Sie sind immer wieder der Renner unter dem Weihnachtsbaum – Katzen. Doch nicht selten landen sie nach kurzer Zeit bereits im Tierheim. Dieses Phänomen erleben die Mitarbeiter des Clara Vahrenholz Tierheims in Düsseldorf regelmäßig. Dort ist man über viele Katzenhalter nur noch desillusioniert. Wie geht das Tierheim damit um und was für Schicksale haben die Tiere hinter sich?
Von Christina Rüsing
Es ist Dienstagmorgen, die Luft ist eisig. Über Nacht hat sich Frost gebildet, der das Gras und die Bäume weiß färbt. Am Eingangstor des Clara Vahrenholz Tierheims in Düsseldorf sind nicht bellende Hunde, sondern Hähne zu hören. Hier sind neben Hunden, Katzen und Kleintieren nämlich unter anderem Hühner untergebracht. Eines der ersten Gebäude, unweit vom Eingang, ist das Katzenhaus.
Das Katzenhaus sieht innen ordentlich und einladend aus durch die hellen Wände und Fliesen. Es gibt zwei lange Flure. Rechts und links sind jeweils die Katzenräume, die mit grauem Gitter voneinander abgetrennt sind. Es ist laut: Katzen miauen, die Mitarbeiter laufen hin und her und unterhalten sich. Eine Mitarbeiterin befüllt ein halbes Dutzend Näpfe mit Trockenfutter. Im Flur riecht es nach verschiedenen Reinigungsmitteln.
Extrawurst für Baco
„Ich bringe jetzt mal eine Extra-Portion für Baco“ sagt Rebecca Debner. Die zierliche, brünette Tierpflegerin arbeitet seit mehreren Jahren im Katzenhaus. Sie wirkt selbstbewusst und lacht viel. Debner stellt Kater Baco einen Napf mit Leckerlis in den Raum. Baco ist eine europäische Kurzhaarkatze mit schwarz-weißem Fell. Er ist ein Draufgänger und rauft gern. Trotz seiner dominanten Art ist er ein netter, verspielter Kater, der viel Abwechslung braucht. Er lebt schon länger im Tierheim und ist mit einer größeren Gruppe Katzen aus Spanien gerettet worden. Aktuell gibt es etwa 140 Katzen im Tierheim, aber nicht alle sind in der Vermittlung. „Viele sind ja in Quarantäne oder in der Krankenstation. Die, die hier im Katzenhaus sind, sind größtenteils alle in der Vermittlung. Dann haben wir noch einen Quarantäne-Container, da sitzen Zoll-Tiere drin, aber nicht nur. Da kommen auch gerne mal eine Mama mit Kindern rein, da ist es ein bisschen ruhiger“, erklärt die Tierpflegerin. Die meisten Katzen haben zusätzlich zu ihrem Raum ein Außengehege. Insbesondere kurz nach Weihnachten kämen regelmäßig mehr Anfragen von Leuten, die ihre Katze abgeben wollen. Das Tierheim, das sich größtenteils aus Spenden finanziert, stößt dabei oft an die Grenzen der Kapazitäten. Ohne die knapp 30 ehrenamtlichen Helfer und Pflegestellen wäre die Arbeit kaum möglich.
Morgens wird geputzt
Baco stürmt auf sein Trockenfutter zu. Währenddessen fängt Debner an, seinen Raum zu säubern. „Wir legen erstmal immer alles hoch und schütteln die Decken aus“ – Bacos Raum ist nämlich mit zahlreichen Decken, Spielzeugen, Körbchen und zwei Katzentoiletten ausgestattet. Auch wenn die Tiere noch auf ihr richtiges Zuhause warten, soll es ihnen an nichts mangeln. Es wirkt ordentlich und riecht nach Katzenfutter. “Ist kein Hexenwerk“, sagt Debner lächelnd, während sie das Katzenstreu siebt. „Hier ist es sonst sauber, da braucht heute nicht gewischt werden. Es wäre aber nötig, wenn er krank wäre oder mehrere Katzen in einem Raum untergebracht sind.“ Es gibt viel zu tun: Die anderen Tierpfleger machen parallel bereits weitere Katzenräume sauber. Näpfe klappern, Katzenstreu raschelt. „Muss ich heute eigentlich einen Corona-Test machen?“, fragt eine der beiden Schülerpraktikantinnen und wird an das Büro verwiesen. Zwischendurch miauen die Katzen, in der Hoffnung auf Leckerlis und Streicheleinheiten. Denn auch dafür ist mal Zeit: Debner sitzt auf dem Boden und krault Reuss, einen getigerten Kater, der laut Schild vor seiner Tür „irgendwann grundlos zubeißt“.
„Die wurden einfach in der Wohnung zurückgelassen“
Weiter geht es mit einem besonderen Raum: Hier sind nämlich fünf winzige Katzenbabies untergebracht. Die festen Abläufe wiederholen sich: Erstmal die Decken ausschütteln und saubermachen. „Die sind erst eine Woche hier und wurden einfach in einer Wohnung zurückgelassen, ohne ihre Mutter.“, erzählt Debner. Sie sind in der leerstehenden Wohnung entdeckt und anschließend von der Polizei ins Tierheim gebracht worden. Die Neulinge sind sehr verspielt und jagen sich gegenseitig. Eine schwarz-weiße Katze spielt mit einem kleinen Spielzeug, das aussieht wie ein Igel. Eine andere, getigerte, purzelt vom Kratzbaum runter und klettert direkt wieder hoch. „Solche Schicksale erleben wir leider immer wieder. Da kriegt man nochmal ein ganz anderes Bild vom Menschen. Die Kleinen hatten aber Glück und waren nicht unternährt oder krank.“
Vermittlungen trotz Corona
Wenn die Tierpfleger die Räume der Tiere säubern, kontrollieren sie auch gleichzeitig ihren Gesundheitszustand. Diese Arbeit zieht sich bis zum Mittag durch. Nachmittags gibt es dann immer nach Bedarf Vermittlungsgespräche. „Erfreulicherweise hat die Nachfrage durch Corona nicht abgenommen, auch wenn wir die Vermittlung etwas anders gestalten müssen“, berichtet Debner. Das Tierheim bekommt viele Vermittlungsanfragen, doch kommen nicht alle Interessenten in Frage, zum Beispiel, wenn der Wohnraum zu klein ist. Vor Corona konnten Interessenten ohne vorheriges Telefongespräch die Katzen anschauen. Jetzt gibt es vorher ein Gespräch, in dem geklärt wird, was für Erwartungen die Interessenten haben und welche Katze am besten zu ihnen passt. Es sind also weniger Menschen im Tierheim. „Dadurch ist es sowohl für Tier als auch für Mensch entspannter und so werden wir das auch nach der Pandemie beibehalten.“ Debner geht durch den Flur und kontrolliert noch einmal die verschiedenen Katzenräume. Alles sauber – für heute ist es wieder geschafft.
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