- In einem Selbstexperiment teste ich das regionale und Bio-Sortiment von Discountern
- Bei einigen Lebensmitteln ist die Herkunft erst auf den zweiten Blick erkenntlich
- Die „Tierwohl-Kennzeichnung“ hat meinen Einkauf erleichtert
Als Student
hat man immer zu wenig Geld. Aber ob die Qualität unserer Lebensmittel die
richtige Stelle zum Sparen ist, ist zu bezweifeln.
Ich wage ein Experiment. Bei meinem Wocheneinkauf werde ich versuchen, nur
regionale und Bio-Produkte zu kaufen. Und das möglichst günstig, im Discounter.
Ich beginne meinen Einkauf mit etwas für mich sehr Ungewöhnlichem: ich bringe
Pfandflaschen weg. Das ist für mich nicht ungewöhnlich, weil ich sie sonst
behalte, sondern weil ich sie selten kaufe. So kann mein Experiment also mit
einem guten, plastikfreien Gewissen losgehen. Ich starte beim Obst und Gemüse
und muss schnell feststellen, dass ich im ersten Discounter nur einen Bruchteil
der Produkte, die ich brauche, bekommen werde.
Regional ist nicht gleich regional
Auf dem Etikett steht groß „regional“. Ein Glück entscheide ich mich dazu, nochmal genauer hinzusehen. Der Spargel kommt aus Süddeutschland. „Regional“ scheint hier nur „aus Deutschland“ zu meinen. Etwas genervt von dieser Täuschung lege ich das Bund zurück.
Beim Fleisch der nächste Reinfall, mit dem ich eigentlich schon gerechnet hatte. Ich orientiere mich an den Skalen, die die Haltungsstufen der Tiere anzeigen. Es gibt kein Geflügelfleisch, das aus guter oder sehr guter Haltung stammt. Diese Erkenntnis muss ich auch in den nächsten drei Discountern machen. Hackfleisch bekomme ich in Bio-Qualität aus der besten Haltungsstufe. Die Verpackungsgröße ist allerdings deutlich kleiner als die des Fleisches aus schlechterer Tierhaltung und kostet mehr.
Good to know: Die
Kennzeichnungspflicht für Fleisch
Die sogenannte
„Tierwohl-Kennzeichnung“ wurde am 01. April 2019 eingeführt und soll es dem
Kunden erleichtern, die Herkunft des Fleisches im Kühlregal zu erkennen. Es
wird zwischen vier Haltungsstufen unterschieden: Stallhaltung, Stallhaltung
plus, Außenklima und Premium, dazu zählt auch Biofleisch. Diese vier Stufen
werden anhand einer Skala auf der Verpackung des Produkts deutlich gemacht. (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tierhaltung-fleisch-kennzeichnung-1.4284071)
Bei Aufschnitt und Milchprodukten werde ich schnell fündig. Die meisten Produkte
sind gut gekennzeichnet und auf den ersten Blick zu finden. Die grünen Logos
der Bio-Marken stechen im Regal hervor und ich merke, dass ich mich sehr vom
Aussehen der Verpackungen leiten lasse.
Auch hier sind Preisunterschiede festzustellen. Für 250g Quark, also die Hälfte
einer regulären Packung, zahle ich den gleichen Preis wie für die normale
Packung. Unterbewusst packe ich deswegen weniger ein. Später ärgere ich mich
darüber. Habe ich damit das Experiment verfälscht?
Für alle anderen Produkte, die auf meiner Einkaufsliste stehen, muss ich den
Discounter wechseln. Insgesamt drei Mal. Zwischendurch fahre ich nach Hause, um
die tiefgefrorenen Sachen ausräumen zu können. 1,5 Stunden und vier Discounter
später muss ich mein etwas enttäuschtes Resümee ziehen: ich konnte nicht alle
Produkte bio oder regional kaufen. Für den Einkauf habe ich mehr als doppelt so
lange gebraucht wie sonst. Ohne Auto wäre es gar nicht möglich gewesen, weil
die Läden teilweise weit auseinanderliegen. Das kann ja eigentlich nicht ganz
Sinn der Sache sein, zwar regionale und Bio-Produkte kaufen zu wollen, dafür
aber CO2 in die Luft blasen zu müssen.
Ein überraschender Blick ins Portemonnaie zeigt…
Mein Einkauf
war günstiger als sonst. Damit habe ich nicht gerechnet. Beim Auswerten der
Kassenbons fällt mir allerdings auch der Grund hierfür auf: ich habe weniger
gekauft. Normalerweise nehme ich, wie wahrscheinlich die meisten von uns, im
Vorbeigehen noch ein paar Süßigkeiten und Kleinigkeiten mit. Darauf habe ich
hier verzichtet, weil es sie nicht als bio oder regionale Versionen gab.
Außerdem habe ich, wie schon erwähnt, nicht bei allen Produkten die gleichen
Mengen wie sonst gekauft. Hätte ich das gemacht, wäre der Einkauf deutlich
teurer geworden.
Alles in allem haben die Discounter, die ich getestet habe, schon ein wirklich gutes
und vielseitiges regionales und Bio-Sortiment. Aber es ist leider noch lange
nicht möglich, dort wirklich alle Produkte in höherer Qualität und aus
tierfreundlicher Haltung zu bekommen.
Gut für’s Gewissen
Nach meinem Einkauf der etwas anderen Art muss ich mir eingestehen, dass ich zufriedener bin, obwohl ich zwischendurch wirklich genervt und ungeduldig war, weil ich länger nach Produkten suchen musste. Es hat mir ein gutes Gefühl gegeben, bessere Produkte gekauft zu haben. Sicherlich werde ich nicht dauerhaft so einkaufen (können). Dafür ist es aktuell einfach noch zu aufwendig und eben auch zu teuer. Aber ich werde auf das ein oder andere Produkt, das ich in meinem „Stammdiscounter“ bekomme, umsteigen.
Comments are closed