Seit Jahren fehlen dem deutschen Amateurfußball die Schiedsrichter. Die Probleme liegen dabei nicht darin, neue Unparteiische zu gewinnen, sondern die zu halten, die bereits den Lehrgang absolviert haben. Das hat Gründe.
Von Dennis Zaremba
Fußball ist die beliebteste Vereinssportart der Deutschen. Zu einem Ligaspiel unter Amateurspielern gehört selbstverständlich auch ein Schiedsrichter. Doch genau dort fehlt es den Verbänden an Personal.
Paul Mittelbach hatte diese Rolle drei Jahre inne. Wie bei vielen seiner Kollegen ging die Lust am Pfeifen schnell verloren. „Es ist einfach unattraktiv. Schlussendlich ist man eigentlich immer der Buhmann“, berichtet der Ex-Schiedsrichter.
Besonders in den unteren Ligen seien die Anfeindungen heftig. „Das ist häufig schon unter der Gürtellinie“, erinnert sich Mittelbach. Dafür sei die Entschädigung von etwa 35€ pro Partie in den unteren Klassen des Seniorenbereichs nicht genügend Motivation.
Nur ein Schiedsrichter pro 158 Spieler
Einer, der den Sprung aus diesen unteren Ligen gemeistert hat, ist Marvin Szlapa. Der 25-Jährige leitet Spiele bis in die Oberliga. Doch auch Szlapa sieht, warum sich einige Kollegen schnell wieder zurückziehen. „Das Problem ist, dass die Erwartungshaltung nicht passt. Da Spielen Fußballer in der Kreisliga, erwarten aber einen Schiedsrichter mit sehr hohem Niveau“, erklärt er.
Die Liebe zum Fußball, die Gemeinschaft unter den Schiedsrichtern und die Chance auf weitere Aufstiege motivieren den Remscheider dranzubleiben. Sein Tipp: „Viel reden und proaktiv agieren, damit es ruhig bleibt. Wenn das nicht funktioniert, muss man mit persönlichen Strafen konsequent werden.“
Szlapa ist damit einer von 44.821 Schiedsrichtern im Deutschen Fußball-Bund (Stand: 2021). Zeitgleich waren über sieben Millionen Spielerinnen und Spieler gemeldet. Auf etwa jeden 158. Fußballer kommt ein Schiedsrichter. Die Zahl der Unparteiischen ist im Vergleich zu 2020 um ganze 14 Prozent gesunken.
Vereine haben großen Anteil an Schiedsrichter-Rückgang
Mohamed Bahaddou ist Schiedsrichter-Ansetzer im Kreis Remscheid. Er teilt die Schiedsrichter zu ihren Spielen ein und weiß, wie schlecht die Lage ist. „Im Seniorenbereich kriegen wir nicht alle Spiele besetzt. Die unterste Spielklasse bekommt kaum Schiris. Ich weiß aus anderen Kreisen, dass es dort ähnlich läuft.“ Die meisten Schiedsrichter könne man nicht länger als eine Saison halten. Für Bahaddou ist klar, dass vor allem die Vereine ihren Teil zu der geringen Attraktivität des Schiedsrichter-Jobs beitragen. „Wir hatten allein in der Hinrunde der laufenden Saison 36 Sportgerichtsverfahren wegen Spielabbrüchen und ähnlichen Fällen“, erklärt er. Diese Zahl müsse sich drastisch lindern, um den Schiedsrichtern wieder Freude am Pfeifen zu bereiten.
Comments are closed