Klimakrise, Massentierhaltung und Übergewicht – gegen diese Probleme scheint vegane Ernährung die Lösung zu sein. Auch die Medien preisen den vegane Lifestyle immer häufiger als besonders nachhaltig und umweltbewusst an. Doch wie gesund ist vegane Ernährung wirklich?

Von Sophia Falkowski

Veganismus ist schon lange mehr als nur ein Trend und für viele aus ihrer täglichen Ernährung nicht mehr wegzudenken. So geht es auch Sophia Frank, die eine überzeugte Veganerin ist. Dabei ernährt sich die 20-Jährige erst seit einem Jahr komplett pflanzlich. Davor war sie mehrere Jahre lang Vegetarierin, doch irgendwann kam es ihr scheinheilig vor, zwar kein Tierfleisch zu essen, aber trotzdem Tierprodukte zu konsumieren. Also änderte Frank ihre Ernährung von heute auf morgen radikal.

Rätselhafter Haarausfall

Monatelang bemerkte sie keinen Unterschied zu ihrer vorherigen Ernährungsweise. Doch irgendwann fiel ihr auf, dass sie immer mehr Haare verlor. „Ich hatte richtige Haarbüschel in meiner Bürste und dachte mein neues Shampoo sei daran schuld“. Bis Frank die wirkliche Ursache herausfand, vergingen ein paar Wochen, in denen ihr immer mehr Haare ausfielen. Sie litt unter einem Vitaminmangel, der durch ihre pflanzliche Ernährung ausgelöst wurde. „Wäre ich damals nicht zu einem Arzt gegangen, wüsste ich immer noch nicht, was die Ursache für meinen Haarausfall war“. Der Arzt stellte noch weitere Mängel bei ihr fest. „Nichts Bedrohliches, aber immerhin Defizite. Sich einfach so vegan zu ernähren, hat für meinen Körper zu mindestens nicht funktioniert“.

Vegan ist extrem

Nach Ansicht von Ernährungsmediziner Professor Johannes Wechsler starten viele Veganer zu unüberlegt und radikal in diese Ernährungsweise. „Was spricht denn dagegen, sich zunächst von einem Facharzt beraten zu lassen?“, meint Wechsler. Schließlich sei nicht jeder Mensch krankheitsbedingt für eine vegane Ernährung gemacht. Auch für passionierte Veganer seien jährliche Check-ups Pflicht, um die jeweiligen Werte zu kontrollieren.

Das sei so wichtig, da die vegane Ernährungsform eine extremere sei. „Veganer haben, wenn sie sich nicht anderweitig darum kümmern, erstmal einen Mangel“. Dieser entstehe beim Eiweiß, beim Eisen, bei Calcium, beim Vitamin D und ganz wichtig beim Vitamin B12. Bis auf das Vitamin B12 lassen sich alle Defizite durch eine bewusste Ernährung ausgleichen. B12 muss in Form von Tabletten extra eingenommen werden, da es nur in tierischen Produkten vorkomme. Jedoch können sich viele Veganer gar nicht bewusst ernähren, da sie ihre Werte nicht kontrollieren lassen. „Das ist ein großes Problem“. 

Veganer leben länger

Dennoch sei sich vegan zu ernähren grundsätzlich gar nicht schlecht, wenn eben jährliche Check-ups eingehalten werden, meint Wechsler. „Veganer sind deutlich schlanker und leben länger als Menschen, die Fleisch konsumieren“, erklärt er. Dabei sei allerdings unklar, ob die Ernährung allein dafür verantwortlich ist oder der generell gesündere Lebensstil. Das Klischee, dass Veganer weniger leistungsfähig sind, sei laut Wechsler falsch, dafür müsse man sich nur den stärksten Mann Deutschlands, Patrick Baboumian, angucken, der sich rein pflanzlich ernährt.

Für Wechsler wäre die perfekte Ernährungsform eine sogenannte flexitarische. Flexitarier sind flexible Vegetarier. Das bedeutet, dass sie in geringen Mengen Fleisch essen und dabei auf dessen Herkunft achten. Auf dem Menüplan könnte dann, laut Wechsler, anstelle des täglichen Schnitzels zwei Tage Fleisch, zwei Tage Fisch und den Rest der Woche vegetarische Kost stehen. „Mit dieser Ernährungsform wäre das Tierzucht-Problem ganz nebenbei gelöst, und jedes Tier könnte glücklich auf seiner Weide herumspringen. Aber der Deutsche will ja leider jeden Tag seinen Sonntagsbraten essen“, so Wechsler.

Kontrolle ist wichtig

Eine flexitarische Ernährung komme für die Veganerin Sophia Frank aber nicht in Frage. Sie wolle nicht, dass ein Tier für sie sterben müsse. Allerdings sehe sie die Grenze zwischen vegan und vegetarisch, nicht mehr so eng: „Ich esse mittlerweile wieder Eier,  wenn ich genau weiß, woher und unter welchen Bedingungen sie entstehen“. Denn Hühner müssen, im Gegensatz zu Kühen, die für ihre Milch extra befruchtet werden und ein Kalb zur Welt bringen müssen, bei jedem Eisprung Eier legen. Dennoch lebe sie immer noch überwiegend vegan und wolle zukünftig jährlich an Kontrolluntersuchungen teilnehmen.