Das Ca ohne Grenzen hilft geflüchteten Frauen, sich in der neuen Heimat Gelsenkirchen zurecht zu finden – Hier wachsen auch viele Freundschaften

Von Svenja Bach

Gruppentreffen des Cafés ohne Grenzen im Kettelerhaus (Foto: Svenja Bach)

Bulmke-Hüllen: Was bedeutet Sexualität für dich? Wie spreche ich mit meinem Kind darüber? Und welche Herausforderungen können mir in einem fremden Land begegnen?  Im Café ohne Grenzen sprechen geflüchtete Mütter und schwangere Frauen über Tabuthemen, aber auch über alltägliche Dinge in Deutschland, welche die Frauen aus ihrer Heimat nicht kennen.

,,Habt ihr eigentlich schon einmal von Rundfunkgebühren gehört“, fragt Beatrix Steinrötter, eine der drei Organisatorinnen des Frauencafés. Einige der Frauen nicken verhalten, andere können mit dem Begriff weniger anfangen. Bei Kaffee und belegten Brötchen werden Erfahrungen ausgetauscht. Die Stimmung ist ausgelassen, denn hier sind die Frauen mit ihren Kindern einfach mal unter sich. ,,Warum muss ich das zahlen“, wird gefragt und ,,Brauche ich das auch wenn ich keinen Fernseher habe“. Die Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer, stehen den aus Syrien, dem Irak und den aus den nordafrikanischen Ländern stammenden Frauen Rede und Antwort.

Ein geschützter Raum zum Reden

,,Die Themen über die wir mit den Müttern sprechen sind sehr vielfältig und richten sich nach den Bedürfnissen der Teilnehmerinnen“, sagt Kirsten Kremer, Leiterin des Frauen Cafés. Bei einigen Inhalten handelt es sich um alltägliche Themen, die das Leben der jungen Mütter in Gelsenkirchen erleichtern sollen. Vielen sei zum Beispiel das System der Vorsorgeuntersuchungen in Deutschland nicht bekannt. Andere Gesprächsthemen sind spezieller, sagt Kremer. Da brauche man manchmal auch eine gute Portion Feinfühligkeit oder auch Fachkräfte aus den verschiedensten Arbeitsbereichen. ,,Das sind dann Themen die in der Welt der Frauen nicht vorkommen.“

Solche Themen sind zum Beispiel die eigene Sexualität oder die Sexualerziehung der Kinder. Über sogenannte Tabuthemen zu sprechen kann sehr schwierig sein. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich, sei es Scham, Hilflosigkeit oder Angst. Oft rührt das Schweigen auch aus patriarchal geprägten Familienstrukturen oder der Rolle der Frau in manchen Kulturen. Jeder kennt ein Thema, über das er nicht gerne spricht. Den Besucherinnen des Frauen Cafés geht es da nicht anders. Dass es sich bei den Anwesenden jedoch ausschließlich um Frauen handelt, verändert einiges, sagt Kremer. ,,Die Frauen wissen, dass sie hier offen über alles sprechen können.“  Durch die lockere Stimmung, die bei der Veranstaltung herrscht, fällt es den Frauen leichter auch Fragen zu stellen, die in ihrer Heimat als Tabuthemen gehandhabt werden.

Auch die Kleinsten sind willkommen

Einzigartig ist das Café vor allem dadurch, dass die Mütter ihre Kinder mitnehmen dürfen.  ,,Viele Frauen können Beratungsangebote oft nicht nutzen weil sie keine Betreuung für ihre Kinder haben“, sagt Safa Mansour, die seit 19 Jahren in Deutschland lebt und im Café als Dolmetscherin fungiert. Viele geflüchtete Frauen verbringen daher viel Zeit zu Hause mit den Kindern und haben kaum die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen oder Sprachkurse zu belegen.

Während am Frühstückstisch beraten wird, sitzt Kirsten Kremer mit mehreren Kindern in einer kleinen Spielecke. Puppen, Bauklötze, Spielautos, für jedes Kind ist etwas dabei. Zwischendurch wird auch mal laut getobt. Manche Kinder sprechen ausschließlich Englisch oder Arabisch. Hier im Café werden sie spielerisch an die deutsche Sprache herangeführt.

Zusammen neue Sprachkenntnisse lernen

Das Café ohne Grenzen ist für viele der Teilnehmerinnen ein Rückzugsort geworden. Zweimal im Monat treffen sich die Frauen im Kettelerhaus im Mühlenfeld 10 um Informationen zu bekommen, die die alltägliche Lebensführung in Deutschland erleichtern.

Die Möglichkeit zu haben, die deutsche Sprache zu hören und zu sprechen, hilft den Frauen sehr, sagt Safa Mansour. Als Mitglied des Integrationsrates der Stadt Gelsenkirchen, weiß sie welche Schwierigkeiten einem in einem fremden Land begegnen können. ,,In Sprachkursen lernt man eher Grammatik und es bleibt nicht genug Zeit um wirklich Deutsch zu sprechen. Hier ist das anders“, sagt Mansour. In freundschaftlicher Atmosphäre werden die Frauen im Café mit der alltäglichen deutschen Sprache in Berührung gebracht und können sie direkt anwenden. Wie schwierig es ist eine neue Sprache kennenzulernen weiß auch Bouchra B., die seit 4 Jahren in Deutschland lebt. ,,Es ist mir schwer gefallen Deutsch zu lernen, da es wegen Corona wenig Kontakt gab.“  Auch das Café ohne Grenzen konnte in dieser Zeit nicht wie gewohnt stattfinden.  Sprachvideos auf YouTube und Sprachlern-Apps haben Bouchra B. jedoch geholfen auch weiterhin an ihren Deutschkenntnissen zu arbeiten. ,,Wir haben auch eine WhatsApp Gruppe für das Café“, erzählt sie. Dort stehen die Frauen untereinander in Kontakt und verabreden sich für gemeinsame Besuche auf Spielplätzen. Das Projekt Café ohne Grenzen, welches 2016 aus der Schwangerschaftsberatungsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SKFM) entstand, konnte schon einige Erfolge erzielen. ,,Wir freuen uns einen Ort geschaffen zu haben, zu den die Frauen gerne zurückkommen und auch mal eine Pause von ihrem Alltag haben können“, sagt Kirsten Kremer. Immer wieder werden auch gemeinsame Unternehmungen wie Zoobesuche oder Aktionen wie das Fahrradfahren zu erlernen angeboten. ,,Das stärkt den Zusammenhalt und hilft den Frauen ihr neues Zuhause besser kennenzulernen und sich wohlzufühlen.“

Kirsten Kremer, Beatrix Steinrötter, Monika Meyer-Overman
Organisatorinnen des Frauencafés. (Foto: Svenja Bach)