Den Kleinsten der Kleinen helfen – Simone Rasche ist Kinderkrankenschwester mit Leib und Seele – und damit nicht die Einzige in ihrer Familie. Auch in stressigen Phasen würde sie sich nie für einen anderen Beruf entscheiden
 
 Eine Reportage von Mona Gertzen

Ein paar Schritte über den großen Parkplatz, vier Etagen mit dem Aufzug nach oben und man befindet sich auf der Station KJ4 – der Station, auf der Simone Rasche arbeitet – sie ist Kinderkrankenschwester in der Kinder- und Jugendklinik Bergmannsheil in Gelsenkirchen Buer.
 
 „Hallo, ich bin Schwester Simone“, freundlich kommt sie aus dem Schwesternzimmer, wo sich gerade alle Schwestern und der leitende Arzt versammelt haben. Direkt fallen ihre strahlend grünen Augen auf, die über die weiße FFP2-Maske schauen. Ihre blonden Haare hat sie zu einem Zopf gebunden.
 „Ich bin heute für die Seite A und einen Teil der Seite B der Station KJ4 verantwortlich“ erzählt sie, während sie den gelb gestrichenen Gang entlang geht, an dessen Ende sich eine Tür mit bunten, aufgeklebten Zahlen befindet.


 Die Station KJ 4 ist in zwei Bereiche aufgeteilt – auf der A-Seite liegen Kinder, die ohne Begleitperson aufgenommen werden. Auf der B-Seite hingegen liegen die Kinder, die mit einem Elternteil oder einer anderen Begleitperson ihren Aufenthalt bestreiten.

„Wir arbeiten in der Spätschicht auf dieser Station meist zu dritt.“ erzählt sie, während sie in ihrem lilafarbenen Kasack den durch die Sonne erwärmten Gang auf der A-Seite entlangläuft. Ein leichter Geruch von Desinfektionsmittel liegt in der Luft.

„Heute ist es ausgesprochen ruhig auf der Station – ein eher seltenes Bild. Aber das kann sich im Laufe des Tages noch schnell ändern, erzählt die 55-Jährige, die gebürtig aus Gelsenkirchen kommt und der Liebe wegen nach Oberhausen zog.
 

Großer Kinderspielplatz und die Spielecke 
 
 Vorsichtig drückt sie die Klinke der Zahlen-Tür. Von hier aus gelangt man auf einen sehr weitläufigen und überdachten Outdoor-Spielplatz auf der Dachterrasse, der für die Kinder einiges zu bieten hat – so befinden sich dort Rutschen, ein Kicker und eine Tischtennisplatte, damit die Kinder an der frischen Luft spielen können.
 „Besonders toll finde ich die große Spielecke und auch die Spielterasse, die den Kindern Tag und Nacht zur Verfügung stehen“, berichtet sie mit strahlenden Augen.


 Pflege für bis zu 30 Patienten
 

 Schnell läuft Simone Rasche wieder auf die Station, um zu schauen, was vorbereitet werden muss.
  „Wir müssen immer schauen, dass alles aufgefüllt ist, erklärt sie, während ein leiser Ton ertönt und sie die Tür mit einem Piepser zum Lagerraum öffnen kann. „Hier befindet sich alles, was wir zur Versorgung unserer kleinen Patienten brauchen – zum Schichtbeginn muss immer kontrolliert werden, ob alles vorbereitet und aufgefüllt ist. In Hochphasen ist die Station mit bis zu 30 Patienten gefüllt, da muss es auch mal schnell gehen.“
 

Sie hat heute Spätschicht – Beginn ist um 12 Uhr.
 „Zuerst machen wir mit dem Frühdienst eine Übergabe – das ist das wichtigste, damit wir wissen, welche neuen Patienten aufgenommen wurden. Hier läuft eigentlich alles digital, bis auf die Übergabe, erklärt sie, während Sie auf einen kleinen weißen Zettel in ihrer Kasack-Tasche schaut. „Das machen wir noch ganz altmodisch auf Papier“, fügt sie lachend hinzu.

Der Pflegeberuf im Wandel der Zeit 
 
 Seit 32 Jahren arbeitet Simone Rasche als Kinderkrankenschwester und hat noch nie ihren Arbeitgeber gewechselt – aber auch im Laufe der Jahre hat sich das Berufsbild der Kinderkrankenschwester geändert.
 „Während wir früher noch mehr Zeit für eine sehr ausführliche Pflege der teils schwerkranken Kinder hatten, muss heute sehr viel digital dokumentiert werden – das finde ich sehr schade. In der Zeit, wo alles dokumentiert werden muss, würde ich mir lieber noch intensiver Zeit für die für die kleinen Patienten und ihre Eltern nehmen – so wie es eben früher möglich war.“
 „Natürlich ist die Pflege von schwerkranken Kindern auch nicht immer einfach. Teilweise nimmt man die Geschichten der Kinder mit nach Hause und liegt nach einer Spätschicht noch lange wach.“


 Aber die Liebe zu diesem Beruf liegt in ihrer Familie. Auch ihre erwachsene Tochter und ihre Schwester haben diesen Beruf erlernt und arbeiten noch immer als Krankenschwestern. „Kinderkrankenschwester zu sein ist für mich eine Berufung“.
 
 Und schon klingelt im Vorbereitungsraum das Telefon – die Notfallaufnahme. Sie melden ein Kind an, was auf die Station gebracht wird. Ein zweijähriger Junge wird nach einem Treppensturz mit einer Gehirnerschütterung eingeliefert. Sein ganzer Körper ist mit kleinen Schürfwunden übersät.
 Vorsichtig nimmt Simone Rasche die Flasche in die Hand, um die Infusion für den ankommenden Patienten vorzubereiten und lässt die Flüssigkeit durch einen Schlauch laufen „Man muss immer sehr wachsam sein und aufpassen, dass man die Medikamente richtig dosiert.“

Bild: Mona Gertzen

Unterstützung für das Personal
 

 
„Heute Morgen war ich noch bei der Entspannungs-Übung“ erzählt sie, bevor sie sich mit der Infusion in der Hand auf dem Weg ins Zimmer macht, das für den neuen Patienten vorbereitet werden muss.
 In der Klinik gibt es ein breites Angebot für die Mitarbeitenden – so gibt es ein breites Angebot an Sportkursen, Entspannungskursen oder auch Englischkursen, um die Mitarbeitenden so gut wie möglich zu unterstützen.
 

 
Die Kinder geben einem so viel

 „Ich liebe meinen Beruf einfach und könnte mir nie einen anderen Beruf vorstellen, erzählt sie mit strahlenden Augen und ein Lächeln ist unter ihrer Maske zu erkennen – diese müssen die Krankenschwestern die ganze Schicht lang tragen.
 Wir haben hier Patienten, die gerade ein paar Tage alt sind und welche, die fast volljährig sind – dieses Lächeln und die Dankbarkeit der Kinder gibt einem so viel zurück und zeigt mir immer wieder, dass ich mich vor über 30 Jahren genau für den richtigen Job entschieden habe.
 Natürlich gibt es auch Tage, da weiß man vor lauter Stress nicht, wo einem der Kopf steht – aber auch dann weiß man genau, wofür man diesen Job macht – für die kleinsten Menschen, die unsere Hilfe brauchen“, erzählt sie noch auf dem Gang, bevor sie sich in das Zimmer des neuen Patienten verabschiedet – einer von vielen in dieser Spätschicht, um den sie sich liebevoll kümmert.