Der Klimawandel schreitet voran. Im Fernsehen sieht man Bilder von trockenen und zerstörten Wäldern weltweit. Auch um den Wald im Ruhrgebiet steht es bekanntlich nicht gut. Förster Markus Herber ist sich sicher: Weitere heiße Sommer werden den Wald in eine Steppe verwandeln.

Von Lea Müller

Es ist ein typischer Wintertag, wie wir ihn aus den letzten Jahren kennen. Der Himmel ist grau und trüb. Die Temperatur ist für Mitte Dezember sehr mild. Förster Markus Herber steht auf einem kleinen Fußweg, mitten im Bottroper Stadtwald. Er hält einen roten Apfel in der Hand, in welchen er hin und wieder hineinbeißt. Regelmäßig kommt Markus Herber hier her, um nach dem Rechten zu sehen. So auch heute. Mächtige, alten Bäume umgeben ihn. Unter ihnen wachsen auch einige kleine Bäume. Im Vergleich wirken sie wie hölzernes Gestrüpp. Ein frischer Wind weht und streichelt die Baumkronen. Vereinzelt hängen noch braune Blätter an den Ästen, sie trotzen dem Wind. Herber deutet auf einzelne Stämme der großen Bäume. Viele sind mit einem roten Querstrich markiert. „Ich habe die Bäume, die weg müssen schon einmal markiert.“ Er habe nur die Bäume gekennzeichnet, welche direkt am Weg stehen. Zur Verkehrssicherung sei es wichtig, die kaputten Bäume zu fällen.

Kaputte Bäume: Eine Heimat für Borkenkäfer und Pilze

Sein Blick bleibt an einer großen Buche hängen. Auf den ersten Blick sieht sie wie ein gewöhnlicher Baum aus. Sie wird jedoch, wie viele andere Bäume hier, gefällt werden müssen. „Man sieht überall die Pilze oben.“ Herber zeigt auf Flecken an der Rinde, die schwarz herauswachsen. Borkenkäfer seien auch daran. Sehen kann man die Insekten nicht, man sieht nur kleine Löcher in der Rinde. Sein Blick wandert prüfend nach oben in die Baumkrone. Grobe Äste sind zu sehen, die feinen Äste fehlen komplett. „Er stirbt also ab, der Baum. Es geht so schnell. Im Sommer oder im Frühjahr waren die Bäume noch in Ordnung und acht Wochen später kommt man hier hin und denkt: Was ist denn hier los?“ Jetzt liegen die großen und kleinen Äste neben dem Baum und vermodern in dem rot-gelben Blättermeer. Teilweise sind sie schon von grünem Moos bedeckt. Sie sind ein gutes Versteck und eine ideale Futterstelle für tierische Waldbewohner. Hier am Waldrand herrscht eine friedliche und ruhige Atmosphäre trotz der nur wenige Meter entfernten Schnellstraße. An der einen Seite hört man das Rauschen der vorbeifahrenden Autos. Es wirkt hier jedoch irgendwie beruhigend und weit entfernt. Zwischen den Bäumen ist ein leises Zwitschern der Vögel zu hören. Laub raschelt und Äste knacken leise, als Herber den blätterbedeckten Weg mit seinen festen, schwarzen Schnürstiefeln entlangschreitet. Das Rauschen, der Autos wird leiser, das Zwitschern der Vögel wird lauter. Je genauer man hinsieht, desto mehr kaputte Bäume sieht man. Bäume mit vier Meter langen Ästen, die teilweise lose oben in den Bäumen liegen. „Wenn da einer runterwackelt und trifft uns, dann sind wir hier hinüber.“

Baumkronen mit losen, trockenen Ästen (l.) und abgebrochener Baum mit Pilzbefall (Fotos: Lea Müller)

Wasserleitbahnen der Bäume waren unterbrochen

Die Bäume sterben von oben nach unten, erklärt Herber. Es könne sein, dass der Baum unten noch kerngesund sei aber dann langsam austrockne. Die Trockenheit der vergangenen Sommer habe den Bäumen schwer zugesetzt. Drei Jahre infolge hätten die Bäume fast kein Wasser bekommen. „Der Boden war leer und die Bäume in dem Alter schaffen es nicht.“ Ein erwachsener Baum benötige rund 500 Liter Wasser, damit der sogenannte Saftstrom oben bestehen bleibe. „Die Wasserleitbahnen sind unterbrochen gewesen, weil kein Wasser mehr da war und dann fängt der Baum an zuzumachen.“ An vereinzelten Stellen komme noch Saft durch den Baum durch, „aber der Rest ist mit Pilzen voll“. Der Baum werde im nächsten Jahr vielleicht noch einmal grün, aber im zweiten Jahr der Trockenheit wurde er schon im Juli/August braun, im dritten Jahr sei dasselbe passiert. Innerhalb von einem Jahr seien die Bäume durch die Hitze völlig abgestorben.

„Wenn das so weitergeht, haben wir eine Steppe in Deutschland“

Dieses große Problem mit Trockenheit habe es noch nie gegeben. „Es gibt immer mal Sturmschäden oder immer mal Käferproblematiken im Rahmen.“ Mit der Fichte habe es auch schon Probleme gegeben, aber mit der Buche fast nie. Er deutet auf eine Buche mit größeren, knorrigen Pilzen. „Einfach schade, aber ich sag immer: Die Natur hilft sich“ Die jungen Bäume stünden schon. Ein wechselhaftes Klima, so wie man es sonst in Deutschland kenne und wie es in diesem Jahr gewesen sei, wäre optimal. „Immer mal Schauer, mal Gewitter und auch Sonnenschein. Aber Die Trockenheit drei Jahre lang war für die Natur zu viel. Vor allem für die alten Buchen, die 150 Jahre oder 200 Jahre alt sind und 50 m hoch.“ Ein Hubschrauber fliegt über den Wald und das Rotieren der Blätter übertönt das Zwitschern der Vögel und der Wind wirbelt die braun-roten Blätter am Boden auf. „Man weiß nicht, wo es hingeht“, gibt Herber zu. „Wenn das so weitergeht, haben wir eine Steppe in Deutschland. Wald wie in Portugal. Das will man hier glaub ich nicht haben. Man kann es sich schlecht vorstellen, weil man gewohnt ist, dass es kühle Wälder gibt.“