Im Norden des Kosovo gab es erneut Zusammenstöße zwischen Nato-Soldaten und serbischen Militanten.

Der Kosovo ist immer wieder Schauplatz innenpolitischer Konflikte. Zuletzt kam es im Norden des Landes zu Zusammenstößen zwischen serbischen Minderheiten und der internationalen Schutztruppe der Nato (KFOR). Die Nato kündigte bereits an, ihre Truppen aufzustocken, um weitere Eskalationen zu verhindern.

Wo liegen die Wurzeln der Konflikte im Kosovo? Was war Auslöser der jüngsten Proteste im Land? Was bedeutet das für einen möglichen EU-Beitritt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von: Julius Dröger                              Quelle: dpa/ RND

Wo hat der Konflikt seine Wurzeln?

Bis in die 1990er Jahre hinein, gehörte der Kosovo als Teil Serbiens zum ehemaligen Jugoslawien. In Folge des Zerfalls Jugoslawiens und des Kosovokrieges im Jahr 1999 drängte die Nato die serbische Armee aus dem Land. Grund waren serbische Menschenrechtsverletzungen an der überwiegend albanischen Bevölkerung im Kosovo. Kritik gab es vor allem aufgrund der Tatsache, dass der militärische Eingriff weder durch ein UNO-Mandat, noch durch das Eintreten des Nato-Bündnisfalls gedeckt war. Im Jahr 2008 erklärte der Kosovo seine Unabhängigkeit. Bis heute wird diese von Serbien, aber auch EU-Ländern wie Spanien oder Griechenland nicht anerkannt.

Was war Auslöser der jüngsten Ausschreitungen?

Im April 2023 fanden im überwiegend von Serben bewohnten Norden des Kosovo, Kommunalwahlen statt. In fünf Gemeinden wurden albanische Bürgermeister gewählt, doch die Wahlbeteiligung lag lediglich bei 3,5 Prozent. Die militanten Serben erkennen die Wahlen deshalb nicht an. So kam es bei der Amtseinführung der albanischen Bürgermeister zu gewaltsamen Ausschreitungen. Zusammenstöße zwischen Serben und Soldaten der Nato, die seit Ende des Kosovokrieges dort stationiert sind, waren die Folge. In der Gemeinde Zvecan schützte die KFOR das Rathaus, serbische Militanten griffen mit Brandsätzen, Steinen, und Flaschen an. Die Bilanz der Proteste: 30 verletzte Nato-Soldaten und 50 verletzte Serben.

Wie stehen der Kosovo und Serbien zur Präsenz KFOR in der Region?

Die KFOR sichert seit Ende der Kosovokriege im Jahr 1999 den Frieden in der Region. Die Nato-Soldaten werden von der albanischen, aber auch der serbisch- stämmigen Bevölkerung respektiert. Auch die Führungen beider Länder befürworten die Präsenz des Militärbündnisses in der Region. An der Mission sind auch 65 Bundeswehrsoldaten beteiligt.

Wie reagiert der Westen auf die Eskalation?

Die EU beobachtet die Eskalationen mit Sorge und droht dem Kosovo, wie auch Serbien mit Strafen. Sie fordert, dass in vier Gemeinden aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung Neuwahlen organisiert werden. Dann sollen auch die dort lebenden Serben an den Wahlen teilnehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz vermittelte am Rande eines Treffens zwischen der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani und Serbiens Präsidenten Vučić. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte an, die bislang aus 3800 Soldaten bestehende Schutztruppe KFOR um weitere 700 Soldaten zu verstärken.

Können beide Länder der EU beitreten?

Die EU hat sowohl Serbien als auch Kosovo vor Jahren eine Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt. Seitdem stagnieren die Verhandlungen. Wegen der Eskalation könnte die EU beiden Ländern finanzielle Unterstützung reduzieren, die beide als Anwärter auf einen Beitritt bekommen. Zudem ist dem Westen die enge Beziehung Serbiens zu Russland ein Dorn im Auge. Serbien macht zwar den größten Teil seines wirtschaftlichen Umsatzes mit der EU, doch geopolitisch steht das Land dem Kreml näher. Zudem trägt Serbien die EU-Sanktionen gegen Russland in Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine nicht mit.