Bildunterschrift: In Österreich wurde die rechte FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt
In Österreich wurde die rechte FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt. Ein Vorzeichen für das, was auch Deutschland bevorstehen könnte?
Von Louis Budweg
Derzeit regiert in Österreich eine Übergangsregierung. Denn die Parteien der Mitte rund um ÖVP, SPÖ und NEOS konnten sich nicht auf eine Zusammenarbeit einigen. Nun wurde die als in Teilen rechtsextremistisch geltende FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt. Gleichzeitig gewinnt in Deutschland die AfD weiter an Popularität. Macht Österreich vor, was bald auch in Deutschland passieren könnte?
Bürger in Österreich blicken mit Sorge auf die Regierung
Die derzeitige Entwicklung bereitet auch österreichischen Bürgern Kopfschmerzen. Zunächst stand eine Koalition der Parteien der Mitte im Raum. Wenige zweifelten daran. Doch die Verhandlungen scheiterten – und nun steht FPÖ-Politiker Herbert Kickl vor dem Kanzleramt.
Den 24-jährigen Florian Niemann aus Graz, der als Kellner in der Gastronomie tätig ist, besorgen die Ereignisse. “Es haben wenige aus meinem Bekanntenkreis damit gerechnet, dass die Regierungsgespräche scheitern. Niemand hat so wirklich daran geglaubt, die FPÖ könnte die Regierung bilden.”
“Natürlich gab es einige Krisen in den letzten Jahren. Ich will auch nicht sagen, dass alles gut läuft. Eher im Gegenteil. Aber deswegen sollte man nicht auf eine rechtspopulistische Partei vertrauen. Das bereitet mir Sorgen.”
Verdient die FPÖ eine Chance?
Anders sieht es der 23-jährige Thomas aus Wien. Er wählt bereits seit längerem die FPÖ und hat einige Kritikpunkte an der Politik des Landes. Seinen Nachnamen will er nicht nennen. “Die letzten Jahre war ich unzufrieden mit der österreichischen Regierung. Es hat schon früher begonnen, ab 2015, als der erste Flüchtlingsstrom gekommen ist.”
“Ich stimme mit der FPÖ in Sachen von Finanzierung bzw. Deflation, Flüchtlingswellen, Neutralität und wie es wirtschaftlich auch hier in Österreich ausschaut überein. Geben wir der FPÖ die Chance, sich zu beweisen”, so Thomas.
Bedingungen für die FPÖ waren ideal
Doch nicht nur die Flüchtlingsströme ließen die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wachsen. Laut Politikwissenschaftler Prof. Mag. Dr. Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg gibt es mehrere Gründe für den Aufstieg der FPÖ.
“Die Voraussetzungen waren ideal. Eine skandalgeplagte ÖVP und eine ständig streitende Regierungskoalition. Eine unpopuläre Sanktionspolitik gegenüber Russland, und dazu eine hohe Inflation. Das Covid Missmanagement und eine schlecht kommunizierte Impfpflicht und dann noch eine mit sich beschäftigte „große Opposition“, die SPÖ”, so Heinisch.
Ähnliches Szenario wie in Deutschland
In Deutschland könnte sich ein ähnliches Szenario anbahnen. Zunächst haben alle Parteien rigoros ausgeschlossen, mit der Afd zusammenzuarbeiten. Doch jüngst nahm CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz für seinen neuen Migrationspläne auch eine Mehrheit mit der Afd in Kauf.
“Irgendwann wird es nicht mehr plausibel zu erklären sein, warum man nicht mit der Rechten kooperiert, wenn man in der Wirtschaft und Asylpolitik ähnlich positioniert ist. Ich glaube, dass dieses Szenario in Deutschland viel früher eintreten wird”, so Heinisch.
“Mit wem wird Merz angesichts der Mehrheitsverhältnisse koalieren? Da sich CDU und AfD in Wirtschaftsfragen ähnlicher sind als Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün, wird es die Diskussion geben, die wir hier hatten. Die radikale Rechte wird zunächst flexibel und moderat agieren, weil sie weiß, dass ihre Chance kommt.”
Deutschland könnte damit vor dieselben Prüfungen gestellt werden wie Österreich. Doch ob es diese bestehen wird, bleibt abzuwarten.
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