Die Weltmeisterschaft 2022 steht derzeit hoch in der Kritik wegen Menschenrechtsverletzungen und schlechten Arbeitsbedingungen für Gastarbeiter. Sollte man sie trotzdem verfolgen? So denken die Gelsenkirchener Bürger.

Von Luisa Nieder und Charlotte Schulte

Noch bis zum 18. Dezember läuft die Fußball Weltmeisterschaft in Katar. Doch an der WM scheiden sich die Geister: Die einen freuen sich, die anderen wollen mit Fußball in diesem Winter nichts zu tun haben. Zu groß ist die Kritik, dass das Land Menschenrechte und Gleichberechtigung mit Füßen tritt. Bürgerinnen und Bürger aus Gelsenkirchen verraten, für welche Umgangsweise sie sich mit der WM entschieden haben.

Katar – kein Grund für einen Boykott

„Ich schaue mir die WM schon an, weil ich mich total für Fußball interessiere“, berichtet Salih Coskun. Für ihn sei Katar als Austragungsort kein Grund, dieses Event zu boykottieren: „Ich gucke mir die WM generell jedes Mal an und da mache ich auch keine Ausnahmen.“ Anders denkt Martin Kränzle – er verfolgt die Veranstaltung nicht. „Ich habe in den Nachrichten mitbekommen, wie es so steht und um was es geht. Ich finde es total heuchlerisch, die Zustände dort anzuprangern und trotzdem dort mitzumachen“, erklärt er. Entweder hätte die Nationalmannschaft konsequent sein und fernbleiben oder Sanktionen wie die „One Love-Binde“ in Kauf nehmen müssen. Trotzdem bezweifelt er, dass der Boykott des einzelnen Zuschauers etwas an der Lage im Land ändern wird.

Ein möglicher Kompromiss

Die 41-Jährige Stephanie Horn hält sich von der Weltmeisterschaft fern. „Als sie 2006 in Deutschland stattfand, habe ich die Spiele schon verfolgt. Aber der ganze Trubel in Katar, davon distanziere ich mich.“ Dass Deutschland bereits in der Vorrunde ausgeschieden ist, interessiere sie daher nicht. Einen Mittelweg zwischen Boykott und Befürwortung findet der Argentinier Aris Sterko. Er hat sich dazu entschieden, die deutschen und argentinischen Spiele zu verfolgen. „Allgemein finde ich die Stimmung derzeit einfach nicht WM-tauglich. Es gefällt mir nicht, was rund um Katar passiert – deswegen interessiert sich in diesem Jahr auch keiner für Fußball.“ Der 32-Jährige hofft dennoch, dass das Medieninteresse an der Weltmeisterschaft etwas an den Lebensumständen in dem Land ändert.

Fußballexperte glaubt an Veränderung

Der Fußballexperte Markus Räuber schätzt die Situation ähnlich ein: Er war 12 Jahre im Aufsichtsrat des MSV Duisburg aktiv und hat aus Patriotismus nur die Deutschlandspiele verfolgt. „Mir hat die WM in diesem Jahr keine Vorfreude bereitet. Dafür verurteile ich aber nicht Katar, sondern bin enttäuscht von der FIFA. Die Korruption der Funktionäre hat sich durch die ganze Welt gezogen“, erklärt er. Trotzdem ist der ehemalige Verwaltungsratsvorsitzende davon überzeugt, dass sich an der Lage in Katar etwas ändern wird. „Es ist gut, dass endlich Licht auf Katar geworfen wird. Es ändert sich nicht sofort etwas, aber kleine Meilensteine sind gesetzt und führen zu Großem.“ Fußball verbinde Menschen, egal wo sie sind. Aus der WM könne man deshalb trotzdem etwas Positives ziehen – nämlich Hoffnung.

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