Die COPSY-Studie belegt: Viele Kinder leiden seit Corona unter psychischen Erkrankungen. (Foto:Pixayay)

Konzentrationsprobleme und Lustlosigkeit: Die 10-jährige Hannah leidet unter den Folgen der Corona-Pandemie. Jüngste Ergebnisse der COPSY-Studie (COrona und PSYche) zeigen: Jungen Menschen geht es psychisch schlechter. Experten schlagen Alarm, doch nicht alle nehmen die Probleme ernst.

Ein Bericht von Fiona Kubillus

Die 10-jährige Hannah aus Essen wurde im Jahr 2020, mitten in der Corona-Pandemie, eingeschult. Seitdem kämpft sie mit Lustlosigkeit und Konzentrationsproblemen, die ihren Schulalltag erschweren. Damit steht sie stellvertretend für viele Kinder und Jugendliche, deren psychische Gesundheit seit der Pandemie gelitten hat.

Die COPSY-Studie (COrona und PSYche) ist eine Langzeitstudie, die die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen untersucht. Ihre Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Seit der Pandemie hat sich die psychische Verfassung vieler junger Menschen deutlich verschlechtert. Isolation, geschlossene Schulen und ein erhöhter Medienkonsum haben tiefe Spuren hinterlassen. Immer mehr Kinder und Jugendliche kämpfen mit depressiven Verstimmungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Angststörungen.

Schlechte Noten nach Corona

Für Hannah war der Wechsel von der Kita zur Grundschule nicht einfach. „Die ersten Jahre waren wirklich schlimm. Der Spaß ist an der Schule nie angekommen. Kein Singen, kein Spielen, nur ein Arbeitsblatt nach dem anderen“, sagt Hannahs Mutter Ina. Hannah hat sich viel zurückgezogen und kann sich schlechter konzentrieren. 

Seit 2020 untersucht das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) unter der Leitung von Professorin Ulrike Ravens-Sieberer, wie sich die Pandemie auf die Psyche auswirkt. Im Mittelpunkt stehen Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 17 Jahren. Die neuesten Ergebnisse vom Oktober 2024 zeigen, dass etwa fünf Prozent mehr junge Menschen im Vergleich zum Vorjahr angeben, sich psychisch schlechter zu fühlen. Globale Krisen wie der Krieg in der Ukraine, wirtschaftliche Unsicherheiten und der Klimawandel belasten Junge Menschen ebenfalls. Das zeigt sich auch in den schulischen Leistungen. „Die Kinder haben in den Hauptfächern deutlich schlechter abgeschnitten im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie“, erklärt Herr Franke, ein Lehrer aus Hannahs Schule.

Ein Generationenkonflikt

Während ältere Generationen psychische Belastungen oft als übertrieben oder überpädagogisiert abtun, weist der Sozialpädagoge aus Essen Philip Horstmann auf eine reale Krise hin: „Das können vor allem Eltern oder Großeltern so sehen, die ganz anders mit psychischen Erkrankungen und Traumata umgehen. Früher hat man einfach nicht darüber gesprochen.“

Die Jugendlichen leiden unter einem sogenannten „Weltschmerz“. Zu viele Eindrücke, zu viel Stress und die Angst vor dem Scheitern. Das können ältere Generationen schwer nachvollziehen, erklärt der Sozialpädagoge. Der Leistungsdruck spielt eine große Rolle, wenn es um die mentale Verfassung junger Menschen geht. „Wir heute leben in einer Ellenbogengesellschaft, man stößt andere weg, um selbst besser dazustehen. Das löst bei Jugendlichen Druck aus“, so Horstmann. Und dieser Druck hat nach der Pandemie noch zugenommen.

Der Medienkonsum als giftige Mischung

Hannah fühlt sich in der Schule überfordert und flüchtet sich in ihre eigene Welt. Auch wenn sie nicht viel im Internet unterwegs ist, fällt es ihr schwer, sich vom Fernseher loszureißen. Durch die Isolation während der Corona-Pandemie hat sich bei vielen Jugendlichen eine Medienabhängigkeit entwickelt. „Wenn man zu viele Medien konsumiert, beeinträchtigt das die Neurotransmitter in unserem Gehirn, und die Konzentrationsfähigkeit nimmt ab – besonders in der Pubertät“, sagt die Essener Kinder und Jugendpsychologin Kübra Kececi. Auch der unbedachte Umgang mit digitalen Medien bleibt nicht folgenlos. Jugendliche, die Medien häufig und ohne Reflexion nutzen, haben soziale Rückzugstendenzen und eine verstärkte Anfälligkeit für psychische Probleme.

Hoffnung auf Besserung?

Eine schnelle Lösung für diese Probleme ist nicht in Sicht, doch es gibt Ansätze die helfen können. Laut dem Sozialpädagogen Philip Horstmann spielen Schulen dabei eine wichtige Rolle. Man könne mit mehr psychologischer Unterstützung und zusätzlicher Sozialarbeit einen Unterschied machen. Entscheidend sei, dass Kinder und Jugendliche eine Anlaufstelle haben, der sie vertrauen können.

Auch der Austausch zwischen Eltern, Lehrkräften und Schülern solle verbessert werden, um frühzeitig Probleme zu erkennen und gezielt anzugehen. Eine offenere Kommunikation zwischen Eltern, Schulen und Jugendlichen sei essenziell. Hannah vertraute sich ihrer Mutter an, und gemeinsam suchten sie Hilfe bei einem Psychologen.