Bildunterschrift: Am 8. Dezember 2024 wurde das Assad-Regime nach 24 Jahren Diktatur gestürzt. Das Land befindet sich nun im Umbruch. (Foto: Pixabay)
„Was passiert mit den geflohenen Syrern?“ Das ist die zentrale Frage der sogenannten Rückführungsdebatte in Deutschland. George Hanna ist gebürtiger Syrer und sieht auch heute keine Zukunft in Syrien.
Ein Bericht von Isabelle Krämer
George Hanna lebt seit 2015 in Deutschland und hat sich in Nordrhein-Westfalen ein neues Leben aufgebaut. Nach Sprachkursen und einer fertigen Ausbildung arbeitet er bei einer Krankenkasse und hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Sein Name wurde redaktionell geändert, da er seine Angehörigen, die noch immer in Syrien leben, nicht gefährden will. Seine Familie gehört wie er der aramäische christlichen Minderheit an. Sie ist durch die Übergangsregierung unter Ahmed al-Schar, dem Anführer der Oppositionsmiliz HTS, bedroht. Er sieht die Lage in Syrien sehr kritisch und befürchtet, dass sich das Land zu einem islamischen Staat entwickelt.
Umstrittene Übergangsregierung
Der Einfluss der Rebellenallianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) ist umstritten, da sie einst mit Al-Qaida verbunden war und einen islamischen Staat anstrebte. Obwohl sie sich 2016 offiziell distanzierte, sieht George die Verbindung weiterhin bestehen: „Warum spazieren die Soldaten mit Al-Qaida-Flaggen durch Syrien?“ Auch den Weihnachtsbaum seiner Familie haben die Soldaten zerstört. „Es ist mein Recht, Weihnachten zu feiern.“ Er kritisiert, dass die Übergangsregierung Entscheidungen ohne das Volk trifft und sich in den sozialen Medien besser darstellt als sie ist. „Was die Medien zeigen, ist nicht immer richtig.“
Syrien beherbergt viele Religionen, nicht alle Menschen befürworten die Veränderungen durch die Übergangsregierung. George befürchtet, dass bald der nächste Krieg ausbricht.
„Syrien ist nicht sicher“
Nachdem Baschar al-Assad gestürzt wurde, fordern einige Parteien, dass Syrische Geflohene in ihr Heimatland zurückkehren. Aufgrund der veränderten Umstände würden viele Syrer ihren Schutzstatus verlieren. Auch der Pressesprecher der CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen, Dirk Herrmann betont, in Absprache mit dem zuständigen Fraktionsmitglied, dass Flüchtlinge bei verbesserten Bedingungen zurückkehren sollten. „Wenn sich die Gefährdungseinschätzungen für ein Land ändern, kann dies Auswirkungen auf den Status eines Flüchtlings haben.“
George floh, weil er sich in seinem Heimatland nicht sicher fühlte. „Ich wollte eine Zukunft, aber in Syrien gibt es keine.“ Dort drohten ihm Verfolgung und Inhaftierung, wenn er seine Meinung sagt. Zudem wäre er nach seinem Studium im Bereich der Wirtschaftspsychologie verpflichtet gewesen, zur Armee zu gehen. „Ich wollte niemanden töten, nur weil er eine andere Meinung hat.“ Auch heute sieht er die Lage in Syrien kritisch. „Es ist nicht sicher.“
Die kontroverse Rückführungsfrage
Herrmann betrachtet die Obergrenzen für Flüchtlingsaufnahmen als notwendig. Der Pressesprecher betont, dass die deutsche Flüchtlingspolitik eine Balance zwischen Integration und Rückführungen finden sollte. „Insbesondere in den Kommunen ist die Infrastruktur am Limit.“ Die CDU fordere eine Asylreform, um die illegale Migration zu beenden. Durch diese Reform sollen Asylverfahren in sicheren Drittstaaten erfolgen und gefährlichere Fluchtwege auf diese Weise verhindert werden. „Europa nimmt anschließend gezielt ein Kontingent besonders schutzbedürftiger Menschen auf“, sagt der Pressesprecher.
Gleichzeitig betrachtet er den Arbeits- und Fachkräftemangel als akutes Problem. Hermann spricht sich für eine klare Unterscheidung für die humanitäre Aufnahme von Geflüchteten und der gezielten Einwanderung von Fachkräften.
Ein weiteres Problem sieht der Pressesprecher in der steigenden Ausländerkriminalität. „Rechtsstaatliche Entscheidungen müssen durchgesetzt werden und wer in Deutschland mehrfach straffällig geworden ist, hat sein Gastrecht verwirkt.“
George lehnt pauschale Rückführungen ab. Neben der unsicheren Lebensumstände würden die Menschen das Leben, was sie sich in Deutschland mühsam aufgebaut haben, verlieren. Er fordert eine Unterscheidung zwischen denjenigen, die sich integrieren wollen und Menschen, die sich nicht an Regeln halten. „Jeder, der das Gesetz bricht, sollte wieder nachhause geschickt werden, alle anderen verdienen eine faire Chance.“
Migrationspolitik im Fokus der Parteien
Der Politikwissenschaftler Jonas Elis von der Universität Duisburg-Essen sieht die Rückführungsdebatte größtenteils als populistisches Wahlkampfthema. Viele Forderungen wie großflächige Rückführungen seien aus administrativen und rechtlichen Gründen schwer umzusetzen. Auf die Idee von Jens Spahn, freiwilligen Rückkehrern eine 1000 Euro Starthilfe zu zahlen, reagiert Elis zurückhaltend. „Es erscheint mir wie eine verzweifelte Suche nach Lösungen.“ Er warnt davor, dass sich gesellschaftlichen Spannungen verstärken, wie es bei der Flüchtlingskrise 2016 der Fall war. Er sieht kein klares Ende der Debatte. „Es ist unwahrscheinlich, dass es eine Lösung gibt, die alle Beteiligten zufriedenstellt.“
Ein ungewisser Weg
Syriens Zukunft ist aktuell unklar. Für George ist eine Rückkehr nach Syrien zu gefährlich. Er rät dazu sich von den Sozialen Medien nicht blenden zu lassen und die Absichten der Übergangsregierung zu hinterfragen. Vor allem die Sicherheit seiner Familie bereitet ihm Sorgen. Ihm bleibt nur die Hoffnung, dass Syrien nach all den Jahren des Leids unter Assad endlich Frieden findet. „Wenn Al-Quaida an die Macht kommt, habe ich meine Hoffnung verloren.“
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