Udo Lütteken ist Vorführer in der Lichtburg Essen. Er ist bereits seit seiner Schulzeit, also seit 50 Jahren für die Analogfilme verantwortlich. 35- und 70mm-Filme sind seine Berufung. Einfach nur Old School oder einzigartige Technik?

Von Marvin Haas

Schon auf dem Flur zum Vorführraum lässt sich ein lautes, klirrendes Geräusch hören, wie in einer Produktionshalle. Der Durchgang ist durch 13 schwere Metallboxen auf einer Holzplatte blockiert. Die Aufschrift „Twentieth Century-Fox of Germany“ verrät, dass hier drin die Filmrollen transportiert werden. Im Vorführraum verströmen die Projektoren eine extreme Hitze, welche an den frostigen Wintertagen sehr angenehm wirkt. Dort sitzt Vorführer Udo Lütteken mit einer Weste und einem rot-schwarzem Hemd gekleidet an seinem Schreibtisch.

Kino auf die alte Art

Im Raum fällt sofort die große Analogmaschine mit drei großen Filmtellern auf. Geschätzte 2,5 Meter ist das Gerät groß. Der Film ist bereits aufgerollt und wartet auf den Einsatz. Hinter der auffälligen Maschine steht ein Projektor für digitale Filme. Dort programmiert Herr Lütteken gerade die aktuelle Vorstellung. Zwischen zahlreichen Kabeln, welche schon fast chaotisch wirken, stehen mehrere Laptops und ein Monitor. Doch wie heißt es so schön: „Ein Genie beherrscht das Chaos.“ Und genau das trifft auf Vorführer Udo Lütteken zu.

Heute zeigt die Lichtburg Essen ein Double Feature aus „Stirb Langsam“ (1988) und „Stirb Langsam 2“ (1990). Das Besondere: Es handelt sich um analoge 70mm-Projektion. Eigentlich sind Analogfilme weitestgehend ausgestorben, weil sie einfach zu teuer und aufwendig in der Produktion sind. Lediglich drei Kinos in Deutschland zeigen diese Technik. Eingefleischte Kinofans schätzen diese Filme dennoch.

Vorbereitung ist der Schlüssel

In zwei Stunden ist Vorstellungsbeginn des ersten der zwei Filme. Udo Lütteken stellt an seinem Computer in der hinteren Ecke des Raumes die letzten Details für den Film ein. Fokussiert auf seine Arbeit, schweigt er durchgehend. Dabei wirkt er ruhig und hoch konzentriert.

Foto: Marvin Haas

„Wir bekommen die Filme vom Verleih“, sagt er in einem ruhigen Moment. Moderne Filme werden hingegen auf Festplatten an die Kinos geschickt oder digital als Download zur Verfügung gestellt. Insgesamt sechs Bänder für „Stirb Langsam“ und sieben Bänder für „Stirb Langsam 2“ musste Udo Lütteken mit seinem Team abrollen, zusammenkleben und auf den Filmteller legen. „Eine Rolle wiegt 15 Kilogramm“, antwortet Lütteken. Das macht 90 bis 100 Kilogramm pro Film. Anders gesagt auch „vier bis fünf Kilometer Film“. „Die Metallkästen der Bänder sind sehr scharfkantig“, warnt er. „Daran kann man sich schon mal schnell schneiden.“

„Eine aussterbende Art“

Seit Beginn der Pandemie leiden Kinos besonders unter den fehlenden Zuschauern. „Corona, Netflix und Co haben ihr Übriges getan“, sagt Lütteken. Er fährt fort: „Diese Aufgabe möchte doch keiner mehr machen. Es ist eine aussterbende Art.“ Er blickt mit einem leicht enttäuschten Blick auf die Filmteller. Weltweit existiert nur noch eine Produktionsfirma in den USA für 70mm-Filme. „Direkt in Hollywood“, sagt Lütteken.

Einzigartige Technik

„Das ist Magnetton“, erklärt er. Magnetton sind die braunen Ränder neben den Bildern. Hierüber wird der Ton in Dolby Atmos-Qualität im Kinosaal wiedergegeben. Der Vorführer warnt vor der Wirkung von Magneten auf die Technik: „Kommt etwas Geladenes in die Nähe, ist der Film zerstört.“

Foto: Marvin Haas

Pünktlich um 20 Uhr startet der Vorführer die Trailer Show. Diese wird digital über einen zweiten Projektor abgespielt. Schließlich gibt es keine aktuellen Trailer und Werbeclips als 70mm-Versionen. Das Licht im Vorführraum wird ausgeschaltet. Erstmalig kommt Kinoatmosphäre auf. Durch die Wärme fängt das Band an leicht chemisch und alt zu riechen. Ohne ein Wort zu sagen, läuft Udo Lütteken durch den Raum. Erst arbeitet er an seinem Laptop, betätigt Knöpfe am Analogenprojektor und läuft eilig wieder zurück zu seinem Arbeitsplatz.

Nach einigen Minuten wird er ruhiger. „Die Maschine läuft jetzt. Ich gehe jetzt in den Saal“, sagt Lütteken. „Schließlich möchte ich auch etwas Spaß haben“, grinst er und geht zum Kino. Udo Lütteken verlässt den Vorführraum und geht zum Kino, um sich den Film höchstpersönlich anzuschauen. Diesen Klassiker will er sich nicht entgehen lassen.