Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei NRW (GdP), findet ein Böllerverbot sinnvoll – er ist dafür. Klaus Gotzen, Geschäftsführer des Interessenverbandes der Pyroindustrie (VPI), sagt hingegen, dass Alkoholmissbrauch einen großen Teil der Problematik ausmacht – er ist dagegen.

Von Sven Richter

Pro: Böller als Gefahr für die allgemeine Sicherheit

Warum setzt sich die Gewerkschaft der Polizei für ein Böllerverbot auf öffentlichen Straßen und Plätzen ein?

Michael Mertens: „In der Silvesternacht kommt es immer wieder zu schwersten Verletzungen. Menschen, die gemeinsam auf der Straße das neue Jahr begrüßen wollen, werden gezielt mit Raketen beschossen, Böller werden wahllos in Menschengruppen geworfen. Selbst vor Rettungsfahrzeugen von Polizei und Feuerwehr machen die Angriffe nicht halt.“ 

Gegen Partyzonen, nicht gegen Privathaushalte

Die Gewerkschaft der Polizei setzt sich also für Verbote in den Partyzonen der Großstädte ein. Was ist mit den Privathaushalten?

Michael Mertens: „Wenn Silvester auf große Menschenmassen trifft und auch der Alkohol eine große Rolle spielt sind Böller gefährlich. Etwas anderes ist es, wenn Freunde oder Familien von ihrem Garten aus Silvester ein paar Raketen in den Himmel schießen. Das schadet – abgesehen von der Feinstaubbelastung – niemandem.“

„Polenböller“ stellen Lebensgefahr dar

Würde ein Verbot von privatem Feuerwerk dafür sorgen, dass vermehrt illegales Feuerwerk auf den Straßen Einzug erhält?

Michael Mertens: „Das Problem haben wir jetzt schon, vor allem bei den Böllern, die jede Sicherheitsnorm verletzen. Wer „Polenböller“ benutzt, macht sich nicht nur strafbar, sondern er begibt sich und andere in Lebensgefahr. Das müssen wir den Menschen bewusst machen – völlig unabhängig von einem Böllerverbot. Und wir müssen die Herkunftsländer in die Pflicht nehmen. Polen und Tschechien, aus denen ein Großteil der illegalen Böller stammt, sind EU-Mitglied.“

Contra: Feuerwerk ist sicher und wird umweltbewusster

Allgemein wird angenommen, dass Feuerwerk besonders Klimaschädlich sei. Was sagt der Interessenverband der Pyroindustrie (VPI) dazu?

Klaus Gotzen: „In wissenschaftlichen Messungen wurde Ende 2019 festgestellt, dass nur 2.050 Tonnen Feinstaub anfallen. Diese Größenordnung entspricht gerade einmal knapp 0,7% der gesamten jährlichen Feinstaubemission in Deutschland.“

Vergleichbar wenig Müll

Zudem kämpft Feuerwerk mit dem Vorwurf, viel Müll zu hinterlassen.

Klaus Gotzen: „In den fünf größten deutschen Städten sammelt die Müllabfuhr am Neujahrstag rund 200 Tonnen Silvesterabfall ein. Keine Frage: Die Menge dieses Abfalls ist auf einen Tag gesehen beträchtlich – allerdings geht es auch nur um einen Tag. Zum Vergleich: Jedes Jahr entstehen in Deutschland insgesamt rund 400 Millionen Tonnen Müll.“

Deutsches Feuerwerk ist sicher, Bedrohung entsteht durch Alkoholmissbrauch

Während der Pandemie stand die Mutmaßung im Raum, dass es zu Silvester in den Krankenhäusern zu viele „Feuerwerksopfer“ geben könnte, die dann die Intensivstationen blockieren könnten. Klaus Gotzen: „Leider gibt es bis heute keine eindeutige und verlässliche statistische Auswertung zu diesem Thema. Zwar gibt es jedes Jahr eine Häufung von Einsätzen der Rettungsdienste und Feuerwehren in der Silvesternacht. Auch Unfälle mit Feuerwerk gibt es. Hauptursache für die vermehrten Einsätze in der Silvesternacht dürfte aber der Alkoholmissbrauch sein. Stürze, Schlägereien, Schnittwunden und letztlich auch Unfälle durch unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerk sind zumeist auf Alkohol zurückzuführen.“