- Sandra Schmidt-Reinders ist Pflegefachkraft im geschlossenen Wohnbereich und liebt ihren Job
- Ihr Arbeitsplatz, das „Haus Raphael“ in Krefeld, erzeugt ein Gefühl von Freiheit, trotz geschlossener Türen
- Für einen Job im Pflegebereich braucht es vor allem: „Herz und Menschenliebe“
Es ist halb sieben morgens. Sandra Schmidt-Reinders öffnet die Tür. Leuchtend gelbe Wandfarbe strahlt ihr entgegen. Ein Lächeln bereitet sich auf ihrem Gesicht aus. Schnellen Schrittes betritt sie ihren Arbeitsplatz: Die Pflegeeinrichtung „Haus Raphael“.
Sandra ist Wohnbereichsleitung und Pflegefachkraft im „Haus Raphael“ in Krefeld. Die Pflegeeinrichtung hat drei offene Wohnbereiche, die „Hausgemeinschaft“ und die „Pflegeoase“, die Wohngruppe „St. Franziskus“ und einen geschlossenen Wohnbereich. Sandra arbeitet seit einem dreiviertel Jahr im geschlossenen Wohnbereich mit demenzkranken Menschen zusammen.
Die „Hinlauftendenz“
„Ich wollte mich einer neuen Herausforderung stellen“, erzählt Sandra, während sie an verschiedenen bunten Wänden vorbeiläuft. Hier mal eine grüne Tropentapete, paar Meter weiter, hängen Stoffpapageien an der Wand. Nachdem Sandra dreizehn Jahre lang in verschiedenen Pflegeeinrichtungen gearbeitet hat, wollte sie mal etwas Neues ausprobieren.
Sandra erklärt, dass die Bewohner des Hauses oft eine sogenannte „Hinlauftendenz“ haben. Durch den erhöhten Bewegungsdrang vieler Demenzkranker, würden sie in normalen Pflegeheimen einfach davonlaufen. Im „Haus Raphael“ gibt es eine intensivere Betreuung, da jeder Bewohner seinen eigenen Pfleger bekommt („Bezugspflege“).
Grüne Freiheit
Sandra erreicht ihr Büro und macht die Übergabe mit der Nachtschicht. Tabletten werden für das Frühstück gerichtet und die Runde wird weitergedreht. Das ganze Haus ist in einer Art Rondell aufgebaut. Plötzlich fängt die 50-jährige Pflegefachkraft an zu grinsen: „Das Haus Raphael hat einen besonderen Schatz im Inneren seines Hauses.“ Herzlich lachend öffnet sie eine Tür – Hinein in einen Garten. Bewohner können von vier verschiedenen Türen aus in den Innenhof gelangen und es sich im Garten gemütlich machen. Sandra spaziert an Holzbänken und bunten Sträuchern vorbei. „Anfangs hatte ich etwas Angst, dass mich der geschlossene Wohnbereich einengen würde, aber nein gar nicht, hier ist alles so weitläufig und grün“.
Die Sache mit den bunten Wänden
Einmal quer durch den Garten und wieder hinein ins Haus, geht es zu dem ersten Bewohner. Dabei fallen erneut verschiedene bunte Tapeten auf. Sie sollen dem Bewohner Abwechslung bieten, während sie ihren Rundgang durchs Haus laufen. Das Konzept dahinter: Durch den oft variierenden Tapetenwechsel sollen Erinnerungen bei den Bewohnern geweckt werden, zum Beispiel an den letzten Meeresurlaub.
Vor einem Zimmer bleibt Sandra plötzlich stehen. Die morgendliche Routine beginnt. Es ist 7 Uhr, bedeutet: Nachschauen, welcher Bewohner schon wach ist. Denn geweckt wird im „Haus Raphael“ keiner, Frühstück gibt es auch noch um 10 Uhr, verrät die erfahrende Pflegefachkraft. Jeder Bewohner hat seinen eigenen Tagesrhythmus. Die Pflegekräfte unterstützen ihn dabei.
Rezept für den Pflegeberuf
In der Pflege braucht es: „Herz und Menschenliebe“. Sandra führt einen Bewohner zum Frühstückssaal. Bewohner und Pfleger begegnen sich auf Augenhöhe und verbringen Jahre zusammen. „Ich wollte noch nie mit der Arbeit aufhören, auch nicht als ich meine eigenen Kinder bekam“, grinste Sandra.
Es ist 11 Uhr
und die meisten Bewohner haben gefrühstückt. Nun stehen die Toilettengänge an.
Sandra bespricht auf dem Weg zur Toilette, die einzelnen Nachmittags-Aktivitäten,
die in der Woche stattfinden. Von Backen, Gedächtnistraining, Sport und
Singabend ist alles dabei.
Zusammenhalt im Team
Da Sandra neben
der Pflegefachkraft auch noch die Wohnbereichsleitung übernimmt, unterstützt
sie ein Team aus 15 Leuten. Sie helfen ihr, die Zimmer jedes Bewohners sauber
zu halten, desinfizieren den Pflegwagen und helfen die Bewohner zu pflegen. Das
Wichtigste in der Pflege: Der Zusammenhalt im Team.
„Wenn einer der Bewohner stirbt, oder an einem Tag mal
wieder besonders schlecht zugange ist, tauscht man sich im Team aus“. Während
sie darüber redet, beobachtet Sandra ihre Bewohner liebevoll beim Mittagessen.
Lächelnd bringen Pfleger ihren Bewohnern das Essen. Traurige Momente werden
sich gegenseitig erzählt und im Team gemeinsam verarbeitet. Doch nicht nur die
traurigen Momente sind Thema, ebenso die Guten.
„Ich liebe jeden Bewohner hier“
Nachdem das Mittagessen wie im Flug vergangen ist, dreht Sandra ein letztes Mal eine Runde durchs Haus. Ein Gruß hier, ein Winken da. „Ich liebe jeden Bewohner hier“, erzählt Sandra. „Das Schönste an meinem Beruf, sind die kleinen Gesten und Zuneigungen, die der Bewohner dir entgegenbringt. Auch mal nur ein Lächeln, oder ein kleines Dankeschön, machen die Arbeit wertvoll.“
Es ist zwei Uhr, die Übergabe mit der Spätschicht erledigt. Sandras Arbeitstag ist zu Ende, der Ausgang erreicht. Ein Bewohner kommt fröhlich auf sie zu und reicht ihr plötzlich seine Hand. Auf Sandras Lippen zeichnet sich ein Lächeln ab.
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