Im Kreis Kleve einen Hausarzt zu finden, kann mitunter schwierig werden. Denn: Es fehlen Ärzte. Damit ist der Kreis zwar nicht allein -einige Kreise und Städte im Niederrhein und im Ruhrgebiet können den Bedarf an Allgemeinmedizinern nicht abdecken. Der Engpass im Bereich Kleve ist jedoch besonders gravierend: Hier sind 18,5 Praxissitze frei.

Wer krank ist, der geht zum Hausarzt. Zumindest sollte es so sein. Ob Diagnose und Behandlung bei Krankheitssymptomen, Routinekontrollen oder Medikamentenverschreibung – ein Allgemeinmediziner ist bei Problemen oft erster Ansprechpartner und wichtige Vertrauensperson. Was jedoch tun, wenn der Hausarzt des Vertrauens nicht in unmittelbarer Nähe ist? Und was tun, wenn überhaupt keine hausärztliche Praxis in unmittelbarer Nähe ist?

„Insbesondere für mobilitätseingeschränkte ältere und/oder chronisch kranke Menschen kann das eine unzureichende ärztliche Versorgung bedeuten“, so Markus Hüttmann, Pressereferent der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UDP). Ein zusätzlicher Faktor: Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Wenn dieser keine ausreichende Mobilität biete, so Hüttmann, könne sich das Problem „noch verschärfter darstellen“.

Ländliche Bereiche sind Sorgenkinder

Das Problem betrifft laut Christoph Schneider von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) nicht nur den Kreis Kleve, sondern generell den linken Niederrhein, die Voreifelregion und das Bergische Land. Es seien, so Schneider „die ländlichen Regionen allgemein, in denen freie Hausarzt-Sitze eher verfügbar sind“. Die Ursachen: Junge Ärzte und Ärztinnen ziehe es eher in urbane Regionen, zudem spiele auch die Arbeitssituation des jeweiligen Partners „häufig eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Praxis-Standortes“. Auch sei  –  insbesondere für Ärztinnen – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie relevant, weswegen diese oft zu einem Angestelltenverhältnis in größeren Praxen oder Medizinzentren tendierten.

Diagnose: Akuter Hausarztmangel

Zuständig für die Bedarfsberechnung in vielen Teilen von Ruhrgebiet und Niederrhein ist die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). Laut KVNO sind im Kreis Kleve – bei einer Einwohnerstärke von 313.500 – insgesamt 18,5 Hausarztsitze nicht besetzt. Im Vergleich: In Teilen des Ruhrgebiets (vom Kreis Wesel bis zur Stadt Essen) gibt es insgesamt 42 freie Hausarztplätze – bei einer Einwohnerstärk von etwa 1,92 Millionen Menschen.  Dem Kreis Kleve fehlt demnach fast die Hälfte des Ruhrgebietswerts – bei lediglich einem Sechstel der Einwohnerstärke. 

Mit Anreizen locken?

Auch der Kreis Kleve weiß um die Probleme rund um den Ärztemangel: Man habe „bereits vor Jahren Maßnahmen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im Kreisgebiet ergriffen“, so ein Stellvertreter des Kreises. Das Ergebnis: Willkommensangebote, Hospitationsmodelle und Stipendienvergabe.

Auch der KVNO hat Maßnahmen ergriffen und bietet seit 2018 ein Förderprogramm für den Kreis Kleve an, bei dem man für Praxis-Neugründungen, Übernahmen oder für die Hausarzt-Einstellung Geldmittel „von jeweils bis zu 70.000 Euro“ bereitstelle, so der KVNO.

Nichtsdestotrotz verzeichnet der Bereich Kleve laut der Bedarfsplanung 2021 die zweitschlechtesten Werte im KVNO-Bereich: Der Versorgungsgrad von niedergelassenen Hausärzten liegt im Kreis Kleve bei 84,3% – nur der Bereich Kaarst liegt noch darunter. Eine konkrete Unterversorgung im Hausarztbereich beginnt laut KVNO bei Werten unter 75%. 

Der Kreisvorsitzende des KVNO Kleve, ein Kardiologe, lehnte eine Interviewanfrage zur hausärztlichen Versorgung „aufgrund terminlicher Überlastung“ ab.

Von Amelie Lorenz

(Foto/Grafik: Amelie Lorenz)