Jan Luysberg führt gemeinsam mit seiner Familie eine traditionelle Metzgerei in Vossenack, einem Dorf in der Nähe von Aachen. Er ist einer der wenigen Menschen, die sich heutzutage noch für die Ausbildung zum Metzger entschieden haben und das seit 1978 über Generationen weitergegebene Traditionshandwerk der Familie weiterführen möchten.
Eine Reportage von Annika Wascher
Wie seit 5 Jahren fast jeden Morgen, betritt der 23-Jährige die Metzgerei noch vor dem Morgengrauen. Er ist der Erste von insgesamt 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Morgen“, begrüßt der Jungmetzger seinen Vater, welcher einige Minuten später, den von Neonröhren beleuchteten Produktionsraum betritt. Bereits um kurz vor sechs Uhr morgens beginnen die beiden Männer schweigend, den Betrieb auf das Tagesgeschäft vorzubereiten. Mit und mit füllt sich die Luft mit dem Geruch nach frischem Fleisch und den Aromen von gebratenen Frikadellen. Die silbernen Arbeitsflächen werden für die spätere Produktion vorbereitet und die Verkaufstheke mit verschiedenen Wurstsorten, zurecht geschnittenem Fleisch und bereits fertig gekochten Gerichten bestückt. Durch die hauseigene Schlachtung und Verarbeitung von regional erworbenen Tieren, wird die gute Qualität von Rinder- und Schweinefleisch, sowie die hochwertige Auswahl an handgefertigten Wurstwaren garantiert. Außerdem bietet der Familienbetrieb auch Fisch, Fertiggerichte und Caterina an.
Tradition und Qualität: Metzgerei mit eigener Schlachtung
Das rhythmische Brummen der Maschinen und geschäftiges Klappern von Messern erfüllen den Raum, während um kurz vor acht Uhr die erste Kundin den Laden betritt. „Tach zusamme“, begrüßt sie die beiden Verkäuferinnen energisch. Ihr Blick gleitet über die Auslage. Hinter großen Glasscheiben liegen von Gehacktem und Geschnetzeltem bis hin zu geräucherten Mettwürsten alle erdenklichen Sorten an Fleischprodukten. „Ich hätt gern ein halbes Pfund Mett und drei Scheiben Fleischwurst“, bestellt die ältere Dame und nimmt sich aus einem der Regale im Verkaufsraum ein Glas: „Außerdem nehm ich noch ein Glas Sülze mit.“ Diese und weitere traditionelle Hausmannskost bietet der Betrieb an. Alles wird frisch produziert, angefangen bei der Schlachtung im angrenzenden Schlachtbetrieb, bis zur Zubereitung von Rouladen in saftiger Sauce.
Vom „kleinen Stöpsel“ zum Meister
Bereits in jungen Jahren lief Jan zwischen den Fleischbänken umher und bekam das Handwerk vorgelebt. Schon zur Schulzeit war klar, dass er den Weg seines Vaters und Großvaters weitergehen würde und so begann er mit 16 Jahren die Ausbildung zum Metzger. Diese beendete er mit 19 und nur ein Jahr später erlangte er in Frankfurt den Titel des Fleischermeisters. „Ich hätte auch alles andere machen können,“ erklärt der heute 23-Jährige: „Aber wenn man da rein geboren wird und es von Kindheit an kennt, hat man eine natürliche Verbundenheit“.
Ein aussterbender Beruf
Dennoch birgt die Entscheidung, eine langjährige Tradition weiterzuführen, auch Risiken. Die Massenproduktion und Billig-Fleischindustrie üben Druck aus: „Es ist eher schwieriger an gutes Fleisch zu kommen, auf dem Land kennt man aber seine Leute,“ berichtet der Metzger. Das eigene Fleisch wird aus der Region erworben und samstags in der hauseigenen Schlachtung von den Fleischermeistern frisch geschlachtet und verarbeitet. Durch die bewusste Auswahl der Tiere und der traditionellen Art zu schlachten kann die Qualität gewährleistet werden. „In den großen Schlachtbetrieben nehmen die Alles und jubeln es unter,“ erklärt Jan. Das spiegelt sich auch in der Kundschaft wider. Die Tendenz der Verkaufszahlen ist eher steigend: “Gerade junge Leute, die merken, dass es doch besser ist als bei Aldi oder Lidl, kommen vermehrt bei uns einkaufen“. Vorerst hat Jan keine Angst, dass sein Handwerk nicht mehr gebraucht wird. „Es muss sowieso jeder essen“, sagt er, während er Weißwürste mit einer Fleischmasse befüllt. Jedoch ist auch ihm und seiner Familie klar, dass die Betriebe immer kleiner werden, bis irgendwann nur noch die Besitzer da sind und die Geschäfte beim Eintritt in die Rente aufgegeben werden.
Billigfleisch: Der Tod des Metzgers?
Am Ende des Arbeitstages reinigt der Jungmetzger wie so oft am Tag den Arbeitsbereich, desinfiziert und schrubbt Böden. Die Anforderungen an Hygiene und die Vorschriften für Schlachtbetriebe sind hoch. Gerade für die kleinen Betriebe ist es schwer, sich gegen die immense Produktion von Billigfleisch durchzusetzen. „Auf der einen Seite ist es einfach, Kunden zu gewinnen, da man mit guter Qualität punkten kann, auf der anderen Seite ist es schwer, die erhöhten Preise schmackhaft zu machen,“ erzählt der Jungmetzger. Sein Blick schweift über die modernen Maschinen im Raum, er guckt fast schon liebevoll. Mit einem Lächeln schließt er die Tür ab, die Gewissheit im Rücken, dass die Zukunft seiner Traditions-Metzgerei zumindest mit ihm als nächster Generation noch gewiss ist.
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