegtücher mit der ethanolhaltigen Mischung und wischt damit über die benutzten Trainingsmaterialien. Danach kommt er aus der Garage und schließt das Tor. Kein Gang in die Kabine, keine Dusche nach dem Sport. Alle Spieler sind inzwischen durch den Hinterausgang gehuscht. Auch Marvin und Frank treten den Heimweg an.
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