Schwangerschaftsabbrüche. Ein emotionales Thema, dass die Gesellschaft seit Jahren spaltet. Grund ist eine mögliche Neuregelung des Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs. Dieser könnte Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren.
Gabie Raven ist Gynäkologin und leitet eine Abtreibungsklinik in Dortmund sowie zwei weitere in den Niederlanden. Sie ist der Meinung, der Eingriff stigmatisiere Frauen. Georg Bätzing, Bischof von Limburg, ist dagegen noch skeptisch. Er verteidigt die Menschenwürde des Ungeborenen.
Von Louis Budweg

Pro Neuregelung: Strafgesetzbuch gibt Schwangerschaftsabbrüchen ein Geschmäckle
Weshalb sollte ein Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch stehen? Dass dieser im Strafgesetzbuch steht, führt zu einer Stigmatisierung der Frauen und der behandelnden Ärzte. Es hat so immer ein gewisses „Geschmäckle.”
Der Paragraf soll gestrichen werden, aber genau wie beim Streichen des Paragrafen 219a wird sich im Alltag nicht viel ändern. [Paragraf 219a verbot die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, Anm. d. Red.] Es wird sich erst etwas ändern,wenn sich in den Köpfen einiger Menschen etwas ändert. Wenn endlich anerkannt wird, dass niemand über den Körper einer Frau Entscheidungen zu treffen hat, außer die Frau selbst.
Abbruchs–Tabu in der Gesellschaft führt Frauen in prekäre Situationen
Es ist das Tabu in der Gesellschaft und meiner ärztlichen Kollegen, die die Frauen zum Teil in prekäre Situationen führen und meine Arbeit dementsprechend erschwert. Erst wenn die Bevormundung der Frauen beendet wird, können wir von einem Wandel sprechen. Das Streichen des Paragrafen ist ein erster Anfang. Aber eben auch nur ein Anfang.

Contra Neuregelung: Grundrechtliche Position des Babys bleibt unklar
Der vorgelegte Gesetzentwurf betont zu Recht die grundrechtliche Stellung der Frau. Zu der grundrechtlichen Position des ungeborenen Lebens verhält er sich hingegen nicht ausdrücklich.
Er verweist auf bestimmte Stimmen im verfassungsrechtlichen Schrifttum und auf den Kommissionsbericht, die das vollwertige Lebensrecht des ungeborenen Kindes von Anfang an und als Träger der Menschenwürde infrage stellen. Wird der Entwurf verabschiedet, besteht die erhebliche Gefahr, dass ein abgestuftes Lebensschutzkonzept in die Gesetzgebung Eingang findet.
Bätzing fordert veränderte Schwangerschafts-Beratung
Neben der Verortung außerhalb des Strafrechts darf nach dem Entwurf die Beratung, an der zu Recht festgehalten wird, nicht mehr daran orientiert sein, zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen. Das aber war ein wesentlicher Baustein des geltenden Rechts zur Umsetzung der staatlichen Schutzpflicht, ohne dabei belehrend oder bevormundend zu sein.
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