Bildunterschrift: Das Regal hat Frank Scholten selbst gebaut. Denn: ,,Wenn Kunden für 100 Euro Spirituosen kaufen, wollen sie die auch ordentlich präsentiert sehen”, sagt er. (Foto: Laurin Büdding)
Frank Scholten ist Marktleiter in einem Supermarkt in Bocholt.Rund 250 Meter weiter ging er früher auf die Hauptschule.Ein Aufstieg, den er mit klarer Kante geschafft hat. Hinter seiner Fassade verbirgt er auch viel Feingefühl und Herzlichkeit.
Von Laurin Büdding
Rund 1,90 Meter groß, blau schimmert die Brille im harten Weiß der Deckenleuchte. Auf seinem Kopf ringen die noch vorhandenen Haarstoppeln mit der Spiegelung des Lichts um Aufmerksamkeit. Ein rötlich-grauer Bart verbinden schmale Lippen und ausgeprägte Wangenknochen. Das ist Frank Scholten, Marktleiter eines Supermarktes in Bocholt.
,,Wie im Ameisenhaufen geht es hier her”, sagt Scholten. So beschreibt er es, wenn jetzt gerade knapp zehn Mitarbeiter zwischen Lager und den ihnen zugewiesenen Regalen pendeln, um neue Waren einzusortieren. Wenn der Marktleiter wieder großen Schrittes zu seiner Getränke- und Spirituosenabteilung hastet, zieht er mit seinen schwarzen Turnschuhen eine leise, doch unüberhörbare Spur hinter sich her.
Große Schritte
Scholten läuft auch schneller als alle anderen im Laden. Mit einem Fuß überspringt er gleich zweieinhalb Fliesen. ,,Für mich sind das hier Peanuts, nachdem ich 18 Jahre lang im Discount gearbeitet habe. Das ist einfach so drin”, sagt Scholten. Seit er 21 Jahre alt ist, arbeitet er als Marktleiter. Vor zwei Jahren verließ Scholten das Discountgeschäft. ,,Hier werde ich hoffentlich in Rente gehen”, sagt er.
Gerade das Miteinander gefällt ihm besser. Ob eine Umarmung mit Inhaberin Tanja Görkes, während sie zusammen den richtigen Wein für einen Präsentkorb aussuchen, oder vorlaute Späße mit dem Angestellten des Getränkemarktes von gegenüber – Scholten scheint sich mit jedem zu verstehen.
Zeit für Privates
Ein besonderes Verhältnis hat Scholten zu Heike Hessling. Das wird klar, wenn sich die beiden zu Kaffee und ,,SmokyJoe” in der dunklen Abfallkammer hinter dem Lager verabreden. Scholten selber raucht nicht. Er lehnt sich an die Restmülltonne und trinkt aus einer Tasse, die eine kleine Robbe ziert und seinen Vornamen trägt.
So langsam mischt sich der modrige Geruch nach vergammeltem Müll mit einem Hauch des künstlichen Himbeer-Dampfes von Hesslings Vape. Und dennoch ist es für sie der richtige Ort, um über das Klassentreffen zu sprechen, dasbald ansteht. Scholten ist verheiratet und hat zwei Kinder. Über Hessling sagt er: ,,Sie ist wie meine zweite Ehefrau”. Es liegt wohl in der Natur ihrer Beziehung, dass sie widerspricht. Und dennoch: ,,Wir verstehen uns gut. Auch insgesamt ist Frank hier sehr akzeptiert”, sagt Hessling.
Seine Schulzeit
Früher war Scholten auf der Melanchthonschule, die rund einen viertel Kilometer von seinem Arbeitsplatz entfernt liegt. Mit bestandenem Hauptschulabschluss in der Tasche begann er mit 16 Jahren seine Lehre in einem kleinen Textil- und Sportgeschäft in Bocholt. Währenddessen machte er das Fachabitur zum Kaufmann. ,,Ich war froh, als ich mit der Schule fertig war”, sagt Scholten.
Und jetzt? Die Kunden grüßen, oder den blauen ,,Rolli” mit einem Finger beiseitezuschieben – noch während er das Sixpack Wasser ins Regal räumt – das ist für ihn selbstverständlich Teil seines Jobs. Bei den Kunden kommt das gut an.
Die Prinzipien zum Erfolg
Neben den Aufgaben im Laden verbringt Scholten als Marktleiter auch Zeit im Büro. Vorbei an der Theke der Backstube geht es durch einen schmalen Gang nach links ins Büro. Hier hört er die Verkäuferin der Bäckerei, wenn sie wieder einmal Brötchen in die Papiertüte packt. Am Computer checkt Scholten jetzt, was zuletzt bestellt und geliefert worden ist.Das ist nur eine seiner kaufmännischen Aufgaben als Marktleiter.
Hin und wieder muss er auch Mitarbeitergespräche führen, wenn es Probleme gibt. ,,Ich versuche aber schon vorher,auf sie einzugehen”, sagt Scholten, der jeglichen Ärger gar nicht erst entstehen lassen möchte. Dabei nimmt er sich besonders drei Eigenschaften zu Herzen: ,,Flexibilität, Menschlichkeit und Einsatzwille versuche ich einzuführen und vorzuleben”.
Das sind die Prinzipien, nach denen er handelt. Es sind womöglich auch jene, die ihn so weit gebracht haben. ,,Aber eigentlich kann jeder meinen Job machen”, sagt Scholten. Das passt ins Bild.
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