Klimaaktivismus ist notwendig— doch wo die Absurdität von Protestaktionen mehr Aufmerksamkeit erlangt als ihre Forderungen, da läuft etwas schief.

Ein Kommentar von Maximiliana Abrahamyan

Dieses Jahr war geprägt von Aktionen der ‚Letzten Generation‘: Klimaaktivisten, die sich auf Autobahnen und Flughäfen festkleben, Gemälde mit Tomatensuppe bewerfen, Gebäude mit Farbe beschmieren und die Luft aus Autoreifen lassen. Die Reaktionen reichen von Zuspruch bis hin zu Terror-Vorwürfen. Im Raum stehen außerdem: Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Nötigung. So bizarr und störend sie auch sind, die Protestaktionen verlaufen friedlich. Sie können aber den Diskurs um Klimaschutz verzerren.

Falsche Debatte

Ziviler Ungehorsam ist für Proteste wichtig und richtig. Man will stören, aufrütteln, zum Nach- und Umdenken anregen. Kontraproduktiv ist aber, wenn die Öffentlichkeit nicht mehr versteht, worum es geht. Kartoffelbrei und Monet? Sekundenkleber und Asphalt? Das schafft Distanz, Verwirrung und Ablehnung.

Die Aktionen der ‚Klima-Kleber‘ lösen Debatten über die Protestkultur aus, anstatt über das Klima. Das liegt an der Art der Proteste, aber zum größten Teil an der Denkweise der Politik. Was im Moment stört und empört— darüber kann man sich aufregen und bequeme Lösungen anbieten, beispielsweise Haftstrafen. Klimawandel dagegen? Ein Problem für später. Skurrile Protestaktionen bieten Angriffsfläche und fördern den Dialog um die Klimakrise nicht konstruktiv.

Wen erreicht das Ganze?

Betroffen sind von den Straßensperrungen und Flugausfällen die ganz normalen Bürger und Bürgerinnen. Verantwortlich für die Versäumnisse ist aber die Politik. Zu erwarten, dass diese Gruppe sich von der Störung des Ottonormal-Alltags zum Handeln bewegen lässt, ist gewagt. Es braucht verstärkt Proteste, bei denen der Blick direkt zur Politik geht, anstatt nur auf ihre Blicke zu hoffen. Die Gefahr von eher nervenden Protestaktionen— die Sache verliert an Ernsthaftigkeit. Wir kennen das Bild des paranoiden bärtigen Mannes, der schreiend mit einem Pappschild vor dem Weltuntergang warnt. Wir wissen auch, dass wir ihn im Vorbeigehen immer wieder ignorieren. Wenn Protestaktionen wie die der ‚Letzten Generation‘ so stark polarisieren, bleibt keine Aufmerksamkeit für das eigentliche Problem: die Klimakrise.