Überfüllte Züge, horrende Reisepreise und stundenlange Verspätung – das Image des Nah- und Fernverkehrs ist seit Jahren angekratzt. Was die Regierung nun dagegen tun möchte.
Seit Jahren wird das Pendeln mit Bus und Bahn immer unattraktiver – schuld sind die stetig steigenden Ticketpreise. Nun soll mit der Einführung eines vergünstigten Tickets ein neuer Anreiz geschaffen werden.
Die Bundesregierung möchte diesem Phänomen nun entgegenwirken. Mit der möglichen Einführung des 9-Euro Tickets ab Juni sollen der Nah-und Fernverkehr in Deutschland wieder attraktiver gemacht werden und mehr Menschen motivieren, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.
Das Ticket soll den Kundinnen und Kunden ermöglichen, für neun Euro im Monat drei Monate lang durch ganz Deutschland fahren zu können – unabhängig davon, ob er oder sie bereits ein Abo bei einer Verkehrsgesellschaft hat oder nicht.
Lisa Wuttke freut sich über die Unterstützung der Bundesregierung. Sie wohnt außerhalb des Kölner Stadtzentrums und hat nun die Möglichkeit, kostengünstig in die Innenstadt zu kommen. „Durch das Ticket kann ich mein Auto stehen lassen und ganz entspannt in die Stadt fahren – bei den Spritpreisen und der Parkplatzsituation in Köln sehe ich es als Segen.
„Das Ticket soll normal in unserer App und an den Automaten verfügbar sein“, erklärt Matthias Pesch, Leiter der Unternehmenskommunikation der Kölner Verkehrsbetriebe.
„Durch die Einführung hoffen wir natürlich, dass wir einige Neukunden dazu gewinnen können und gleichzeitig wieder mehr Menschen animieren, etwas für den Kilmaschutz zu tun.
Nicht alle Pendler sind begeistert
Anders hingegen sieht es Lisa Holtkamp. Die Studentin pendelt jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Oberhausen nach Dortmund.
„Für Studenten gibt es aktuell noch keine einheitliche Regelung, ob wir auch von der Vergünstigung profitieren – das muss jede Universität individuell entscheiden. Ich fühle mich allein gelassen und vor allem benachteiligt“, erzählt sie verständnislos. „Gerade als Student bekommt man schon kaum seine Fixkosten gedeckt. Aufgrund der Inflation wird alles teurer. Ich würde mir wünschen, dass es auch eine einheitliche Lösung für uns Studenten gibt.“
Und auch Matthias Pesch warnt, nicht zu euphorisch zu sein. „Für unsere Abo-Kunden ist es sicherlich ein Bonus ihrer Treue. Aber was passiert nach den drei Monaten? Ohne weitere Unterstützungen der Regierung lassen sich so niedrige Ticketpreise nicht dauerhaft realisieren. Außerdem lässt sich schwer einschätzen, wie gut das Angebot schlussendlich angenommen wird.“
Kurze Umsetzungszeit – große Aufgabe
Aktuell handelt es sich um eine Idee der Bundesregierung, um die Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten. Die Entscheidung soll Ende Mai fallen – bereits ab 01.06 soll das 9-Euro Ticket umgesetzt werden.
„Das stellt die Verkehrsbetriebe vor eine große Aufgabe“ weiß Melanie Schliebener, Leiterin der Schlichtungsstelle Nahverkehr der Verbraucherzentrale NRW. „Die Verkehrsbetriebe müssen bereits jetzt mit den Vorbereitungen für die Umsetzung anfangen, ohne konkret zu wissen, ob die Regierung dem Entwurf tatsächlich zustimmt. Die Umsetzung muss hier sehr schnell erfolgen. Das kann gegebenenfalls auch einen erhöhten Schulungsaufwand für die Verkehrsbetriebe mit sich bringen.“
Pilotprojekt lief gut an
Die Ruhrbahn konnte bereits im Lead-City Projekt „Modellstadt Essen“ Erfahrungen mit der Nachfrage nach vergünstigen Tickets sammeln. So konnten sie durch das Angebot vergünstigter Tickets rund 4.500 Neukunden dazu gewinnen. „Eine seriöse Prognose für das 9-Euro Ticket lässt sich hieraus aber schwer ableiten. Allerdings haben sich bereits über 7.000 Interessierte in unseren Newsletter eingetragen, um Informationen zum neuen 9-Euro Ticket zu erhalten. Das stimmt uns positiv.“ berichtet Simone Klose, eine Sprecherin der Ruhrbahn.
Autor: Mona Gertzen
Bild:pixabay
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